Dread Empire's Fall 02 - Sternendämmerung
kreischend herein. »Was hast du ihm angetan?«
Martinez drehte sich zu ihr um. Er brauchte einen Augenblick, um den Kloß in der Kehle herunterzuschlucken und zu antworten. »Wem denn?«, fragte er. »Was …«
Die Wut ließ Sempronias Wangen aufflammen, und der Zorn blitzte in ihren Augen.
»Tja«, sagte Sula, »wie ich sehe, bist du gerade sehr beschäftigt.«
Martinez sah sich zwischen Sempronia und Sula hin und her gerissen und konnte gerade noch dem Einschlag seiner Goldenen Kugel entgehen, die Sempronia nach ihm geworfen hatte. Verzweifelt sah er Sula an.
»Bis später.«
»Kommunikation«, sagte Sula, »Ende der Sendung.« Das orangefarbene Ende-Symbol erschien auf dem Bildschirm, der sich gleich darauf abschaltete. Inzwischen war Martinez schon aufgestanden und wehrte eine Haarbürste, seinen Rasierapparat und eine Flasche Kölnischwasser ab – alles Gegenstände, die Sempronia auf seiner Kommode gefunden und nach ihm geworfen hatte.
Die Flasche Kölnischwasser konnte er gerade noch ablenken, damit sie weich auf dem Bett landete.
»Willst du mir vielleicht mal erklären, was das zu bedeuten hat?«, brüllte er mit seiner Offiziersstimme, die geeignet war, jeden Gemeinen auf der Stelle zur Salzsäule erstarren zu lassen.
Sempronia war alles andere als erschrocken, aber wenigstens hörte sie auf, mit Sachen nach ihm zu werfen. » Was hast du Nikkul angetan?« , kreischte sie. » Was hast du ihm angetan, du Mistkerl?«
Martinez wusste genau, was er ihm angetan hatte. Er hatte in Shankaracharyas Personalakte geschrieben:
Dieser Offizier besitzt große Intelligenz und ein außerordentliches Vorstellungsvermögen. Er hat seine Fähigkeit unter Beweis gestellt, komplizierte technische Probleme zu lösen, und wäre in jeder Position, in der es auf herausragenden technischen oder technologischen Sachverstand ankommt, ein Gewinn. Ebenso geeignet scheint er für Aufgaben, bei denen abstrakte Überlegungen oder wissenschaftliche Fähigkeiten im Vordergrund stehen.
Der Offizier nahm als Kommunikationsoffizier an der Schlacht von Hone-bar teil. Aufgrund seiner Leistungen bei diesem Einsatz kann nicht empfohlen werden, ihn auf einem Posten einzusetzen, wo das Leben von Flottenangehörigen von seinem wirkungsvollen Vorgehen gegen den Feind abhängen könnte.
Shankaracharya war im Kampfeinsatz zweimal vor Schreck erstarrt – einmal, als sie den Feind gesichtet hatten, und das zweite Mal, als sie die erste Raketensalve abgefeuert hatten und die tödlichen Plasmawolken im Weltraum erblüht waren.
Möglicherweise hätte Shankaracharya seinen Schrecken und die Überraschung überwunden und sich anschließend sein Leben lang beispielhaft geschlagen. Da Martinez jedoch Hunderte Menschen unter seinem Kommando hatte schützen müssen, war er nicht bereit gewesen, dieses Risiko einzugehen.
In den Tagen nach der Schlacht hatte er sich immer wieder die gleiche Frage gestellt, die er sich schon in Bezug auf Kamarullah gestellt hatte: Würde ich mich sicher fühlen, wenn ich mich im Gefecht auf Shankaracharya verlassen müsste?
Mit Martinez’ Einschätzung in seiner Personalakte würde Shankaracharya in Zukunft vermutlich ein Nachschubdepot, eine Wäscherei oder ein Rechenzentrum leiten, bis der Krieg vorbei war, und dann wäre seine Karriere beendet.
»Was ist denn los, Proney?«, rief Martinez. »Nun erzähl mir doch, was los ist!«
Sempronia ballte die Hände zu Fäusten und hob sie drohend. »Nikkul hatte alles vorbereitet! Lord Pezzini hat es für ihn arrangiert – er sollte einen Posten auf einem neuen Kreuzer bekommen, der in Harzapid gebaut wird. Er und die anderen Offiziere sollten in zwölf Tagen aufbrechen. Heute Nachmittag hat ihn der Kapitän angerufen und ihm erklärt, dass er nicht mehr benötigt wird, und dass sein Platz anderswo sei.«
Sie kniff die Augen zusammen. »Nikkul meint, sein neuer Kapitän hätte deine Bewertung gelesen. Was hast du geschrieben, um Nikkuls Karriere zu zerstören?«
»Was hat denn Nikkul selbst gesagt?«, erwiderte Martinez.
»Darüber will er nicht mit mir reden«, tobte Sempronia. »Er meint nur, du hättest das Richtige getan.« Ihre Unterlippe bebte, und ihr schossen die Tränen in die Augen. »Er hat sich geschämt und sich abgewandt. Ich glaube, er hat geweint.« Ihre Wut entflammte erneut, und sie hob eine Faust. »Du warst sein Held! Er hat alle seine Beziehungen spielen lassen, um auf dein Schiff zu kommen!« Die Tränen liefen ihr jetzt über die Wangen.
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