Dray Prescot 04-Die Armada von Scorpio
ich bin neugierig, das gebe ich offen zu. Was könnte es dir nützen, wenn ich hier das Kommando führte?«
Er wollte mir auf seine schnelle und wortgewandte Art antworten, aber ich hob die Hand. »Denk daran, Valka, es würde den Tod Viridias bedeuten. Soviel ist sicher.«
»Aha, Dray Prescot! Deshalb hast du also das Kommando ausgeschlagen! Aus Sorge um Viridia die Piratin?«
Wenn er das vermutete, war es mir recht. Vielleicht hätte ich ihn sofort berichtigen sollen, aber ich vertraue mich nur Menschen an, die ich wirklich gut kenne.
Wir gingen zum Dorf hinauf und hatten uns bald eingehend mit einer Flasche Jholaix-Wein beschäftigt. Das Getränk war süffig und mild und trug dazu bei, daß sich Valkas Zunge lockerte.
»Kennst du Vallia, Dray?« fragte er. »Bist du schon einmal in diesem schönen und bösen Land gewesen?«
Ich überlegte einen Augenblick. »Nein, niemals«, sagte ich dann.
Er seufzte und leerte seinen Krug. »Es ist ein Land, wo man alles finden kann, was das Herz begehrt – doch nur jene, die in den privilegierten Positionen sitzen, die Macht und Reichtum haben.«
»Das ist doch überall dasselbe.«
»Sicher, mein alter Dom.« Er blickte auf, und sein Blick umwölkte sich. »Im Norden Vallias liegen die Berge – die herrlichen Berge von Vallia! In diesem Gebirge entspringen gewaltige Flüsse, die sich in erfrischenden Strömen zu den Küsten im Osten, Westen und Süden ergießen. Ah! Die Südküste! Auf ganz Kregen gibt es keinen Ort, der sich mit diesem Land vergleichen ließe!«
Er war ziemlich ins Schwärmen geraten; doch ich ließ mir kein Wort entgehen.
Delia hatte mir einiges über ihre Heimat erzählt, und ich wußte von diesen Bergen, bei denen es sich aber nicht um die Blauen Berge handelte. »Die ganze Insel ist durch ein System von Kanälen erschlossen. Überall gibt es Kanäle. Folglich sind die Straßen in sehr schlechtem Zustand. Ich gehöre zu den Kanalleuten. Wir bilden eine Gemeinschaft ...« Er hielt inne, rülpste vernehmlich und brüllte hinter einem Piraten her, der ein Mädchen durch das Lager jagte.
Schließlich sagte er erbittert: »Ich verstieß gegen ein Gesetz. Die Racterpartei ist sehr mächtig. Sie tut, was sie will – sie und ihre Söldner. Also bin ich ausgerückt und zur See gegangen. Und wurde gefangengenommen. Und nun bin ich hier.«
»Und würdest du nach Vallia zurückkehren, wenn du die Gelegenheit hättest?«
Er verzog das Gesicht, und seine Grimasse war kein schöner Anblick. »Bei Vox! Mir fehlen die Kanäle! Aber wenn ich nach Hause zurückkehre, werde ich aufgehängt!«
»Durch die Racterpartei – oder die Regierung?«
»Regierung?« Er spuckte aus. »Der Herrscher ist sehr mächtig. Er ist ein Teufel. Aber er muß sich vorsehen, wenn den Ractern etwas mißfällt.«
Ringsum sangen und lachten die Piraten; auch Valka konnte nicht mehr stillsitzen. Er mußte mitsingen und tanzen.
Als ich das Zimmer aufsuchte, das man mir zugewiesen hatte, begleiteten mich Valka und die Männer, von denen ich jetzt wußte, daß sie mir wirklich treu ergeben waren, denn ich hatte ihre Reaktion während des Kampfes auf dem Flaggschiff gesehen. Sie sollten nebenan schlafen.
Als ich eintrat, stellte ich fest, daß meine Samphronöllampe brannte. Auf dem Bett lag Viridia in einem kurzen orangefarbenen Kleid, das ihre Beine und Knie freiließ – die nette Grübchen hatten, ich schwöre es!
In ihrem zurückgekämmten Haar schimmerten Brillanten. Draußen hörte ich Valka und die anderen lachen. Viridia stemmte sich auf die Ellbogen.
»Du hast dich bei Valka nach Vallia erkundigt, Dray.« Sie lächelte, und ihr sinnlicher Mund öffnete sich einladend. »Komm, setz dich zu mir. Ich kann dir auch etwas über Vallia erzählen.«
»Bist du aus Vallia?« Tatsächlich hatte ich ein Gerücht gehört, daß sie aus Vallia sei, doch ich hatte es nicht für möglich gehalten.
»Ich will dir alles erzählen, Dray, aber setz dich zu mir.«
Ich hatte keine Lust auf eine Wiederholung der Szene, die ich mit Königin Lilah durchgemacht hatte. Damit will ich Viridia um Himmels willen nicht herabwürdigen. Sie war eine liebenswerte, aufgeweckte Person und sehr verführerisch. Ich vermutete, daß sie sich unter meinen Schutz stellen wollte, nachdem ihre Womoxes nicht mehr lebten. Als ich an diese Wesen dachte, erschauderte ich unwillkürlich, denn der Kampf mit ihnen war wirklich nicht leicht gewesen. Nun setzte sie ihre natürlichen Waffen ein – und die konnten sich
Weitere Kostenlose Bücher