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Dreck: Roman (German Edition)

Dreck: Roman (German Edition)

Titel: Dreck: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Vann
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solltest anders sein.
    Er dachte an die Ohrstöpsel. Sie waren drüben auf dem Rasen, oder er könnte neue suchen. Aber er würde es wohl nicht rechtzeitig zur ersten Sonne zurückschaffen. Sie stieg schnell, wobei wir es Sinken nennen sollten, die Lichtstrahlen senken sich auf uns, eine riesige Wippe, die am Rande des Erdballs kippelt. Er spürte, wie das Holz über ihm brannte. Also harrte er aus, versuchte, nicht auf sie zu achten.
    Galen.
    Die Schultern taten weh, er würde die ausgebreiteten Arme nicht viel länger halten können. Komm schon, sagte er. Komm schon. Er wollte sein Opfer spüren. Er wollte die Form des Kreuzes spüren, wenn die Sonne ihn erwischte.
    Ich zeig dich nicht an.
    Psst, sagte er. Endlich spürte er es, in seinem Haar, auf der Stirn, die Hitze, das Brennen, aber nicht so heiß, wie er es sich vorgestellt hatte. Die Wucht, die er sich vorgestellt hatte, fehlte. Er würde nicht lodern, nur ein wenig aufwärmen, die übliche Enttäuschung. Die Sonne eine Verheerung, Milliarden Atombomben, die alle zur selben Zeit hochgehen, aber sie war zu weit weg, wie alles andere auch. Alles, was er erreichen wollte, entzog sich knapp seinem Zugriff. Die Welt eine kleine Leere, als würde man durchs falsche Ende eines Teleskops blicken.
    Galen ließ die Arme sinken, die Schultern widersinnig heißer als die Sonne. Die Sonne wanderte über Gesicht und Hals auf die nackte Brust.
    Ich zeige dich nicht an. Ich sage nichts. Und du musst nicht ausziehen. Wir machen einfach weiter wie bisher.
    Na klar, sagte Galen. Kaum bist du draußen, fahren die Bullen vor und jagen mich und legen mich in Ketten, oder wie auch immer du dich ausgedrückt hast.
    Ich unterschreibe etwas. Wir können was aufsetzen.
    Meine Fingerabdrücke sind auf dem Schloss, wie du schon sagtest. Und du wirst ihnen zeigen, dass du kein Wasser hattest. Du wirst behaupten, ich hätte dich zur Unterschrift gezwungen. Du hast das alles unmöglich gemacht.
    Die Sonne auf seiner Brust, und die Luft schon wärmer. Nicht das jähe Feuer, das er sich wünschte, stattdessen ein langsames Garen in einem Ofen. Er würde geröstet, und das war weder glorreich noch interessant.
    Wir finden eine Lösung, sagte seine Mutter. Wir müssen nur gemeinsam daran arbeiten.
    Meine Arbeit besteht darin, diese Bretter anzunageln, sagte er. Damit du nicht wieder deinen kleinen Coup hier starten kannst. Und das muss ich machen, bevor es zu heiß wird.
    Galen, sagte sie, aber er ging in die Plantage, legte sich auf die Erde und wälzte sich darin, häufte sich mit der heilen Hand Erde über den ganzen Körper, rieb sie in die Haut, ins Haar, verpasste sich ein Sonnenschild. Er würde keine Kleidung mehr tragen. Das war sein Entschluss. Er würde nur noch Dreck tragen, denn Dreckwar seine Meditation, und er durfte den Dreck nie wieder vergessen.
    Satter Geruch von erdigem Dreck und Unkraut. Er kroch über den Boden, ohne die kaputten Finger zu belasten, gestützt auf den Handballen, er schnupperte, und ein Geruch war stärker als alle anderen, penetrant, kein süßer Geruch, und schließlich fand er ihn am Rand einer bewässerten Reihe neben einem Walnussstamm, einer Stelle mit mehr Wasser und Schatten. Ein blasses Grün, fast bläulich, mit einem samtigen Schimmer auf den Blättern. Eine Pflanze, die ihm noch nie aufgefallen war und deren Namen er nicht kannte. Sie wirkte deplatziert hier, nur durch die Bewässerung ermöglicht. Eine fast platte Pflanze mit Blättern, die sich wie die Beine eines Seesterns über den Boden streckten. Ein Vagabund aus einer anderen Welt. Die Plantage auf einmal neu, ein Ort, den er nie zuvor gesehen hatte.
    Das war der Schlüssel: eine neue Welt innerhalb der alten zu finden. Das bittere, stinkende Gewächs eine perfekte Erinnerung. Aus irgendeinem Grund war ihm dieser kräftige Geruch nie aufgefallen, hatte er diese deplatzierte, üppige, samtige Pflanze inmitten all des dörren Unkrauts nie gesehen. Das war es, was er in den dörren Hülsen aller Illusionen vom Ich finden musste. Etwas Penetranteres als das Ich, etwas, das noch deplatzierter war, fremder, unwahrscheinlicher.
    Galen legte sich neben die Pflanze, weil er wusste, dass die Bewässerungsanlage bald ansprang, und er wollte da sein, wenn das Wasser sprudelte. Er wollte fühlen, wie diese Pflanze nach Wasser griff. Bruderpflanze, sagte er.Beinahe Zeit zu trinken. Und da merkte er, wie unglaublich durstig er war. Und dass er umkam vor Hunger. Aber das konnte man übergehen. Das war

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