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Dreck: Roman (German Edition)

Dreck: Roman (German Edition)

Titel: Dreck: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Vann
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Tiere waren klapperdürr und rannten blöde durch die Gegend.
    Helen lachte. Versenkt, Jennifer, sagte sie.
    Ihr seid nicht still genug, um Ruhe zu finden, sagte Galen. Er schloss die Augen und atmete den Felsen ein, alter Geruch. Wäre die ganze Welt eine Illusion, nur eine alte Seele könnte etwas derart Massives herbeigeträumt haben. Wenn aber die Welt wirklich war und nur die Menschen eine Illusion und die Oberfläche der Dinge? Die Oberfläche veränderlich, nicht aber der Kern. Galen war das aus seiner Lektüre nicht klar geworden. Möglicherweise war dieser Felsen wirklich, und in dem Fall sollte er mit einer anderen Ehrerbietung behandelt werden. Galen atmete einen tiefen Ton aus, tief in seiner Kehle, ein uraltes, kehliges Lied für den Felsen.
    Verschone mich, sagte seine Tante, aber er achtete nicht auf sie. Er wiederholte den tiefen Ton, immer wieder, dann sang er etwas Hohes, dann wieder etwas Tiefes, und das Lied wallte in ihm auf. Arme und Gesicht flach am kühlen Felsen, und der Felsen warf ein Echo zurück, sehr schwach, aber für ihn vernehmbar. Er sang jetzt mit dem Felsen.
    So talentiert, hörte er seine Großmutter sagen. Mein talentierter Enkel. Und das riss ihn aus der Konzentration. Warum konnten sie nicht alle einfach verschwinden?
    Ich ertrage das nicht, sagte seine Mutter. Wir fahren. Egal, ob der Wagen überhitzt. Galen, setz dich ins Auto.
    Galen versuchte, an seinem Lied festzuhalten und am Felsen, versuchte, dessen Geist zu spüren, aber wenn seine Mutter sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, war sie nicht mehr aufzuhalten. An Konzentration war nicht mehr zu denken, also gab er es auf. Ließ die Arme sinken, seufzte und trat vorsichtig über das Geröll auf die Straße.
    Beinahe hatte ich es, sagte er.
    Was für ein Verlust, sagte seine Tante.
    Du hast noch viele Inkarnationen vor dir, sagte Galen. Du stehst noch ganz am Anfang.
    Seine Tante lachte, noch beim Einsteigen lachte sie. Auch Jennifer gluckste, ein ansteckendes Lachen.
    Hört auf, sagte Galens Großmutter, aber sie lachten weiter, und seine Mutter fuhr wieder auf die Straße, und da war die Luft, die hereinströmte, und ihr Gelächter, das grundgemein war, kein echtes Lachen, keine Freude darin, und Galen sah aus dem Fenster und versuchte, sie zu ignorieren.

 
 

 

 
    N ackter Granit überall, gewaltige Dimensionen. Horsetail Fall, darunter eine enorme Schlucht. Die nackte Wand von Lover's Leap, Granitpyramiden und Grate, getüpfelt mit Pinien, Tannen und Espen, die Luft jetzt kühler. Sie fuhren um eine Kurve, folgten dem Fluss, bogen vom Highway auf eine schmale Brücke über einen breiten flachen Tümpel, in dem Galen, seit er denken konnte, Forellen jagte.
    Das Gelände der Forstverwaltung mit den kleinen Hütten an den unbefestigten Wegen, die Ränder mit Piniennadeln bedeckt. Dunkel und schattig, die Bäume jetzt dicht. Galen spürte wie immer schon die Aufregung der Ankunft. Ihre Hütte ein kleines, zweistöckiges Haus mit Spitzdach. Die Wände aus vertikalen, blassgrün gestrichenen dicken Holzbrettern, die Fensterläden ein mattes Weinrot. Die breite Terrasse und das dicke Holzgeländer von derselben Farbe, bedeckt jetzt von Pinienzapfen und Nadeln.
    Wir haben es geschafft, Mom, sagte Galens Mutter. Wir sind da.
    Wir müssen das Wasser anstellen, sagte Galens Großmutter. Sie öffnete bereits die Tür und stieg aus.
    Sehr richtig, Mutter. Du erinnerst dich.
    Natürlich erinnere ich mich.
    Sie stiegen alle aus und streckten sich, und Galen stellteden Picknickkorb aufs Autodach und seinen Speer an eine Pinie. Seine Großmutter bereits unterwegs den Hügel hinauf.
    Geh mit, Galen, sagte seine Mutter. Also trottete er hinterher und versuchte, sie einzuholen. Um die Terrasse herum und am kleinen Geräteschuppen vorbei. Sie trug eine blassgrüne Hose, die gleiche Farbe wie die Hütte, und eine braune Bluse. Sie setzte ihre Schritte mit Bedacht, blieb stehen und bückte sich an genau der richtigen Stelle, langte ins Gesträuch, nahm ein loses Stück Borke weg und drehte den Haupthahn auf, der sich dort verbarg.
    Du wusstest genau, wo er ist, sagte Galen.
    Natürlich wusste ich das. Geh vorne rum und mach den Hahn dort auf. Lass das Wasser laufen, bis es klar ist.
    Wird gemacht, sagte er und ging wieder hinunter.
    Wo ist Mom?, fragte seine Mutter.
    Sie hat gesagt, ich soll den Hahn aufdrehen.
    Lass sie nicht allein.
    Ich dreh den Hahn auf. Er ging am Auto vorbei zur Pinie, an der sein Speer lehnte. Dahinter verborgen

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