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Drecksspiel: Thriller (German Edition)

Drecksspiel: Thriller (German Edition)

Titel: Drecksspiel: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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Wagen, dessen Scheinwerfer David im Rückspiegel blendeten. Er kniff wachsam die Augen zusammen.
    »Du wirkst besorgt«, stellte Caro fest.
    Er verspürte einen Stich in der Brust. Da war er wieder, ihr sechster Sinn für seine Gedanken.
    Die Ampel zeigte Grün. David fuhr an. Der Wagen hinter ihm bog ab.
    »Ist wirklich alles in Ordnung?«, fragte sie.
    »Mhm.«
    Schweigend fuhren sie weiter. An der Kreuzung Schlesisches Tor musste er erneut vor einer Ampel halten.
    Caro zog an ihrer Zigarette. »Weißt du, dass Jan auch schon damit anfängt?«
    »Womit?«
    »Deinem Mhm. «
    »Früh übt sich.«
    »Dann war es bei dir bestimmt dein erstes Wort, oder?«
    »Nein, mein erstes Wort, das mein Vater mir …« Er verstummte, als ihm bewusst wurde, was er hatte sagen wollen.
    Never give up ,sang Jessie Ware, never give up. No one can find us.
    Die Ampel sprang auf Grün. Er gab Gas, einen Tick zu viel, als wollte er vor seinen Gedanken davonrasen. Caro beobachtete ihn von der Seite, das spürte er.
    Sie nahm einen Zug von der Zigarette. Die Spitze war ein glühender Punkt in der Dunkelheit. »Was ich heute Mittag meinte, am Telefon …«
    »Ja?«
    »Über deinen Vater …«
    »Ist schon gut.«
    »Ich wollte nicht …«
    »Kein Problem.«
    »Ehrlich?«
    »Ja.« Noch ehe er begriff, was er tat, legte er seine Finger auf ihre Hand. »Ehrlich.«
    Sie zuckte nicht zurück, streifte seine Finger nicht ab.
    Im Radio klang leise die Musik aus. Die Nachrichten wurden verlesen. Bankenkrise, Eurorettungsplan, das Unwetter, das über Berlin tobte, ein Prostituiertenmord, die Niederlage der Hertha, eine Schlägerei im Rockermilieu. David hörte nur mit einem halben Ohr hin. Seine Aufmerksamkeit erwachte, als der Sprecher von einem Selbstmörder am Humboldthain berichtete. Der S-Bahn-Verkehr war seit Stunden blockiert. Bisher war der Tote noch nicht identifiziert.
    David legte beide Hände wieder ans Steuer und dachte an die Rosenfeldts, an deren Tochter Shirin. An Milan. Und die Minuten, die verrannen. Viel zu viele, die bereits sinnlos verstrichen waren.
    Trotzdem mussten die Rosenfeldts warten. Zumindest für den Augenblick.
    Caro schnippte die abgebrannte Kippe auf die Straße und schloss das Fenster. »David?«
    »Mhm.«
    »Ich würde mir …« Sie erschrak, als sich ein Blitz in einem wilden Zickzack in den Treptower Park entlud. Gleich darauf donnerte es. Regentropfen hämmerten zornig auf das Autodach. Der Wagen schlingerte in den Pfützen.
    David drosselte das Tempo. Für den Rest der Fahrt hüllte Caro sich in Schweigen.
    I lost my heart, I didn’t know what to do ,wisperte Rumer im Radio, I was so caught in misunderstanding.
    David hielt in der Karpfenteichstraße. Die Altbauten lagen abseits der großen Verkehrsstraßen, still und friedlich, bewohnt von Rentnerpärchen und jungen Familien mit Kindern. Bei der Wohnungssuche hatte David seinerzeit nicht ohne Grund das Viertel bevorzugt.
    Errege keine Aufmerksamkeit.
    Bis Caro vor drei Monaten entschieden hatte, es sei besser, er gehe. Wahrscheinlich hatte sie damit sogar recht gehabt. Trotzdem fiel es ihm schwer, auf ihre Nähe zu verzichten.
    »Caro«, sagte er, »ich …«
    Ihre Lippen brachten ihn zum Schweigen.
    *
    Hannah stemmte sich in die Höhe. Sie widerstand den Schmerzen, die ihren geschundenen Leib zu lähmen drohten. Aber nach Stunden in ein und derselben Haltung waren ihre Glieder steif.
    Als sie endlich aufrecht stand, schwankte sie wie eine Betrunkene und musste sich am Sessel festhalten, um nicht zur Seite zu kippen.
    Worauf wartest du?
    Hannah krallte ihre Finger in das Klebeband, an dem noch immer die zersplitterte Stuhllehne von ihren Armen baumelte. Ihr schlappen Hände zitterten.
    Wie lange war es her, dass sie etwas getrunken hatte? Mehr als nur die paar Schluck Wasser, die der Scheißkerl mit dem Eimer über sie ausgekippt hatte?
    Außerdem hatte sie seit den Kartoffeln und dem Blumenkohl gestern Abend nichts mehr gegessen, einen Großteil davon obendrein erbrochen. Jetzt hätte sie alles gegeben für ein paar Krumen Brot, etwas Wurst und Käse, die ihr die Kraft verliehen hätten, die unnachgiebigen Fesseln von ihrer Haut zu lösen.
    Streng dich an!
    Ihre Bemühungen wurden immer verbissener. Schweiß rann in Strömen über ihre Haut, floss salzig in die Schnittwunde ihrer brennenden Brust.
    Sie wankte auf ihre weinende Tochter zu. Langsam, unerträglich langsam nur kam sie voran.
    Jetzt mach schon! Schneller!
    Endlich gaben die Fesseln nach.
    Das

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