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Dreck: Roman (German Edition)

Dreck: Roman (German Edition)

Titel: Dreck: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Vann
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in seinen dünnen Beinen, die Muskeln sahen verkrampft und steif aus. Leer, all seine Bewegungen jetzt.
    Galen hörte auf zu tanzen, verharrte benommen und hungrig und durstig. Er war allein. Die Luft still, kein Wind. Das endlose Brummen der Klimaanlagen entlang der hohen Mauer. Da fiel ihm auf, dass nicht mehr gekurbelt wurde. Das Geräusch war verstummt. Wie lange wohl schon. Er hatte lange getanzt.
    Er ließ die Mistgabel fallen. Die Sonne nicht mehr brennend heiß, die Plantage größtenteils im Schatten, und er legte sich in eine Furche, in die wärmestrahlende Erde, beschloss, hier einfach liegenzubleiben, bis er begriff, aber er kam um vor Hunger und Durst und konnte sich überhaupt nicht konzentrieren. Kopf und Schulter schmerzten vom Sprung in den Schuppen. Er stand auf und stakste langsam mit verkrampften Beinen ins Haus.
    Der Haufen auf dem Rasen wartete immer noch darauf, verbrannt zu werden. Das Gras darauf, geschnitten zu werden. Das Haus wartete immer, seit mehreren Leben. Unmöglich groß und verschnörkelt und weiß. Eine unehrliche Kompaktheit. Der große Kamin in der Mitte und die riesigen Bäume. Ein Haus, das Frieden verhieß und vernünftige Menschen, doch nur Irre beherbergt hatte. Ein Haus, in dem man sich verbergen konnte.
    Galen ging in die Küche und holte sich ein Glas Wasser, stürzte es hinunter, und dann noch eins. Und hatte noch immer Durst.
    Er wusste nicht, was er essen sollte. Immer ein Problem. An der offenen Kühlschranktür starrte er auf zu viele sinnlose Sachen. Pickle Relish. Nicht so einfach, aus Würzsauce eine Mahlzeit zu machen. Sauerkraut. Das könnte er vielleicht essen. Auf einem mit Zellophan abgedeckten Teller. Er trug ihn zum Küchentisch, nahm eine Gabel aus der Schublade. Echtes Silber, unpoliert.
    Zum Sauerkraut gehörte noch etwas. Er sah sich in der Speisekammer um, bei den Dosen, fand Schnittbohnen und nahm sie zur Anrichte mit, zum elektrischen Dosenöffner.
    Er setzte sich und gabelte die grünen Bohnen aus der Dose, kalt und salzig und ohne anderen Geschmack. Er kaute und schluckte, und es fühlte sich an, als wäre sein Magen eingefallen, als müsste das Essen die Falten von innen wieder ausbeulen. Er gabelte Sauerkraut und genoss den Essig. Essig war das Richtige.
    Während er aß, wurde es dämmerig im Haus. Der Himmel draußen wurde dunkelblau. Galen aß die grünen Bohnen und fast das ganze Sauerkraut auf, trank noch ein Glas Wasser und ging zur Spüle, wo normalerweise seine Mutter stand, sah zum Schuppen hinaus, zur Plantage und zum Himmel. Alles weiter weg im schwindenden Licht, die Entfernungen größer.
    Er dachte, er würde eine Weile an der Spüle stehenbleiben, stieg jedoch unversehens die Treppe zum Zimmer seiner Mutter hinauf, stand schwankend in der Tür, gedankenleer, und ging zu ihrem Bett. Das Haus nicht so heiß wie draußen, dank der hohen Wände und der Vorhänge eine Zuflucht.
    Er legte sich auf ihr Bett, machte die Augen zu und fühlte, wie es sich in ihm drehte und neigte, wie alles nachgab. Der Dreck auf seiner Haut seine Decke, die Hand dumpf und tröstlich pochend, und alles war so friedlich. Seine Mutter ruhte jetzt auch, dort am Ort ihrer Erinnerung, in ihrer eigenen Zuflucht. Das Land um sie herum atmete auf, die Plantage ruhte, die Hecken, der Feigenbaum, die Eiche. Alles ruhte endlich, und die Hitze ließ nach. Sie hatte ihn hierbehalten wollen, und hier war er.

 
 

 

 
    S chwarzer Stein. Vulkanisch. Gestein, das gekocht hatte, von Luft durchschossen war. Geborsten jetzt, zerteilt und geschoren und scharf wie Glas. Poren und Höhlen. Walnussbäume, die aus dem Stein wuchsen, Wurzeln, die sich in Löcher und Röhren bohrten, an Spalten entlangschlängelten. Weiches Holzfleisch in der Hülle.
    An der Oberfläche nicht erkennbar, wie weit sie reichten. Die Wurzeln und Stämme weiß auf schwarz.
    Meilen von einem Baum zum nächsten, die Plantage gewachsen. Galen schleppte einen Beutel mit Wasser, einen Beutel, der aus Fleisch bestand, und er musste ein paar Tropfen auf die Wurzeln jedes Baumes fallen lassen. Selten, dass er überhaupt einen Baum sah. Hauptsächlich wandernd, suchend nach dem nächsten, und das Land wuchs, während er lief, brach auf und dehnte sich, dass sich große Spalten auftaten, die sich mit Schmelze füllten und hart wurden, und er ging weiter.
    Seine Füße zerschunden, bloß, klackend auf dem Gestein. Auch die Gelenke klackend, bei jeder Bewegung, Knie, Hüfte, Knöchel, selbst die Augen. Der

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