Dread Empire's Fall 02 - Sternendämmerung
für das Militär und die Ausrüstung der Flotte ausgegeben wird, fließt an den Naxiden glatt vorbei.«
»Gut so«, sagte Martinez.
Der harzige Geschmack des Whiskys hüllte seine Zunge ein. Roland stellte die Karaffe in die Vitrine zurück und schloss sorgfältig ab. »Die Naxiden, die meine Gäste waren – Lord Ummir, die Konvokatin Lady Khaa – müssen damit rechnen, bis zum Ende des Krieges unter Verdacht zu stehen. Sie wissen, dass dies unvermeidlich ist, und ihre Familien sind wohlhabend genug, um den Verlust zu verschmerzen. Doch aufgrund dieser Situation können sie kaum noch Geschäfte für ihre Klienten vermitteln, und die Klienten sind keineswegs alle Naxiden.«
Martinez nickte langsam. »Ah, verstehe.«
Roland lächelte. »Wir verschaffen den Klienten der Naxiden einen ordentlichen Anteil, der in etwa dem entspricht, was sie sowieso bekommen würden, wenn ihre Patrone nicht dummerweise Naxiden wären.«
»Was bekommen wir als Gegenleistung?«
Roland zuckte mit den Achseln. »Natürlich verdienen wir daran, aber vor allem ist das eine Vorsorge für die Zeit nach dem Krieg. Ich will die Dankbarkeit der Naxiden erwerben.«
Das ging Martinez nun doch zu weit. »Welches Interesse haben wir an der Dankbarkeit der Naxiden?«
»Wenn wir den Krieg gewonnen haben, werden sie wieder einen Anteil an der Macht bekommen, und das können wir zu unserem Vorteil nutzen. Außerdem …« Er kam näher und stieß mit Martinez an. »Falls wir den Krieg verlieren, könnte ihre Dankbarkeit dafür sorgen, dass du nicht hingerichtet wirst. Ganz zu schweigen von uns anderen.«
Während sein Ärger allmählich verrauchte, folgte er seinem Bruder in den Salon, wo Vipsania bereits die Cocktails mischte.
Der Ehrengast des Abends war Lord Pierre Ngeni, der in der weinroten Uniform eines Konvokaten zur festgesetzten Stunde erschien. Er war ein junger Mann mit einem Kopf wie eine Kanonenkugel und einem starken Kinn, der in Abwesenheit seines Vaters die Interessen der Martinez in der Hauptstadt vertrat.
Lord Pierre verkörperte in gewisser Weise das genaue Gegenteil seines Cousins PJ. Er gab sich geschäftsmäßig und etwas schroff. »Ich habe mit verschieden Leuten gesprochen, um Ihnen einen neuen Posten zu verschaffen«, erklärte er Martinez. »Der Boden ist bereitet, und die Ereignisse des morgigen Tages werden sich ebenfalls günstig auswirken. Wenn nötig«, er schnitt eine Grimasse, »kann ich die Angelegenheit auch in der Konvokation zur Sprache bringen. Falls der Ausschuss sich weigert, dem höchstdekorierten Kapitän der Flotte eine bedeutende neue Aufgabe zu geben, sollte das öffentlich diskutiert werden.«
Auch wenn du lieber nicht derjenige wärst, der sich in die Schusslinie begibt und das Thema auf die Tagesordnung setzt, fügte Martinez in Gedanken hinzu.
»Wenn es gut läuft, muss es allerdings nicht so weit kommen«, erklärte Roland. Er wandte sich an Martinez. »Ein Mitglied des Ausschusses steht jedenfalls schon auf unserer Seite, und die morgigen Ehrungen sollten seinen Argumenten ein gewisses Gewicht verleihen.«
Mehr hatten Lord Pierre und Roland nicht zu Martinez’ Problemen zu sagen. Umso ausgiebiger redeten sie dafür über ihre Geschäfte. Anscheinend hatten sie allerhand ausgeheckt und mussten sich um Abkommen kümmern, Pachtverträge unterzeichnen und Liefertermine verabreden. Vipsania und Walpurga trafen ein, als Roland und Lord Pierre sich in die Details vertieften. Offenbar kannten sie sich in diesen Dingen ebenso gut aus wie Roland. Martinez war erstaunt und verblüfft. Ob Lord Pierre auch über die Verbindungen zu Lady Khaa und Lord Ummir informiert ist?
Falls ja, überlegte Martinez bedrückt, wird er sich die Entrüstung vermutlich nicht anmerken lassen, sondern einfach einen Anteil am Gewinn fordern.
So schien es jedenfalls immer zu laufen.
6
Durch das Gedränge im Shelley-Palast bahnte Sula sich einen Weg zu Martinez und beobachtete erfreut, wie er die Augen weit aufriss, als sie ihm gratulierte.
»Ich habe dich noch nie ohne Uniform gesehen.« Er nahm sie bei der Hand.
Sie war etwas angespannt, was man ihrem Lächeln ansah. »Ich dachte, ich überrasche dich damit.«
»Hoffentlich ist das nicht die letzte Überraschung, die du heute Abend für mich bereithältst.« Sie hakte sich bei ihm ein, und er führte sie zu den Getränken.
Sula hatte all die Jahre immer ihre Uniform getragen, weil sie sich andere Kleidung kaum hatte leisten können. Auf keinen Fall hätte sie
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