Dread Empire's Fall 02 - Sternendämmerung
sein Display, auf dem er Terzas Mitteilung angehalten hatte. Sie hatte die Lippen leicht geöffnet und eine Hand auf den Bauch gelegt, als wolle sie ihr Kind beschützen.
Ein Kind … ein völlig neues Glücksgefühl ließ ihn schaudern.
Er musste unbedingt sofort auf die Nachricht antworten, sofern ihm das gelang, ohne zu stottern.
Martinez befahl dem Display, die Antwort aufzuzeichnen und stotterte drauflos.
»Das ist kein Spionagering«, sagte Sula zu Lord Octavius Hong, »das ist ein verdammter Ferienclub. So was kann sich nur jemand ausdenken, der zur Flotte geht, weil er sie für einen Jachtclub hält.« Sie schnaufte empört. »Inzwischen weiß das ganze Viertel, dass in unserer Wohnung Flottenpersonal abgestiegen ist. Wenn die Naxiden kommen, haben sie uns im Handumdrehen erwischt.«
»Immer mit der Ruhe, Vier-neun-eins«, murmelte ihr Vorgesetzter. »Ich glaube, ganz so schlimm ist es nun doch nicht.«
Sie hatten sich in einem Straßencafé getroffen, nachdem Sula an einem Laternenpfahl auf dem Alten Platz einen Klebestreifen hinterlassen und damit dringend um ein Gespräch gebeten hatte. Im milden Frühsommerwetter hatte Hong seine Jacke über die Stuhllehne gehängt, saß in Hemdsärmeln am Tisch und machte sich über ein Blätterteigteilchen her.
Er hielt sich an die Regeln und sprach Sula mit ihrem Codenamen an, doch da sie zusammen trainiert hatten, kannten sie natürlich ihre richtigen Namen. Dieselben Regeln verlangten, dass sie ihn als den Leiter der Aktionsgruppe mit »Blanche« ansprechen musste. Die Tarnnamen waren erst gegen Ende des Trainings eingeführt worden. Zu diesem Zeitpunkt hatten sie sich alle bereits an ihre echten Namen gewöhnt. Auch das, erkannte Sula jetzt, war ein Beleg dafür, wie stümperhaft die ganze Operation aufgezogen war.
»Sie leben doch in einem terranischen Viertel«, fuhr Octavius fort. »In einer naxidischen Gegend müssten Sie sich vielleicht Sorgen machen, aber Ihre Nachbarn haben keinen Grund, Sie zu verraten.«
»Sind Geld und Gefälligkeiten etwa keine guten Gründe?« Sula kippte sich noch etwas Honig in den Tee. »Was ist, wenn die Naxiden ein Kopfgeld auf uns aussetzen?«
Hong sah sie streng an. »Loyale Bürger …«, hub er an.
»Ich will Ersatzidentitäten für mein gesamtes Team haben.« Sie rührte emsig um. »Alle anderen in Ihrer Gruppe sollten ebenfalls neue Identitäten bekommen.« Sie hob den Löffel und leckte ihn ab. Auf ihrer Zunge explodierte der Geschmack von warmem Kleehonig.
Zum ersten Mal, seit sie einander kannten, wirkte Hong ein wenig verstimmt. »Ich fürchte, das gibt unser Budget nicht her«, wandte er ein.
Sula hob die Tasse an die Lippen. »Ach verdammt, Blanche«, sagte sie. »Unsere Seite druckt doch das Geld.«
Hongs selbstbewusste Miene war wieder da. »Ich könnte ja meinen Vorgesetzten eine Aktennotiz schicken.«
»Ich kümmere mich selbst darum.« Das war ein Angebot und zugleich eine Entscheidung.
Sie besaß noch die Sondervollmacht des Gouverneurs. Mit einer der Kameras, die ihnen der Geheimdienst überlassen hatte, machte sie Fotos von sich selbst und ihrer Gruppe, zog die Uniform an und fuhr mit der Seilbahn in die Hohe Stadt hinauf. Im Archiv legte sie ihre Vollmacht vor und nutzte eine kleine Zweideutigkeit in den Formulierungen aus – »befiehlt hiermit die Zusammenarbeit in Bezug auf sämtliche Akten« -, um einen Schreibtisch und die notwendigen Passwörter zu ergattern.
Die Passwörter, es waren lange Zahlenkolonnen, zeichnete sie mit der Ärmelkamera auf, als sie niemand beobachtete.
Jetzt war ihre Aufgabe sehr leicht, und nachdem sie die ersten drei Ausweichidentitäten erfunden hatte, sah sie keinen Grund, gleich wieder aufzuhören. Als das Büro am Spätnachmittag schloss, besaß jedes Mitglied des Teams 491 einschließlich denjenigen, mit denen sie begonnen hatten, vier falsche Identitäten.
Sula sammelte alles ein. Die schweren Plastikkarten waren noch warm, nachdem sie, mit dem Siegel der Regierung versehen, aus dem Thermoprinter gekommen waren.
Am Abend prägte sie sich die kopierten Codes ein, zerstörte die Aufzeichnungen und dachte: Diese Macht darf ich nur zum Guten verwenden.
Am nächsten Morgen erzählte sie Hong diesen Scherz. Er runzelte die Stirn und knetete sein Kinn. »Vergessen Sie nicht, dass die Ironie beim Militär immer von oben nach unten läuft.«
Sula richtete sich auf. »Jawohl, mein Lord.«
»Nennen Sie mich hier doch nicht so.«
»Schon gut, das war ironisch
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