Dreck: Roman (German Edition)
sich damit auf die Rückbank, nahm ihn auf den Schoß und ließ den Speer zum offenen Fenster hinausstaken, ein archaischer Wächter. Jennifer auf Armeslänge entfernt, an ihre Tür gelümmelt im Bemühen, wieder einzuschlafen, und seine Tante auf dem Beifahrersitz, allesamt in Wartestellung.
Das Auto heizte in der Sonne auf, und Galens Mutter ließ sich Zeit. Kam langsam heraus, stieg wortlos ein und fuhr den Heckenweg hinunter.
Die machen den leckersten Kürbiskuchen, murmelte Galen, als sie am Bel-Air vorbeifuhren.
Keine Reaktion. Das ist wirklich der köstlichste Kuchen, sagte er. Vor allem Kürbis.
Galens Großmutter war noch nicht startbereit. Das war das Problem mit dem Gedächtnisverlust. Nie war man bereit.
Heute?, fragte sie. Sie sah verängstigt aus.
Ja, Mom.
Aber ich habe noch nicht gepackt.
Wir haben deine Sachen letzte Woche gepackt. Wir haben einen Koffer beiseite gestellt.
Ich muss nach Hause, sagte sie. Ich muss nach Hause, meine Sachen holen.
Wir fahren in die Hütte, Mom.
Ich muss nach Hause.
Du magst die Hütte, Mom. Wir sind immer schrecklich gern dort. Wir werfen den alten gusseisernen Ofen an, und du machst uns deinen Hühncheneintopf.
Warum bringst du mich nicht nach Hause?
Galens Mutter drehte sich um, wandte ihrer Mutter den Rücken zu. Ich schaffe das heute nicht, sagte sie leise. Einer von euch muss sie zum Auto bringen. Ihr Koffer ist im Schrank.
Was hast du vor?, fragte Galens Großmutter.
Als Galens Mutter rausging, sah Galen seine Tante an.
Komm zurück, Suzie-Q, sagte Galens Großmutter.
Ich existiere nicht mal, sagte Galens Tante. Frag sie, ob ich hier bin, dann merkst du es. Jennifer existiert auch nicht. Wir sind unsichtbar. Es ist euer Problem.
Grandma, sagte Galen. Wir wollen in die Hütte. Da trinken wir heiße Schokolade.
Wo ist deine Mutter?
Galen ging zum Schrank und holte den kleinen Koffer heraus. Sieht so aus, als wärst du bereit. Mom sitzt im Auto.
Im Auto?
Ja, wir fahren zur Hütte.
Gut, sagte sie, und dann gingen sie einfach.
Galens Großmutter saß vorn. Galen und die Mafia hinten, Jennifer in die Mitte geklemmt. Ihr Schenkel drall und fest an seinem knochigen Bein. Er wünschte, sie trüge Shorts, aber sie trug eine Jogginghose. Wenn nur die anderen sich in Luft auflösen würden.
Der Tag schon jetzt heiß, und die Luft, die zum offenen Fenster hereinkam, heizte sich weiter auf, als sie an trockenen Feldern mit gelbem Gras vorbeifuhren. Galen spürte, wie ihm ein Schweißtropfen über die Brust rollte, und auf einmal wollte Jennifer hektisch aus ihrem Sweatshirt raus. Lauter Ellbogen, eine schimpfende Tante, aber Galen konnte Jennifers nackten Arm und die Achselhöhle sehen, die Rundung ihrer Brust in einem bloßen Top, so nah an seinem Mund. Er wandte sich abund blickte aus dem Fenster, damit seine Tante ihn nicht ertappte.
Die offenen Fenster bei Highway-Tempo machten eine Unterhaltung unmöglich, was offensichtlich alle erleichterte. Wenn sie in einem Gebläseofen lebten, würden vielleicht selbst seine Mutter und seine Tante miteinander auskommen. Ohne Worte, die machten nur Ärger. Galen genoss den Frieden, sah die Landschaft vorbeiziehen, gelbes, mit Eichen getupftes Grasland, die Hügel, die allmählich Gestalt annahmen, lange Straßenbögen, die in Pinien hineinführten, Goldgräberland, der Sehnsuchtsort seiner Großmutter, die Hallmark-Grußkarten mochte und sich im Fernsehen Bonanza anguckte. Ihre perfekte Welt war eine kleine Westernstadt, in der jedes Wort lieblich und leer war.
Galen fand seine Großmutter unfassbar. Er hatte sie heraufbeschworen, um etwas von ihr zu lernen, aber wie sollte man ihr Leben glauben? Scherte sie sich wirklich um diese TV -Ranch mit Hoss und all den anderen?
Pinienduft, die breite Straße und der Buick, der dahinglitt und abtauchte. Sie fuhren höher in die Berge, höhere Bäume, mehr Schatten, und seine Mutter hielt. Ich lasse ihn nur ein bisschen abkühlen, sagte sie. Damit er nicht überhitzt.
Sie stiegen aus. Steiler Fels, der sich am Straßenrand zehn Meter hoch erstreckte. Eine Bergflanke, ausgebohrt und weggesprengt. Die Luft heiß, trotz Höhe und Schatten. Galen ging zum Felsen und kletterte bis zu einer Stelle, wo er sich anlehnen konnte, der Stein kühl an Gesicht und Händen.
Felsenbruder, sagte Jennifer.
Ich berühre eine andere Zeit, sagte Galen. Als sie in diesen Berg hineinschnitten, haben sie eine andere Zeit geöffnet. Welche das wohl war?
Freak, sagte Jennifer. Und alle
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