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Dreck

Dreck

Titel: Dreck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
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während er beobachtete, wie Pedersen den Range Rover wieder im Halteverbot parkte und in den Pub ging.
    Letterman wartete im Auto. Er stellte den Motor ab und das Radio an und blieb bei einer Talksendung auf Radio National hängen. Vielleicht gab’s wieder eine schöne Geschichte, wie neulich zum Beispiel, als eine Schwuchtel den Polizeipräsidenten von New South Wales mit einer Spritze attackiert hatte.
    Dann schaltete er die Innenbeleuchtung an und kritzelte in ein kleines Notizheft. Alles, was Pedersen in den letzten beiden Tagen gemacht hatte, wurde säuberlich aufgelistet. Für Letterman war eines klar: Pedersen lebte im Augenblick noch von den Einkünften des Jobs, den er vor etwa sechs Wochen gemeinsam mit Wyatt durchgezogen hatte. Damals, als Wyatt die Pläne der Firma für die Operation in Melbourne durchkreuzte.
    Mit einem Teleobjektiv hatte er Pedersen auch beim Betreten und Verlassen von Pubs, Wettbüros sowie eines Bordells namens ›Fanny Adams‹ fotografiert. Eine ganzen Film hatte er verbraucht und sofort in einem Expresslabor entwickeln und abziehen lassen. Einige Fotos gingen an die Firma. Sie legten Wert darauf, ein Foto vor und eines nach der Aktion vorgelegt zu bekommen. Fotografieren gehörte zur Basisarbeit. Letterman studierte seine Opfer genau, bevor er sie kaltmachte. Pedersen wollte er zu Hause erledigen, wenngleich er noch nicht entschieden hatte, auf welche Weise. Falls sein Plan jedoch aus irgendwelchen Gründen scheitern sollte, könnte er sich anhand der Fotos rasch einen Überblick über Pedersens andere Stammplätze verschaffen und anders konzipieren. Inständig hoffte er, dass es nicht zu einem Mord auf offener Straße kam. Die Firma hatte ausdrücklich darauf bestanden, kleine Lichter wie Pedersen mit so geringem Aufsehen wie möglich auszupusten.
    Er schaltete Innenleuchte und Radio aus, schloss den Fairmont ab und ging über die Straße. Bevor er den Pub betrat, lockerte er seine Krawatte. Sein völlig unbeteiligter Gesichtsausdruck verriet nicht, dass er Pedersen sofort entdeckt hatte. Die Schlammschlacht war anscheinend gerade vorüber und in der Luft lag noch das scharfe Gemisch aus Sex, Hass und Verbitterung, unterlegt mit Rauch, Bierdunst und dem abgestandenem Atem krakeelender Münder. Pedersen wirkte enttäuscht und sehr nervös. Statt an der Bar ein frisches Bier zu bestellen, schnappte sich Letterman ein fast leeres, einsames Glas und fläzte sich wie ein Stammgast an einen kleinen Ecktisch. Er vermied es, Pedersen direkt anzuschauen. Er vermied sowieso jeden direkten Blickkontakt, bis auf den mit dem schmutzigen Fußboden. Es galt Pedersen aus den Augenwinkeln zu taxieren. Denn, so dachte Letterman, die Pedersens dieser Welt riechen einen Bullen, selbst einen Ex-Bullen, wenn sie ihn ansehen.
    Letterman musste fast eine Stunde lang ausharren. Er bestellte währenddessen ein Bier bei der barbusigen Bedienung und ertrug eine neue Runde Schlammringen. Dazwischen spielte eine Live-Band und ein Typ verkaufte Speed und selbstgedrehte Opiumzigaretten.
    Dann endlich schien Pedersen bereit zum Aufbruch. Sieht ganz nach langem Abschied aus, dachte Letterman und ging als Erster hinaus. Pedersen klopfte derweil den Rücken des einen oder anderen Mittrinkers. Allerdings hatte man sich bis dahin nicht weiter um Pedersen geschert. Letterman ging zu seinem Wagen, stieg ein und setzte einen Hut auf. Wahrscheinlich war es überflüssig, aber er wollte verhindern, dass sich Pedersen zu viele Gedanken darüber machte, wo er den Kahlkopf im Fairmont schon einmal gesehen haben könnte.
    Letterman ließ Pedersen nicht aus den Augen, als der wenig später schwankend die Straße überquerte, mit seinem Auto vor einer herannahenden Straßenbahn einen waghalsigen U-Turn hinlegte und mit großer Geschwindigkeit und quietschenden Reifen in Richtung Norden davonbrauste. Letterman musste warten, bis der Verkehrsstrom nachließ, und folgte ihm dann. Pedersen gelangte auf die Nicholson Street und fuhr nordwärts. Er musste sich tüchtig einen hinter die Binde gekippt haben, sein Fahrstil sprach Bände. Nicht schlecht, dachte Letterman, wenn der jetzt im Suff einfach bei einem Unfall draufgehen würde. In der Brunswick Road verlor er ihn aus den Augen, weil Pedersen eine rote Ampel überfuhr, aber das spielte keine Rolle. Denn Pedersen war auf dem Nachhauseweg.
    Letterman kam noch rechtzeitig genug vor Pedersens Haus in Brunswick an, um die Rücklichter des Range Rovers erlöschen zu sehen. Er steckte

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