Drei Eichen (German Edition)
bot, war fast zu schön, um wahr zu sein. In der Abendsonne glühte der Sandstein auf, als hätte ihn jemand in farbiges Licht getaucht. Haderlein riss sich von dem Anblick los und ging an den steilen Abbrüchen vorbei um den Steinbruch herum. Es war nichts zu finden, was auch nur ansatzweise auf ein Verbrechen hingedeutet hätte. Er war ratlos. Felix Groh war in diesem Steinbruch das letzte Mal gesehen worden. Was war während der Abwesenheit von Claudia Büchler passiert? Er wollte gerade wieder das Gelände verlassen, als er etwas im Gras glitzern sah. Er bückte sich. Es war eine Vierteldollar-Münze. Neben den Plastikbechern und vereinzelten Zigarettenkippen, die hier herumlagen, war das definitiv ein Fundstück mit Wert. Wahrscheinlich hatte der eine oder andere GI der Bamberger Garnison dieses schöne Plätzchen auch schon für sich entdeckt. Haderlein steckte die Münze in die Hosentasche. Vielleicht brachte sie ihm ja Glück beim nächsten Fall. Diesen hier würde er heute zumindest nicht mehr lösen können. Frustriert ging er zurück zu seinem Mitsubishi.
Haderlein und Lagerfeld wollten sich gerade zu Fidibus begeben, um ihm von den neuen Erkenntnissen zu berichten, als sich die Bürotür öffnete und Dr. Gerhard Irrlinger ohne Ankündigung den Raum betrat, hinter ihm war Dr. Werner Grosch zu erkennen.
Haderlein ging auf die Herren zu, um sie zu begrüßen. Diesmal waren sie in Zivil unterwegs, nicht in ihrer skurrilen Verbindungstracht. Heute schien allerhöchste Seriosität angesagt zu sein, denn Dr. Werner Grosch trug einen sehr teuer aussehenden schwarzen Anzug, während sich Dr. Gerhard Irrlinger für eine nicht minder feudal wirkende Tracht entschieden hatte. Die Herren kamen oder gingen wohl zu einem wichtigen Event, von denen es heute, am Tag der Abstimmung, bestimmt reichlich gab. Hoffentlich hatten es die Herrschaften geschafft, ohne die übliche Journaille hier zu erscheinen, sonst würden sich die Pressevertreter gleich zu Hunderten vor der Dienststelle ihre Nasen am polizeilichen Glas platt drücken. Das gäbe kein gutes Bild ab.
»Grüß Gott, Herr Kommissar. Entschuldigen Sie bitte unsere Verspätung, aber wir mussten noch unsere Pflicht als fränkische Patrioten wahrnehmen.« Irrlinger reichte Haderlein jovial lächelnd die Hand.
»Keine Ursache, wir haben doch immer größtes Verständnis für die Belange der Politik«, erwiderte Haderlein mit der gleichen Freundlichkeit. Er bat Irrlinger und Grosch, mit ihm zu kommen, eine derlei delikate Angelegenheit würden sie besser in abgeschotteten Räumlichkeiten besprechen. Sie hatten keine drei Schritte in Richtung Suckfülls Glaspalast gemacht, als dieser bereits aus seinem Büro gestürmt kam, um den prominenten Besuch persönlich in Empfang zu nehmen.
»Herzlich willkommen, Herr Dr. Irrlinger.« Fidibus begrüßte ihn höflich, aber nicht so überschwänglich, wie Haderlein es vermutet hätte. Konnte es sein, dass sein Chef auch nichts mit Politikern am Hut hatte? Im Laufe der Jahre hatte er schon öfter den Eindruck gehabt, dass sein Dienststellenleiter bei Vertretern dieser menschlichen Spezies viel konzentrierter war als sonst üblich, und Konzentration war bei Robert Suckfüll stets ein Zeichen von einer gewissen Abneigung. Bei Menschen, denen er nahestand, pflegte er seinem verbalen Wirrwarr ungezügelt freien Lauf zu lassen, nicht so bei politischen Mandatsträgern. Manchmal rutschte ihm in ihrer Gegenwart sogar eine fast zynische Bemerkung heraus, die dank seiner normalen verbalen Schusseligkeit in der Regel aber nicht ernst genommen wurde. Sympathien hin oder her, jetzt würden sie sich jedenfalls erst einmal in seinem Büro versammeln. Haderlein warf zur Sicherheit noch einen schnellen Blick aus dem Fenster, aber vor dem Gebäude war tatsächlich keine Menschenseele zu sehen. Irgendwie hatten es Irrlinger und Grosch geschafft, unverfolgt in die Dienststelle zu kommen. Eine reife Leistung, das musste selbst er zugeben.
»Hier hinein, bitte«, flötete Robert Suckfüll, doch seine Freundlichkeit klang nicht besonders echt.
Ohne darum gebeten worden zu sein, ließ sich Irrlinger sofort auf einem der schwarzen Sessel nieder, sein erneut ziemlich wortfauler Parteigenosse Grosch nahm neben ihm Platz. Haderlein und Fidibus setzten sich ihnen gegenüber und bemühten sich, nicht die Augen zu verdrehen.
»Was können wir für Sie tun? Was für ein Brett liegt Ihnen denn auf dem Herzen?« Fidibus schaute Dr. Irrlinger lächelnd
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