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Dreck: Roman (German Edition)

Dreck: Roman (German Edition)

Titel: Dreck: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Vann
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war und sie ohne Ausweg.
    Du bist, wo du bist, schrie er. Du bist verdammt noch mal, wo du bist. Und dann rannte er zu dem Stapel mit altem, aussortiertem Holz neben der Hecke. Ausgesondertes Holz von vor zehn Jahren, von vor fünfzig Jahren, wo Klapperschlange und Eidechse wohnten.
    Aaah, brüllte er das Holz an, und er ließ den Hammer niedergehen, schlug die losen Bretter, um alles zu verscheuchen, Schlange und Eidechse und Spinne und alles andere. Verpisst euch, schrie er.
    Der Stapel von tausenderlei Gestalt im Mondlicht, ein Schattenbau. Er zog ein langes Stück heraus, ein altes Brett mit Nägeln, und schleppte es unter den Arm geklemmt zurück zum Schuppen. Ohne die lädierte und nutzlose linke Hand versuchte er, das Brett mit einem Knie an der Wand zu halten. Er wollte es parallel zum Boden, in etwa einem Meter Höhe, über alle vertikalen Bretter, genau dort, wo der Querbalken saß. Er würde einen riesigen Sicherheitsgurt bauen. Um ein Brett zu lösen, müsste seine Mutter ein Dutzend gleichzeitig lösen. Das würde sie nie schaffen.
    Er konnte nicht das ganze Brett hochhalten, also versuchte er, mit dem Bein ein Ende in der richtigen Höhe an die Wand zu drücken, und er hämmerte, aber die Nägel, die auf der anderen Seite herausstaken, waren knorrig und uralt und standen in lauter verschiedene Richtungen ab. Sie schrappten bloß und bogen sich und ließen das Brett hüpfen.
    Verdammt, sagte er und ließ das Brett in die Erde fallen. Er holte die Taschenlampe aus dem Geräteschuppen und ging zurück zum Holzstapel. Der Zorn war gewichen. Einfach plötzlich weg, und er tat sich selbst so leid wegen der zerquetschten Hand. Er musste sie saubermachen und verbinden, und er konnte sich nicht vorstellen, sie überhaupt anzufassen.
    Die Taschenlampe machte den Stapel flacher, zeigte staubiges Grau, braune Nägel. Kein einziges sauberes Stück Holz, überhaupt nichts einfach.
    Galen machte die Taschenlampe aus, ging zu den Bäumen und legte sich in eine Furche. Hielt vorsichtig die linke Hand auf der Brust. Er wusste nicht, wieso er sich auf einmal so verloren fühlte. Als gäbe es nichts, wofür sich zu leben lohnte.
    Verblassende Sterne, das tiefdunkle Blau des Himmels, das früheste Anzeichen des neuen Tages. Die Erde unter seinem Rücken noch warm vom Vortag, das trockene tote Unkraut um ihn herum reglos, und was kam, war eine Glut, ein Tag ohne Brise, ein Tag im Ofen. Die Luft bereits warm, wartend.
    Er wollte die Sonne nicht sehen. Er wollte, dass sie heute nicht aufging, und er dachte, er wäre bereit, den Rest seines Lebens in genau dieser Tageszeit zuzubringen, mit einem wunderschönen dunkelblauen Himmel und warmer Luft und einem untergehenden Mond. Beinahe dunkel, alles da, aber noch nicht fertig, die ganze Welt im Werden, aber noch nicht angekommen. Das wäre die beste Zeit, der beste Augenblick zum Festhalten. Das würde ihm gefallen.
    Stattdessen jedoch kam das Schlimmste, das wusste er. Der Himmel würde ausbleichen und sengen und aufflammen und keine Luft zum Atmen lassen, und er würde missgestaltete Holzstücke behämmern, während seine Mutter in ihrem Käfig schrie. Das erwartete ihn.
    Als der Himmel heller wurde, als das Dunkelblau hellblau wurde und ins Weiß überging, stand er auf, zog Schuhe und Shorts aus und stand nackt da, bereit zum Opfer, bereit, vom Feuer verschlungen zu werden, und ging über den rauen Boden zum Geräteschuppen. Er suchte in den kleinen Regalen, bei Licht jetzt, bis er Nägel fand, zünftige, zehn Zentimeter lange Stahlnägel. Er schnappte sie sich mit der heilen Hand und ging zur Wand.
    Das alte Brett lag auf dem Boden, die krummen Nägel nach oben gekehrt, und jetzt begriff er, dass die andere Seite glatt war. Er hatte sich selbst an der Nase herumgeführt. Er legte Hammer und Nägel dicht an die Wand, hob ein Ende des Brettes, legte die glatte Seite an den Schuppen und griff nach einem Nagel.
    Er würde ihn mit seiner linken Hand festhalten müssen. Anders ging es nicht. Er versuchte, nur Daumen und kleinen Finger zu benutzen, und klopfte ganz behutsam mit dem Hammer darauf. Wenn er daneben traf, wäre der Schmerz unfassbar.
    Er hörte seine Mutter weinen. Eigentlich brauchte er wieder Ohrstöpsel. Er klopfte auf den Nagel, holte vorsichtig aus, mit gemessenen Schlägen, und versenkte den ersten Nagel.
    Du kommst nicht raus, sagte er. Ich nagel einen Riemen um den ganzen Schuppen, bis alle Bretter verbunden sind.
    Ich bin deine Mutter.
    Du bist die, die mich

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