Drei Eichen (German Edition)
Anrufer aus dem Bamberger Landratsamt nicht mehr.
»Danke«, stieß Haderlein noch hervor, dann legte er auf. Das war ja nicht zu fassen. Er hatte ein Kind gefunden, dessen Vater vermisst wurde. Er sprang auf und wollte schon seine Jacke greifen, als ihn Marina Hoffmann zu sich herüberwinkte.
»Da ist eine Erzieherin von der Ferienbetreuung dran. Ein Kind ist heute unentschuldigt nicht erschienen.«
»Geht’s um eine Franziska Groh?«, fragte Haderlein.
»Geht’s um eine Franziska Groh?«, wiederholte Marina Hoffmann die Frage. Sie lauschte kurz der Antwort, dann wandte sie sich wieder verblüfft dem Kommissar zu. »Woher wusstest du das, Franz? Bist du unter die Hellseher gegangen?«
»Erklär ich dir alles später. Aber du kannst der Erzieherin sagen, wir haben das Kind gefunden, es ist alles in Ordnung.« Dann stürmte er zur Tür der Dienststelle hinaus.
Als er wieder in der Kleberstraße 11 vor dem Haus der Grohs stand, war wie gehabt alles verschlossen, und niemand machte auf sein Klingeln auf. Nach wenigen Minuten traf der Schlüsseldienst ein und öffnete Haderlein die Haustür mit seinem Spezialwerkzeug. Der Kommissar durchkämmte die sauber aufgeräumte Wohnung, fand aber nichts. Keinen Hinweis, kein Indiz für ein Verbrechen. Nur auf dem Küchentisch lag ein gelber Notizzettel: »20 : 00 Uhr, Ludvag«.
Haderlein steckte den Zettel ein und fuhr nach Scheßlitz, um Claudia Büchler die frohe Kunde zu überbringen, dass sich die Identität des Mädchens aufgeklärt hatte.
»Frau Büchler, es gibt Neuigkeiten.« Er lächelte sie an, als sie ihm die Tür öffnete.
Die Augen der Landschaftsarchitektin wurden groß, sie strahlte. »Das ist ja wunderbar, kommen Sie doch rein. Jetzt bin ich aber gespannt.« Sie bat ihn in die Küche, wo Pippi gerade ihr Mittagessen in Form von Tortellini mit Sahnesoße und Schinken in sich hineinlöffelte.
»Na, da hat jemand aber Appetit.« Haderlein schmunzelte und setzte sich auf ein Zeichen Büchlers hin ebenfalls an den Tisch. »Nun, es gibt Neuigkeiten zu unserer jungen Dame hier. Vor uns sitzt Franziska Groh, wohnhaft mit ihrem Vater in der Kleberstraße 11 in Bamberg«, verkündete Haderlein stolz.
»Das ist nicht wahr«, stieß Claudia Büchler verblüfft hervor. »Stimmt das, heißt du Franziska?«
Franziska nickte verschämt und Claudia Büchler drückte das Kind gerührt an sich. So überwältigt war sie, dass sie ein paar Tränen vergoss. Haderlein saß lächelnd daneben. Das war einer der eher seltenen Momente, in denen er in seinem Beruf Glück und Zufriedenheit auslöste. Zu schade, dass er nun gleich mit den nicht so schönen Neuigkeiten aufwarten musste. Er ließ noch ein paar Augenblicke verstreichen, bis sich die beiden gefasst hatten. Als er wieder anheben wollte, kam ihm die Landschaftsarchitektin zuvor.
»Nun, dann wollen wir keine Zeit verlieren und die verlorene Tochter dem Papa zurückbringen, nicht wahr?« Claudia Büchler machte bereits Anstalten aufzustehen, aber Haderlein hielt sie mit sanfter Gewalt zurück.
»Das können wir leider nicht. Da ist noch ein ungelöster Teil des Rätsels«, sagte er ernst. »Der Vater von Franziska, Felix Groh, ist fatalerweise verschwunden. Zu Hause ist er nicht, und auf seinem Arbeitsplatz ist er auch nicht erschienen. Seine Frau liegt anscheinend seit über einem Jahr nicht ansprechbar im Koma im Bamberger Klinikum. Sie kann uns also auch nicht weiterhelfen.«
Das Lächeln war schlagartig aus Claudia Büchlers Gesicht gewichen. »Das ist ja schrecklich! Aber Sie meinen doch nicht etwa den Felix Groh, mit dem ich mich am Freitag getroffen habe?«
Haderlein richtete seinen Blick auf Franziska, holte den Zettel hervor, den er in der Wohnung gefunden hatte, und schob ihn auf der Tischplatte zu dem Mädchen hinüber. »Das hab ich auf dem Tisch in eurer Wohnung gefunden. Du warst zusammen mit deinem Vater oben im Steinbruch von Ludvag, stimmt’s? Was ist da oben passiert, Franziska?«
Das Mädchen schaute kurz auf den Zettel, dann Franz Haderlein ins Gesicht. Der Kommissar erschrak. Der Blick des Kindes war hohl und leer, als hätte es jemand hypnotisiert. In seinen Augen war nichts zu sehen als absolute Leere. Haderlein und Claudia Büchler mussten fassungslos mit ansehen, wie Franziska wie in Trance wieder wortlos ihren Löffel nahm und fortfuhr, Tortellini zu essen.
Franz Haderlein stand im alten Steinbruch von Ludvag neben dem kleinen, glitzernden See und schaute sich um. Die Kulisse, die sich ihm
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