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Dreck

Dreck

Titel: Dreck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
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ein Spiel spielt, dachte Wyatt, als ob er nur der Form halber mit mir redet, aber eigentlich gar nichts wissen will. Snyders Miene war undurchdringlich, aber irgendetwas steckte dahinter.
    Er schob die Gedanken beiseite. Es war langsam Zeit für Leahs Signal. Er fing an, sich darauf einzustellen.
    Als ihre Stimme schließlich durchs Funkgerät kam, klang sie atemlos und panisch.
    »Etwas ist schief gegangen. Der Transporter ist nicht abgebogen. Er ist an der Abzweigung vorbeigefahren.«

Fünfundzwanzig
    »Die Sache wird abgeblasen«, sagte Wyatt.
    Er sah die anderen an. Leah war gerade auf der Suzuki angekommen. Sie wirkte deprimiert, rieb sich mit ihren Händen unablässig die Wangen, als wollte sie die Müdigkeit aus dem Gesicht vertreiben. Tobin rannte neben dem Schlepper auf und ab und verpasste den Reifen gelegentliche Tritte. Nur Snyder war vollkommen ruhig und starrte Wyatt mit kaltem, argwöhnischen Blick an.
    »Die ganze Mühe, der ganze Aufwand, alles umsonst«, stellte Leah fest.
    »Kommt vor.«
    »Wir probieren’s nächste Woche noch mal.«
    »Keine Chance«, sagte Wyatt. »Sie haben die Route geändert.«
    »Aber warum?«
    »Mir fallen spontan ’ne Menge Gründe ein. Routine, der Fahrer wollte mal was anderes sehen, etwas hat ihr Misstrauen erregt, keine Ahnung.«
    Snyder wurde hellhörig. »Ihr Misstrauen?«
    »Um die Gründe brauchen wir uns jetzt nicht zu scheren«, sagte Wyatt. Und das tat er wirklich nicht – vor allem, weil es nun wichtiger war, den eigenen Kopf zu retten, als die kostbare Zeit mit sinnlosen Spekulationen über mögliche Gründe zu verplempern. Zu ausführlichen Analysen konnte man sich später noch hinreißen lassen. »Wir müssen weg von hier, je schneller, desto besser.«
    »Und wohin?«
    »Wohin ihr wollt. Kommt schon, bewegt euch, bevor sich jemand über die Straßenschilder und die neue Verkehrsführung wundert.«
    Das Funkgerät knackte wieder. »Steelgard One.«
    »Wir hören euch, Steelgard One.«
    »Zeitlich alles nach Plan, keine Vorkommnisse, voraussichtliche Ankunft Belcowie unverändert.«
    Der kurze Austausch kam plötzlich und unerwartet und schien alle für kurze Zeit zu lähmen. Wyatt fasste sich als Erster wieder: »Wir trennen uns. Snyder, du nimmst das Motorrad. Du fliegst mit der ersten Maschine wieder zurück. Leah, du kommst mit mir und Tobin nimmt den Truck. Stell ihn irgendwo ab, wo er nicht gleich auffällt und nimm dann einen Bus oder den Zug.«
    Snyder stellte sich ihm in den Weg. »Moment mal, das gefällt mir nicht.«
    Wyatts Muskeln spannten sich. »Was gefällt dir nicht?«
    »Dass wir uns jetzt einfach trennen und verpissen sollen. Ich finde, wir sollten zuerst herausfinden, was schief gelaufen ist.«
    »Ich halt mich da raus«, rief Tobin, kletterte rasch in die Fahrerkabine, ließ den schweren Truck an und war in Windeseile über das trockene Flussbett davongestoben. Bald sah man nur noch eine sich stetig entfernende Staubhose.
    Wyatt sah wieder Snyder an und fragte sich, ob Snyder nun vollends ausgetickt war. Er betrachtete das akneübersäte, grobschlächtige Gesicht und versuchte, darin zu lesen. Snyder wirkte etwas verwirrt und ängstlich.
    »Außerdem«, hob er an, »bin ich durch diesen Job völlig pleite!«
    Das klang schon eher nach Snyder. »Ich werde euch eine Entschädigung zahlen«, sagte Wyatt.
    »Wie viel?«
    »Fünftausend plus Auslagen.«
    Snyder hielt die Hand auf: »Zuerst die Kohle.«
    »Fang bloß nicht so an, du bekommst dein Geld schon.«
    »Das reicht mir nicht«, erklärte Snyder und zog eine kleine Automatik aus der Tasche seines Overalls. Der Himmel war blau und die Luft glasklar, und das Nachladen der Pistole klang unangenehm laut, wie das Knacken eines Zweigs, der auseinandergebrochen wird. Keiner rührte sich. Dann, als Wyatt gerade etwas sagen wollte, meldete sich wieder das Funkgerät. Der Steelgard-Transporter gab erneut durch: Alles nach Plan. Keine Vorkommnisse.
    Snyder fuchtelte mit der Pistole herum. Er wirkte wie ein aufgescheuchtes Huhn, total nervös, als ob er mit Gewalt einen Plan durchführen wollte, der jede Sekunde zu scheitern drohte.
    Wyatt stand reglos da, doch sein Körper war angespannt wie der eines Tigers, der zum Sprung ansetzte. Nun begann er zu begreifen, was in diesem Mann vorging. Snyder hatte sich mindestens hundert Riesen erhofft. Fünftausend Dollar als Aufwandsentschädigung waren dagegen nur Peanuts. Eine Beleidigung. Die konnte nur vergessen gemacht werden, indem er Wyatt umlegte.

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