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Dread Empire's Fall 02 - Sternendämmerung

Dread Empire's Fall 02 - Sternendämmerung

Titel: Dread Empire's Fall 02 - Sternendämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
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lange wie möglich präzise steuern zu können und mit konzentriertem Abwehrfeuer die Angriffe der Gegner abzuwehren. Die Flottendoktrin besagte zwar, dass die Formation zu irgendeinem Zeitpunkt aufgelöst werden musste – das Manöver wurde »Sternsprung« genannt -, um den feindlichen Raketensalven zu entgehen, doch in Magaria hatten die Befehlshaber bis zum letzten Moment gezögert, eine entsprechende Anordnung zu geben, weil sie damit die Kontrolle über ihre Schiffe verloren hätten. Sobald dies geschehen war, konnten sie die eigenen Kräfte in der Schlacht nicht mehr steuern, und jedes Schiff war auf sich allein gestellt.
    Geschwaderkommandant Do-faq und Martinez trainierten ihre Besatzungen mit genau den Formationen und Manövern, die in Magaria die Katastrophe beschleunigt hatten.
    Darüber, fand Martinez, sollte man wirklich mal gründlich nachdenken.

2
     
    Maurice Chen trat auf die Terrasse vor dem Plenarsaal der Konvokation hinaus. Er war nervös, weil er drauf und dran war, sich bestechen zu lassen.
    Lord Roland Martinez erwartete ihn an einem Tisch, vor ihm stand ein Becher mit Kaffee. Der böige Wind, der stark nach den weiter unten auf der Klippe blühenden Pherentisranken duftete, zerzauste sein dunkles Haar. Der Frühling hatte in Zanshaa zeitig begonnen und überstrahlte die Finsternis eines katastrophalen Winters.
    Über dem Sitzungssaal der Konvokaten ragte die Große Zuflucht auf, jenes direkt aus dem Granit gehauene Gebäude, von dem aus die Shaa einst ihr Reich beherrscht hatten. Vor weniger als einem Jahr war der letzte Große Meister durch das Tor zu seiner letzten Ruhestatt im Sitz der Ewigkeit am anderen Ende der Hohen Stadt getragen worden. Unter den mit Ranken bedeckten Brüstungen erstreckte sich die Unterstadt mit ihren Boulevards, Straßen, Gassen und Kanälen bis zum Horizont. Dort drängten sich die Angehörigen aller intelligenten Spezies, die von den Shaa unterworfen worden waren. Am Horizont erhob sich der barocke Apsziparturm vor dem moosgrünen Himmel von Zanshaa. Über allem spannte sich der silberne Bogen von Zanshaas Beschleunigerring, der als Heimatbasis und Hafen für die Flotte und Hunderte von Zivilfahrzeugen diente. Zudem hatten sich mehrere Millionen Bürger entschlossen, lieber über dem Planeten als auf ihm zu leben.
    Als Maurice Chen sich ihm näherte, erhob sich Lord Roland. Er war ein größeres, älteres Ebenbild seines Bruders, des berühmten Kapitäns der Corona, und hatte den gleichen langen Rumpf und die überlangen Arme auf eher kurz geratenen Beinen.
    »Nehmen Sie auch einen Kaffee, Lord Chen?«, bot er an. »Oder lieber einen Tee? Oder etwas Stärkeres?«
    Chen zögerte. Auf einer Seite wurde die Terrasse durch die lange, durchsichtige Außenwand des Plenarsaals begrenzt, wo gerade die Konvokation tagte. Jeder Konvokat konnte durch die Wand nach draußen blicken, Chen im Gespräch mit Roland beobachten und sich fragen, was die beiden zu verhandeln hatten.
    Vielleicht sollte er darauf bestehen, dass sie sich in die Bar der Konvokaten zurückzogen, in der sie etwas besser vor neugierigen Blicken geschützt waren.
    »Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn wir nach drinnen gehen?«, sagte Lord Chen. »Ich habe an diesen Ort nicht die allerbesten Erinnerungen.« Er blickte über die Terrasse und zog den Kopf ein, bis er in der weinroten Konvokatenrobe fast versank.
    Vor einigen Monaten hatten er und seine Kollegen die naxidischen Konvokaten von ebendieser Terrasse geworfen und auf den Steinen drunten zerschmettert. Inzwischen gab es Pläne, an dieser Stelle ein Monument zu errichten, das übergroße nichtnaxidische Abgeordnete zeigte, wie sie die Rebellen über das Geländer schleuderten. Lord Chens Erinnerungen an das Ereignis waren bruchstückhaft und chaotisch, unscharf und verschwommen wie die Überreste eines Bildes auf Glasscherben, an deren messerscharfen Kanten man sich leicht schneiden konnte.
    »Selbstverständlich können wir nach drinnen gehen«, sagte Lord Roland. »Vielleicht hätte ich gar nicht erst vorschlagen sollen, dass wir uns auf der Terrasse treffen.« Sein provinzieller Akzent war so unschön wie der seines Bruders, und Lord Chen dachte gereizt über die Zumutung nach, von einem solchen Mann Geld annehmen zu müssen. Der Chen-Clan stand an der Spitze der Peers. Auch der Martinez-Clan gehörte zu dieser Gruppe, doch sie waren Peers aus dem Niemandsland. In einer wohlgeordneten Gesellschaft sollte Roland bei Chen um eine Gefälligkeit

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