Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dreck: Roman (German Edition)

Dreck: Roman (German Edition)

Titel: Dreck: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Vann
Vom Netzwerk:
zurückbringen und dann nach Hause und auspacken.
    Ich habe so lange keinen Kürbiskuchen mehr gegessen, sagte Galen.
    Ja, sagte seine Großmutter. Viel zu lange. Kehr auf der Stelle um, Suzie-Q.
    Galens Mutter betrachtete ihn im Rückspiegel, ein trauernder Blick, unerwartet. Dein Hühnchen war herrlich, Mom, sagte sie schließlich.
    Was?
    Es war so schön in der Hütte, und dein Hühnchen war richtig lecker. Die Klößchen waren vollkommen.
    Na, sagte seine Großmutter. Na, das ist schön.
    Bel-Air lag schon weit hinter ihnen, und ziemlich bald hatten sie das Altersheim erreicht, den tristen Betonklotz, diese Endstation. Galen hatte tatsächlich vergessen, dass sie hierher zurückkehren würden. Er hatte sich daran gewöhnt, seine Großmutter um sich zu haben.
    Wieso bringen wir sie her?, fragte er.
    Was ist das hier?, fragte seine Großmutter. Ich kenne das hier. Ist es ein Krankenhaus?
    Galens Mutter antwortete nicht, fuhr einfach vor und stieg aus. Sie holte das Gepäck ihrer Mutter aus dem Kofferraum und öffnete die Beifahrertür.
    Was machen wir?, fragte Galens Großmutter.
    Wir sind zu Hause.
    Ich bin nicht zu Hause.
    Du bist zu Hause.
    Hier gefällt es mir nicht. Bring mich sofort nach Hause, Suzie-Q.
    Du bist zu Hause, Mom.
    Warum tust du mir das an?
    Galen konnte nicht mehr hinhören. Sie flehte jetzt. Nehmen wir sie mit nach Hause, sagte er.
    Aber seine Mutter ignorierte ihn einfach. Sie nahm ihre Mutter vorsichtig am Arm. Komm, Mom, sagte sie und half ihr aus dem Auto. Da. Wir bringen dich schön wieder nach Hause.
    Galens Großmutter sah ihn an. Mir gefällt es hier nicht, sagte sie.
    Warum laden wir sie hier ab?, wollte Galen wissen.
    Weil sie nachts in den Wald marschiert ist und weitergelaufen und gestorben wäre. Weil sie das zu Hause auch tun könnte. Ich habe für meine Mutter dieses Heim gefunden, weil ich sie liebe und möchte, dass sie in Sicherheit ist. Ich möchte nicht, dass ihr etwas zustößt.
    Galen glaubte ihr ausnahmsweise. Ihr Mund offen und schrundig, müde, und er sah, wie besorgt sie in der vergangenen Nacht gewesen war. Das war ihm nicht klar gewesen. Sie hatte gefürchtet, ihre Mutter zu verlieren. Galen war unbehaglich zumute. Er erahnte die Güte seiner Mutter, und von der Güte seiner Mutter wollte er nichts wissen.
    Seine Mutter und seine Großmutter gingen in das schreckliche Haus. Gefängnis und Krankenhaus in einem. Ein Haus mit tausend Stimmen, von denen keine mit der anderen sprach. Seine Großmutter hinter einemVorhang, in ihrem weißen Linoleum-Halbkreis, wartend. Vor sich zehn oder zwanzig Jahre, in denen sie weiter warten würde.
    Sie sollte nicht hier sein, sagte Galen. Es ist besser, wegzulaufen und zu sterben, als hier in diesem Gefängnis zu warten.
    Stimmt, sagte Helen. Sie ist immer noch meine Mutter.
    Sie ist eine Hexe, sagte Jennifer. Wen schert's, was mit ihr passiert.
    Ja, sagte Helen. Vielleicht hast du recht.
    Was, wenn Jennifer das eines Tages über dich sagt?
    Hm, sagte Helen.
    Das würde ich nicht tun, Mom.
    Vielleicht doch. Das stimmt. Vielleicht doch. Und das ist in Ordnung.
    Der Motor kühlte fiepend ab, und es schien, als würde sich seine gesamte Hitze ins Wageninnere entladen. Galen war ganz glitschig. Heruntergekurbelte Fenster, aber keine Brise und die Luft draußen beinahe ebenso heiß.
    Galen machte seine Tür auf und stieg benommen aus. Jennifer tat es ihm nach, das Gesicht schweißnass, Haare zum Pferdeschwanz gebunden. Wir kaufen uns ein Haus mit Klimaanlage, sagte sie. Mir egal, wo es steht oder wie groß es ist, aber Klimaanlage muss es haben.
    Galen ging langsam im Kreis. In der Sonne, nirgendwo Schatten. Abstrahlendes schwarzes Pflaster. Menschen haben die ätzendsten Lebensformen erfunden. Altersheime, Autos, Straßenpflaster, gestrandet in der Wüste,Orte, an denen man nicht einen Tag länger am Leben sein möchte. Es wäre eine bessere Idee gewesen, nackt herumzulaufen und überhaupt nie etwas zu erfinden. Dann müsste man einen Bach suchen oder einen See oder zumindest ein paar Bäume. Man würde sich niemals in einem überdimensionalen Ofen wiederfinden.
    Ich kann nicht fassen, dass sie hier ist, sagte Galen. Und dieses beschissene Pflaster kann ich auch nicht fassen.
    Wahnsinn, sagte Jennifer.
    Das meine ich ernst. Jeder Quadratmeter ist eine Tragödie. Ein Zeichen dafür, dass wir durch und durch dämlich sind.
    Nieder mit dem Pflaster.
    Das meine ich ernst.
    Ich weiß. Darum bist du ja ein Freak.
    Galen konzentrierte sich aufs

Weitere Kostenlose Bücher