Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dreck: Roman (German Edition)

Dreck: Roman (German Edition)

Titel: Dreck: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Vann
Vom Netzwerk:
du nicht. Sie wich in Richtung Schuppen zurück. Arme ausgestreckt, in Abwehr.
    Wie viel Geld ist da?, brüllte er. Wie viel Geld, verdammt?
    Galen, du machst mir Angst.
    Knurrend packte er sie an den Schultern, packte fest zu und schob sie an die Schuppenwand.
    Hilfe!, schrie sie. Helft mir!
    Galen ließ los. Scheiße, sagte er. Als würde ich dir was tun wollen. Was denkst du denn für eine Scheiße? Dass ich dir im Ernst was tue? Ich will nur die Wahrheit rausfinden. Wie viel Geld du vor uns versteckst.
    Galen sah sie nicht an. Er ging wieder ins Haus und in sein Zimmer. Er zitterte. Er konnte nicht fassen, dass sie geglaubt hatte, er würde ihr etwas antun. Als wäre er ein Monster.

 
 

 

 
    A m nächsten Morgen wurde Galen das Gefühl nicht los, dass seine Mutter der Feind war. Vielleicht schon sein ganzes Leben. Schwer zu sagen, wie lange schon. Wann hatte sie sich gegen ihn gewandt und warum?
    Er hatte nicht schlafen können. Er war bis nach vier durch die Plantage gestreunt. Um sieben aufzustehen war demnach die Hölle. Er war ein Geist, aber er hatte nicht die nötige Energie, um sich das auf irgendeine Weise zunutze zu machen. Packen war sinnlos. Ein in den Seesack gestopfter Kleiderhaufen, außerdem hatte er fünf neue Babybatterien in seinen Kassettenrekorder geschoben und alle seine Kassetten eingesteckt. Er nahm seinen alten Fischerspeer mit, der von einem der Männer seiner Mutter irgendwie in seinen Besitz übergegangen war. Packte Taschenmesser und Feldstecher und Wanderkompass ein. Versteckte einige Hustler -Ausgaben in seiner Kleidung, dann nahm er noch Siddhartha , Der Prophet und Die Möwe Jonathan mit.
    Den kannst du nicht mitnehmen, sagte seine Mutter, als er mit dem Speer hinunterkam.
    Ich nehme ihn mit.
    Der passt nicht rein.
    Ich stecke ihn durchs Fenster.
    Seine Mutter trug eine Schürze. Sie hatte bestimmt Sandwiches gemacht, wahrscheinlich war sie seit Stunden auf. Fahrten zur Hütte waren für sie ein Ereignis. Es gibt nichts aufzuspießen, sagte sie.
    Forellen, sagte er.
    Die Forellen in dem Bach sind zwanzig Zentimeter groß, Galen. Mit Glück. Und das Wasser ist meistens kaum knöcheltief.
    Es gibt ein paar Löcher.
    Du nimmst den nicht mit.
    Dann fahre ich nicht.
    Sie ging in die Küche und kam mit einem Sandwich zurück. Mistkerl, sagte sie und warf es nach ihm. Es landete dumpf an seiner Brust und fiel zu Boden, in zwei Teilen. Erdnussbutter nach unten, Erdbeermarmelade nach oben.
    Du wirfst wie ein Mädchen, sagte er, nahm das Sandwich, klappte es zusammen und fing an zu essen.
    Sie stand vor ihm und weinte. Hängende Schultern, gesenkter Kopf, Haare gelockt, mit Schürze. Sie stand da und weinte.
    Normalerweise hätte er ein ungeheuer schlechtes Gewissen gehabt. Normalerweise hätte er es wiedergutmachen wollen. Aber irgendetwas war jetzt anders. Er mochte sie nicht. Ich weiß nicht, wen du für dein Publikum hältst, sagte er schließlich und trug den Speer zum Wagen.
    Die Mafia fand sich ein, während er seine Sachen verstaute. Jennifer im rosa Sweatshirt mit Kapuze auf dem Kopf, verschlafen. Schwer zu glauben, dass sie so bösartig gewesen war. Sie sah weich aus, unverdorben.
    Die Luft war noch nicht sehr warm, die Sonne aberbereits so hell, dass Galen blinzelte. Diese Tageszeit bekam er sonst nicht mit. Alles bleich, ausgewaschen. Ohne Tiefe. Eine zweidimensionale Welt, schablonenhaft. Hecke und Walnussbäume auf derselben vertikalen Ebene, obwohl sie dreißig Meter voneinander entfernt waren. Galen streckte die Hand aus, um sie in die Lücke zu stecken.
    Was machst du da?, fragte seine Tante.
    Es sah eben so aus, als könnte ich den Punkt berühren, wo die Hecke und die Bäume aufeinandertreffen.
    Tja, sagte sie. So was habe ich mir gedacht. Vielleicht solltest du es noch mal probieren.
    Galen ließ den Arm sinken. Bei seiner Tante fühlte er sich wie ein kleiner dummer Junge, und das Gefühl mochte er nicht.
    Was ist?, fragte seine Tante. Du warst nah dran. Los, ran an den Punkt.
    Galen ging ins Haus, durch Diele und Esszimmer in die Küche. Seine Mutter saß zusammengesunken auf einem Küchenstuhl. Kann ich helfen?, fragte er.
    Ohne aufzusehen, zeigte sie auf einen Picknickkorb auf dem Tisch. Einen Weidenkorb mit rotkariertem Tuch darüber, noch so eine perfekte Idee, der Traum eines Picknickkorbs. Galen trug ihn zum Wagen.
    Kleine Suzie-Q, sagte seine Tante. In den Korb würde ich gern mal scheißen.
    Galen fühlte sich jetzt für den Korb verantwortlich. Er setzte

Weitere Kostenlose Bücher