Dreck: Roman (German Edition)
Unkraut und Furchen verzerrten. Die Plantage sah aus, als wäre sie vielleicht drei Meter breit, ein Streifen, den man mit einem langen Schritt durchmessen konnte. Sie konnte aber auch eine Meile breit sein. Unmöglich, Entfernungen zu schätzen.
Er wollte nicht in die Nähe des Schuppens. Dieser grobe Holzgürtel, eine Teilfurche an der Plantagenwand,seine Mutter irgendwo da drin. Dass sein Leben hierin gemündet war, fand er ungerecht.
Er trat aus dem Schatten in die pralle Sonne. Das Licht strömte unfassbar schnell und traf pulsierend auf, riss alles fort. Schutz war nicht von Dauer. Am Ende nahm die Sonne alles.
Galen beim Gehen beinahe blind. Ein Körper in wankender Landschaft, aber das Licht konstant. Hier draußen konnte er nicht lange bleiben.
Alles schrumpfte im gleißenden Licht. Das Schuppendach etwa einen halben Meter tiefer, die Bretter gut einen Zentimeter dünner. Der Feigenbaum gedrungener am Boden, nicht so hoch wie zuvor. Die Furchen flach. Galen wusste nicht, was es zu bedeuten hatte, dass bei schwindendem Licht alles wuchs und bei Tag wieder schrumpfte. Das galt auch für Präsenzen, Schatten und Nacht schienen bewohnt und der helle Tag nicht. Am Mittag war alles Leben leer, und doch musste Galen darin zahllose Stunden umherwandern, immer eine Wüste durchwandern.
Der Weg vom Rasen zur Plantage immer auf der linken Seite, an der Sonnenaufgangswand entlang, gen Osten. Hier hatte seine Mutter die Bretter losgehämmert. Hier hatte er als Kreuz gestanden. Und hier fand er jetzt das Scheckbuch, durch die Lücke zwischen Mutterboden und harter, steinbewehrter Erde geschoben, wo er nicht hatte graben können.
Er hob es auf und blätterte blinzelnd. Sie hatte jeden Scheck unterschrieben, und auf einem Dutzend standen Beträge. Auf dem letzten 430 000 Dollar. So viel Geld.
Er wandte den Blick ab, sah die Walnussbäume, geweißt. Sah wieder aufs Scheckbuch, hielt es in beiden Händen, drehte es um und entdeckte eine Notiz. Bitte, mein Sohn, ich liebe dich.
Trotzdem war sie bereit gewesen, ihn wegzuwerfen. Sie hatte ihn ein Tier genannt und wollte, dass er den Rest seines Lebens wie ein Tier im Käfig verbrachte.
Bitte, mein Sohn, ich liebe dich. Er wusste nicht, was er davon zu halten hatte, denn das Problem war: Er glaubte ihr. Er wusste, dass er ihr alles verdankte, dass jeder Sohn seiner Mutter alles verdankte. Und er wusste, dass sie ihn liebte und dass er sie liebte. Aber er wusste auch, dass sie bereit gewesen war, ihn wegzuwerfen. Und es war nicht möglich, das eine und das andere zusammenzubringen.
Mom?, rief er.
Er konnte hier nicht lange rumstehen. Die Sonne ließ das nicht zu. Mom, wiederholte er.
Aber es kam keine Antwort. Er ging nah ran, legte das Ohr an eine Ritze zwischen den Brettern und versuchte, eine Regung zu hören, eine trockene Stimme, irgendwas.
Die Landung von Grashüpfern, ein gelbes Geräusch ohne Tiefe. Das ferne, unaufhaltsame Brummen der Klimaanlagen. Ein vorbeifahrendes Auto auf der Straße, sehr gedämpft durch die Hecken. Sonst nichts. Nur sein eigener Puls und sein eigener Atem.
Er ging zur nächsten Wand, der mit dem Tor und dem rostigen alten Schloss. Mom?, versuchte er es erneut, doch keine Antwort. Also ging er zur dritten Wand, der Seitemit dem Geräteschuppen, wo er den Nachmittag hindurch geschmort hatte, und er stand dort und blinzelte das alte Holz an. Ich werde nicht schlau aus dir, sagte er.
Sie war aufgeregt gewesen, atemlos und erregt bei der Vorstellung, dass man ihn ins Gefängnis schleppen würde. Sie hatte gesagt, sie habe Angst vor ihm, aber weshalb? Er hatte nichts getan. Sie hatte ihn einen Vergewaltiger genannt, ihren eigenen Sohn, der nichts getan hatte. Was er mit Jennifer geteilt hatte, war kein Verbrechen.
Du, sagte er. Du hast das gemacht. Du hast mich dazu getrieben.
Sie reagierte nicht. Er wollte mit ihr reden. Er wollte wissen, wieso.
Das ist ungerecht, sagte er, da bekomme ich nur eine Mutter, nur ein Elternteil, und dann ist die verrückt. Ungerecht. Und jetzt rede ich hier gegen eine Wand, genauso verrückt wie du. Danke, Mom.
Es würde keinen Frieden geben, niemals. Das war ihm klar. Er würde gedanklich immer an sie gekettet sein. Mit Schuld und Wut und Scham und allem anderen, das ein Leben schmälerte. Sie hatte alles zerstört. Er hatte sich auf seine Meditation konzentrieren wollen. Das war alles. Er hatte seine Ruhe haben wollen.
Er konnte hier nicht einfach so rumstehen. Er ging ans Schloss, hielt es in der
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