Drecksspiel: Thriller (German Edition)
Lydia … Als ginge ein Licht auf. Unser Leben bekam wieder einen Sinn, verstehst du?«
David begriff tatsächlich. Er hatte nicht anders empfunden, als Jan geboren wurde. Sein Sohn, der seinem Leben – deinem neuen Leben! – endlich einen Sinn gegeben hatte. Etwas, für das es sich zu kämpfen lohnte.
Als hätte er den gleichen Gedanken gehabt, bäumte Richard sich auf: »Wird er zur Rechenschaft gezogen?«
»Milan?«
»Nein, ja, natürlich, der auch, aber ich meine den, der Shirin … Also, der die Entführung …« Richards Stimme versagte.
David blieb still.
»Nein, nein«, Richard warf seinen Kopf hin und her, »nicht Theodor, niemals. Du musst etwas übersehen haben, eine Kleinigkeit, einen Namen, irgendetwas.«
Aber David war vielen Spuren gefolgt, denen auch die Polizei jetzt nachgehen würde. Und am Ende würden sie – wie er – Zusammenhänge erkennen, Mutmaßungen anstellen, jedoch keinerlei Beweise in den Händen halten. Nicht einmal Indizien.
»Das darf nicht wahr sein!« Richard ballte zornig die Hände zu Fäusten.
David überlegte. »Eine Möglichkeit habe ich noch.«
*
Philip hielt es nicht mehr aus. »Verdammt, geht das nicht schneller?«
Arthur schnaubte und hielt das Tempo, mit dem er den Wagen durch den Verkehr lenkte, strikt bei 50 km/h. »Wenn du unbedingt willst, dass die Polizei uns anhält.«
Nein, das wollte Philip nicht. Aber er wollte so schnell wie möglich zum Alex. So viel Zeit war schon verstrichen. Viel zu viel Zeit.
24 Stunden hast du Zeit, mir das Geld zu bringen, andernfalls …
Daran wollte er nicht denken. Stattdessen malte er sich aus, wie er das Geld wieder beschaffen und zum Müggelsee fahren würde, um Hannah und Millie von ihrem Leid zu erlösen.
Ich hole euch da raus, ich verspreche es.
Philip erschrak, als Arthur das Radio einschaltete. Elektronische Musik tönte aus den Lautsprechern.
Warum werden wir erst wach, dann wenn er zur letzten Stunde schlägt.
Philips Magen zog sich zusammen. »Mach das aus!«
»Mann, ihr wisst auch nicht, was ihr wollt«, murrte der Junge, der neben Philip auf der Rückbank hockte und sich das Blut aus dem Gesicht wischte.
»Halt den Mund«, fuhr Philip ihn an.
Arthur stellte das Radio wieder ab. Er hielt vor einer Ampel unter der Jannowitzbrücke. Die meisten Leute, die um diese Zeit unterwegs waren, strebten ihrem Wochenendvergnügen zu.
Die Stille im Auto zerrte an Philips Nerven. Er fragte: »Wieso bist du heute Mittag eigentlich wieder zurückgekommen?«
»Na ja«, machte sein Partner.
»Hat dich das schlechte Gewissen eingeholt? Als du wieder nüchtern warst … und ohne Geld?«
Arthur hüllte sich in Schweigen.
Die Lichter des Alexa glitten an ihnen vorbei.
Philip sagte: »Ich dachte, du bist mein Freund.«
»Das bin ich auch …«
»Trotzdem …« Philip sprach nicht weiter. Sein Partner hatte sich entschuldigt. Es tat ihm leid. Philip wollte ihm glauben, auch wenn ihm klar war, dass ihr Verhältnis niemals wieder so sein würde, wie es mal gewesen war.
Wahrscheinlich würden sie, sobald diese ganze schreckliche Sache ihr Ende gefunden hatte – ihr gutes Ende, daran wollte Philip mit ganzer Kraft glauben –, fortan getrennte Wege gehen.
Bis dahin musste er jeden weiteren Streit vermeiden. Gerade brauchte er Arthur noch.
Arthur sagte: »Ich weiß nicht, warum ich, also … Es war diese Nacht. Der Alkohol. Das viele Geld. Die Last, die von mir gewichen ist. Verstehst du das? Es war so verlockend, alles hinter mir zu lassen, raus hier, einfach nur weg.« Er schaute in den Rückspiegel, fand Philips Blick. »Ich wünschte, ich könnte …«
Philips Handy klingelte. Die Rufnummer wurde nicht angezeigt. Seine Stimme war ein ängstliches Flüstern. »Hallo?«
*
Hannah schwebte.
Wie auf Wolken trieb sie dahin, sachte durch eine Dunkelheit, die weder gefährlich noch heimtückisch war. Nur dunkel.
Ihr Körper schien schwerelos. Frei von allen Hemmnissen. Und Schmerzen.
Fühlte es sich so an, wenn man gestorben war?
Nein ,korrigierte sie sich, das ist nicht der Tod . Mit dem Tod hörte alles auf. Auch das Denken. Und das Hören.
Eine Stimme waberte an ihr Ohr. Seine Stimme!
Jetzt wusste sie wieder, wem sie ihren benebelten Zustand verdankte. Diesem Psychopathen nämlich. Diesem kranken, widerlichen Scheißkerl. Und seiner Spritze.
Hast du geglaubt, ich bin fertig mit euch?
Plötzlich bekam sie wieder Angst. Angst um Millie. Es war ein eigenartig surreales Gefühl, Furcht zu
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