Dreck
sich hochgearbeitet und Lehrgänge in Jura und Buchhaltung besucht. Er hatte eine Sondereinheit bei der Sitte geleitet und war zum stellvertretenden Leiter des Rauschgiftdezernats avanciert.
Aber man kommt nicht weit, wenn man nur wartet, dass einem die richtigen Informationen wie gebratene Tauben in den Mund fliegen. Deshalb hatte er sich ein solides Netzwerk von Spitzeln und Kontaktmännern aufgebaut, da und dort weggeschaut und auch schon die berühmte Aktentasche aus einem Bahnhofsschließfach abgeholt.
Dann fing das Gerede an. Er korrumpiere junge Kollegen und mache Geschäfte mit zwielichtigen Gestalten aus der Unterwelt. Schüchtere Zeugen ein. Er hatte alles abgestritten. Dann die Anklage: Mordkomplott, Rechtsbeugung, Versuch der Bestechung. Sie hatten nicht den Hauch eines Beweises, die Zeugen bekamen plötzlich alle kalte Füße oder waren mit unbekanntem Ziel verreist, und Letterman kam frei. Aber vor eineinhalb Jahren hatte das Polizeigericht fünf von acht Anklagen wegen Amtsmissbrauch stattgegeben und er wurde gefeuert.
Er räumte seinen Schreibtisch und ging nach Hause. Noch am selben Abend klingelte sein Telefon. Die Firma hatte Interesse an ihm. Eine Hand wäscht die andere, meinten sie, und flüsterten an den richtigen Stellen leise Worte in die entsprechenden Ohren. Also, wie sieht’s aus? Wollen Sie nicht mit dem weitermachen, was Sie am besten können?
Während er durch Moorrabin fuhr, kamen ihm die hasserfüllten Fratzen seiner Polizeikollegen wieder in den Sinn, die ihn lieber hinter Gittern gesehen hätten. Er fischte eine Maloxaan aus seiner Tasche und kaute auf ihr herum. Sein Magen rumorte und der Schmerz ließ langsam nach. Was ihm an seinem neuen Job am besten gefiel, war, neben der Tatsache, dass er sein eigener Boss war, dass es nie mehr Berichte zu schreiben gab und weder Dienstanweisungen noch Arbeit nach dem Buchstaben des Gesetzes.
Als nächstes kam die Abfahrt St. Kilda. Letterman wechselte auf die linke Spur und bog in die Straße zu seinem Motel ein. Anzug wechseln, die Scheiße von den Schuhen kratzen und dann wieder los.
Komplizen. Als vor sechs Wochen halb Melbourne hochging, wurden immer wieder drei Namen genannt: Wyatt, Hobba, Pedersen. Hobba war tot. Wyatt trug hierfür die Verantwortung. Blieb nur Pedersen.
Zwölf
»Eine Frau ist eine gute Tarnung, Wyatt, überleg’s dir.«
Wyatt überlegte. Leah hatte einen scharfen Verstand und machte auch Gebrauch davon. Das war ihm bereits vor fünf Jahren aufgefallen, als er zwei Jobs in Adelaide am Laufen hatte und sie ihm diverse Vorbereitungen abgenommen hatte. Und nun bombardierte sie ihn mit immer neuen Ideen in puncto Steelgard. Das meiste hatte Hand und Fuß. Trotzdem – er wollte nicht, dass sie aktiv beteiligt war.
»Ich will meinen Anteil, Wyatt.«
Er starrte sie an. Scharfsinn und Verärgerung brachten Leben in ihre Gesichtszüge. Ihre Augen funkelten. Sie ballte die Fäuste auf dem Esstisch, als sie sich zu ihm vor beugte, schnaubte förmlich und schien zu allem bereit.
Doch dann zogen sich ihre Augenbrauen zusammen. »Du traust mir das wohl nicht zu.«
Verärgert winkte Wyatt ab. Er schwieg.
»Also was dann?« wollte sie wissen.
Wyatt hatte nicht vor, zu sagen, dass das Vorhaben mittlerweile schwieriger, kostspieliger und vertrackter geworden war, als ihm recht sein konnte. Zuerst hatte es nach einem schnellen Coup ausgesehen, doch die Razzia durch die Bundespolizei hatte alles versaut. Er zwang sich zu einem Lächeln. »Auch hier draußen brauchen wir Leute, die nützlich sind.«
Sie ignorierte sein Lächeln. »Ich werde dir mehr nützen, wenn ich mitkomme, anstatt das Haus zu hüten. Ich kann fahren, einkaufen, Fotos machen, alles mögliche.«
Wyatt nickte sacht mit dem Kopf. Sie hatten Wein getrunken – zum letzten Mal, bevor es losgehen sollte –, und er fühlte seine Widerstände schwinden. Er bemerkte, wie Leah ihn ansah. Ihr Körper zeigte keine Regung, schien aber voller Energie zu sein. Sie zog die Stirn leicht in Falten und ihr Blick wurde unruhig.
»Ich könnte Schmiere stehen«, begann sie von Neuem. »Du brauchst jemand, der dir über Funk mitteilt, wann der Transporter die Abkürzung nimmt.«
»Eventuell.«
»Denk noch mal drüber nach.«
Schweigend sah er sie an.
»Erzähl von dem Typ, der da aus Melbourne anreisen soll«, fuhr sie fort.
»Kennt sich prima mit Schlössern aus. Ebenso mit Sprechfunk. Der Transporter ist mit einem Langwellensender mit fester Frequenz ausgerüstet.
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