Dread Empire's Fall 02 - Sternendämmerung
eine Sache, mit Leuten wie Martinez Geschäfte zu machen, jedoch eine ganz andere, ihm gesellschaftlich zu begegnen.
Wahrscheinlich ließ sich das aber nicht vermeiden.
»Gewiss«, sagte er. »Wir kommen gern.« Dann fiel ihm etwas ein. »In Ihrer Familie gibt es recht ungewöhnliche Namen, nicht wahr? Vipsania, Roland, Gareth, Sempronia … sind das traditionelle Namen im Martinez-Clan? Oder haben sie eine bestimmte Bedeutung?«
Lord Roland lächelte. »Die besondere Bedeutung ist darin zu sehen, dass unsere Mutter gern Liebesromane liest. Wir tragen die Namen ihrer liebsten Figuren.«
»Wie reizend.«
»Wirklich?« Lord Roland zog die buschigen Augenbrauen hoch und dachte über diese Bewertung nach. »Tja«, meinte er schließlich, »anscheinend sind wir eine reizende Truppe.«
»Ja«, meinte Lord Chen ein wenig gequält. »Ganz bestimmt.«
»Übrigens«, fuhr Lord Roland fort, »ich frage mich, ob ich Sie vielleicht um einen Rat bitten dürfte.«
»Aber gern.«
Lord Roland sah sich verstohlen um, dann beugte er sich vertraulich zu Lord Chen vor und senkte die Stimme. »Mein Bruder Gareth drängt die Familie, Zanshaa zu verlassen. Mir ist bekannt, dass Sie im Flottenausschuss sitzen und über die Bewegungen und Befehle der Flotte informiert sind.« Er blickte Lord Chen mit seinen braunen Augen scharf an. »Ich frage mich nun«, fuhr er fort, »ob Sie uns dies ebenfalls empfehlen würden.«
Das brachte Lord Chen vorübergehend etwas aus der Fassung. »Ihr Bruder … hat er Ihnen vielleicht einen bestimmten Grund für seine Ansicht genannt?«
»Nein. Ich könnte mir allerdings vorstellen, dass er die Niederlage in Magaria für einen ausreichenden Grund hält.«
Demnach verriet Gareth Martinez keineswegs militärische Geheimnisse an seine Familie. Ein solcher Bruch der Verschwiegenheitspflicht hätte Lord Chen vor die Frage gestellt, wie vertraulich seine Beziehung zum Martinez-Clan überhaupt bleiben würde.
»Ich würde sagen«, erwiderte er vorsichtig, »dass es derzeit zwar Grund zur Sorge gibt, wohingegen eine Evakuierung gegenwärtig sicher nicht erforderlich ist.«
Lord Roland nickte gemessen. »Ich danke Ihnen, Lord Chen.«
»Keine Ursache.«
Er beugte sich vor und berührte Lord Chen leicht an der Hand. Der Konvokat blickte überrascht auf.
»Ich weiß, dass Sie um sich selbst keine Angst haben«, sagte Lord Roland, »doch ein kluger Mann sollte kein Risiko eingehen, wenn seine Familie gefährdet sein könnte. Deshalb will ich Ihnen versichern, dass Lady Chen und Lady Terza, falls Sie jemals zu der Ansicht gelangen sollten, sie müssten Zanshaa verlassen, auf dem Anwesen meines Vaters in Laredo jederzeit willkommen sind. Sie können übrigens auch zusammen mit meinen Schwestern unseren Familienkreuzer benutzen.«
Wir wollen hoffen, dass es nie so weit kommt, dachte Lord Chen entsetzt. Doch er lächelte und sagte: »Das ist ein sehr freundliches Angebot, vielen Dank. Wir haben jedoch schon ein Schiff in Bereitschaft stehen.«
»In Magaria hat die Heimatflotte den Fehler begangen, ihre dichte Formation nicht beizubehalten«, erklärte Kapitän Kamarullah. »Es wäre nötig gewesen, die Abwehrkraft zu bündeln, um sich durch die anfliegenden Raketen den Weg freizuschießen.«
Martinez beobachtete die anderen Kapitäne, die diese Behauptung genau wie er vernommen hatten. Das virtuelle Universum in seinem Kopf bestand aus vier Reihen von jeweils vier Köpfen und roch nach Anzugverschlüssen und ungewaschener Haut. Martinez konnte Do-faqs Mienenspiel nicht genau erkennen und wusste auch nicht, was in den acht lai-ownischen und den beiden Daimong-Kapitänen vorging, deren Gesichter völlig ausdruckslos blieben. Die vier Menschen aber schienen Kamarullah ernst zu nehmen. »Wie weit sollten wir die Schiffe denn einander annähern?«, fragte einer.
Martinez betrachtete die sechzehn virtuellen Köpfe, die vor ihm schwebten, holte tief Luft und steuerte seine eigene Ansicht bei. »Bei allem Respekt, mein Lord, ich komme zu anderen Schlussfolgerungen. Ich glaube vielmehr, dass die Geschwader sich nicht früh genug voneinander gelöst haben.«
Die meisten drehten sich mit erstaunter Miene zu ihm um, doch Kamarullah sprach als Erster.
»Wollen Sie sich wirklich für einen vorzeitigen Sternsprung aussprechen? Das führt doch zu einem völligen Verlust von Befehlsgewalt und Kontrolle!«
»Mein Lord«, erwiderte Martinez, »das ist kaum schlimmer als der Verlust von Befehlsgewalt und Kontrolle, der
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