Dray Prescot 03-Der Schwertkämpfer von Scorpio
angenommen hätte, er würde die Gelegenheit begrüßen, bei Thelda zu bleiben. Sie hatte mir in letzter Zeit Kummer gemacht, und ich wünschte mir, daß sie sich Seg zuwandte. Wenn er es nur endlich schaffen würde, sie aufs Kreuz zu legen, damit ich meine Ruhe vor ihr hatte.
Wir ergänzten unsere normale Bewaffnung und Ausrüstung durch warme Flugpelze, Zusatzköcher, Bögen und einige schwere Speere mit Feuersteinspitzen. Ich packte warme Kleidung für Delia ein, denn ich war mir meiner Sache ziemlich sicher.
An diesem Abend suchte ich den Palast auf, der im Licht der untergehenden Sonnen einen eindrucksvollen Anblick bot, wenn er auch wegen der Notwendigkeit, angreifenden Vögeln keinen Landeplatz zu bieten, etwas verschnörkelt wirkte. Ich wollte der Königin meine Aufwartung machen.
Lilah empfing mich in einem kleinen, nach Parfüm duftenden Nebenzimmer, in dem die Lampen alte Möbel, wertvolle Felle und herrliche Teppiche erhellten; an den Wänden hingen Waffen, auf dem Boden lagen Lederpolster, Kristall blitzte auf kleinen Tischen. Überall herrschte der goldene Schimmer und der Silberglanz von gediegenem Luxus. Die Königin des Schmerzes, so wurde sie heimlich genannt. Doch ich kannte Frauen ihres Kalibers. Die verrufenen Königinnen von Loh, die sadistisch und grausam sein sollten, hatten eine ergebene Jüngerin in dieser Frau mit dem dunkelroten Haar, den hochgezogenen Augenbrauen, den bemalten Wangenknochen und dem kleinen, festen Mund. Sie hieß mich freundlich willkommen, und wir tranken den vorzüglichen Purpurwein Hiclantungs und aßen erlesene Palines. Sie trug ein aus Juwelen gewirktes Kleid, das ihre weiße Haut durchschimmern ließ. Lieblich und begehrenswert sah sie aus, doch zugleich war etwas Starres, etwas Entrücktes an ihr – eine echte Königin, deren Wünsche und Begierden über dem normalen Niveau lagen. Mir kam der Gedanke, daß Delia – auch wenn sie später einmal über ein viel größeres Reich herrschte – niemals diese harte, geschliffene Aura einer Despotin erlangen würde.
»Sie haben mir das Leben gerettet, Dray Prescot, und jetzt eilen Sie davon, um Ihr Leben im Dienste an einer anderen Frau aufs Spiel zu setzen.«
»Es handelt sich nicht um irgendeine Frau, Majestät.«
»Und ich bin wohl keine Frau! Ich bin die Königin und – das habe ich Ihnen schon gesagt – mein Wort ist Gesetz. Sie haben sich im Windenraum des Corthodroms meinen Wünschen widersetzt. Manche Männer sind schon wegen geringerer Vergehen gestorben.«
»Das mag sein – aber ich gedenke deswegen nicht zu sterben.«
Sie hielt den Atem an, und die Juwelen an ihrem Körper blitzten im Lampenlicht. Anmutig streckte sie ihren weißen Arm aus und hob ihren Kelch. Der Wein verdunkelte einen Augenblick ihre Lippen, die purpurn und grausam wirkten.
»Ich brauche einen Mann wie Sie, Dray Prescot. Ich kann Ihnen alles geben, was Sie sich wünschen. Nachdem die Ullars auf unser Gebiet drängen, brauche ich einen Kämpfer wie Sie zur Führung meiner Regimenter. Sie sind wohl gedrillt, doch sie kämpfen nicht gut. Die Barbaren verspotten uns.«
»Männer kämpfen, wenn sie an etwas glauben.«
»Ich glaube an Hiclantung! Und ich glaube an mich!«
Ich nickte.
»Setzen Sie sich neben mich auf den Thron, Dray! Ich beschwöre Sie – zwischen uns könnte eine große Zuneigung entstehen – mehr als Sie sich im Augenblick vorstellen.« Sie atmete schneller, und ihr Mund öffnete sich leidenschaftlich. Ich – was dachte ich in jenem Augenblick, in dem ich mich doch mit jeder Faser meines Körpers danach sehnte, die Suche nach Delia zu beginnen?
»Sie ehren mich über die Maßen, Majestät. Ihr seid eine schöne und begehrenswerte ...«
Doch ehe ich weitersprechen konnte, hatte sie sich an mich geworfen. Sie legte mir die Arme um den Hals, und ich spürte, wie sich die Juwelen ihres Kleides in mein Fleisch drückten. Ihr Mund, feucht und heiß, suchte meine Lippen. Ihre Brüste und ihr Leib drängten sich an mich. Behutsam versuchte ich, sie zurückzudrängen.
»Dray!« keuchte sie. »Wenn ich eine richtige Königin wäre, hätte ich dich für deinen Ungehorsam entmannen und vierteilen lassen. So kühn, so furchtlos, so unerschrocken – du hast dich mir widersetzt, mir, der Königin von Hiclantung! Und doch lebst du noch, und ich knie vor dir und beschwöre dich ...«
»Bitte, Lilah!« Ich vermochte, mich von ihr zu lösen, und sie sank auf die herrlichen Teppiche und sah mich verlangend an. Sie atmete
Weitere Kostenlose Bücher