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Drei Eichen (German Edition)

Drei Eichen (German Edition)

Titel: Drei Eichen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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lange nicht gewesen.
    Es war ein schöner Tag gewesen, und der morgige würde hoffentlich noch schöner werden. Franziska würde ihren dreizehnten Geburtstag feiern. Der erste Geburtstag bei ihrer Pflegemutter Claudia Büchler. Die Landschaftsarchitektin hatte beim Metzger McNuggets mit Currysauce aus Eigenproduktion gekauft, Pippis Lieblingsessen, das vom Geburtstagskind in spe in Rekordzeit vernichtet wurde.
    Sie hatten sich in den vergangenen neun Monaten zusammengelebt, als wären sie schon immer Mutter und Tochter gewesen. Es gab kaum Streit, doch Pippi wollte noch immer nicht sprechen. Sie kommunizierten mit Zetteln, Gesten oder über Blicke. In der Schule hatte man großes Verständnis für Franziskas Schicksal gezeigt, selbst die Blödeleien der Mitschüler über ihre Sprachlosigkeit hielten sich in Grenzen. Sie besuchte immer noch wöchentlich den Kinderpsychologen zur Therapiestunde, aber auch wenn der meinte, sie würde Fortschritte machen, so konnte Claudia Büchler keine erkennen, zumindest keine, die das Sprachproblem betrafen. Nichts und niemand hatte Pippi dazu bewegen können zu sprechen.
    »Möchtest du noch etwas Süßes als Nachspeise?«, fragte Clax Büchler und schaute ihre Pflegetochter an. Inzwischen konnte sie schon an Franziskas Augenaufschlag die Antwort erkennen.
    »Danke«, sagte Franziska und hielt sich den Bauch, »aber ich bin wirklich satt.«
    Claudia Büchler starrte das Kind an und konnte nicht glauben, was da eben passiert war. Franziska hatte gesprochen.
    Verwundert schaute das Mädchen zurück. »Was ist denn, Mama? Bist du krank?«
    Noch während ihr die Freudentränen in die Augen traten, stand Claudia Büchler auf und nahm Pippi in die Arme. »Du sprichst ja«, stieß sie schluchzend hervor, »Pippi, du sprichst.«
    Als Lagerfeld in die Dienststelle zurückkam, wurde er sofort von Haderlein an dessen Tisch gewunken. Auch Huppendorfers Schonzeit schien ein plötzliches Ende gefunden zu haben, denn er saß bereits am Tisch von Haderlein, der ein paar strenge Worte an ihn gerichtet haben musste. Jedenfalls sah Huppendorfer aus, als hätte er von seinem älteren Kollegen gerade einen Crashkurs in allgemeiner Gerichtsmediziner-Umgangsmethodik erhalten.
    »Also gut, ihr zwei«, hielt sich Haderlein nicht lang mit Vorreden auf. »Ich möchte, dass wir jetzt ein bisschen System in die ganze Angelegenheit bringen. Vor nicht einmal achtundvierzig Stunden haben wir –«
    Die Tür ging auf, und ein junger Bursche mit einem riesigen Blumenstrauß in der Hand erschien im Rahmen. Sämtliche Anwesenden schauten ihn misstrauisch an. Blumen waren bei der Polizeiarbeit eher unüblich, ergo wurden sie von den Büroinsassen als Fremdkörper wahrgenommen. Der junge Mann bemerkte die plötzliche und nicht gerade freudige Aufmerksamkeit, die ihm zuteilwurde, und wollte seinen Auftrag daraufhin flott über die Bühne bringen.
    »Gibt’s hier eine Marina Hoffmann?«, fragte er mit lauter, aber unsicherer Stimme.
    Alle Augenpaare drehten sich synchron in Richtung Honeypennys Schreibtisch, wo die Ausgerufene von aufkeimender Gesichtsrötung heimgesucht wurde.
    »Ja, äh, das bin ich«, sagte sie unsicher. Jemand schickte ihr Blumen? Das hatte sie ja seit der Trennung von ihrem Imker nicht mehr erlebt. An sich ein freudiger Anlass, allerdings kannte sie ihre Pappenheimer, und es würde sie nicht wundern, wenn sich der eine oder andere in der Stube einen schlechten Scherz mit ihr erlaubt hatte. Unter den Augen der versammelten, aber schweigenden Mehrheit erhob sie sich und ging zu dem Fleurop-Boten.
    »Da unterschreiben«, flüsterte der junge Mann fast lautlos und verschwand nach erhaltener Unterschrift flugs durch die Tür.
    Honeypenny ging unter Gemurmel wieder zurück zu ihrem Schreibtisch, wo sie sich setzte und das kleine Kärtchen las, welches an dem opulenten Strauß hing. Ein breites Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. Marina Hoffmann musste etwas sehr Schönes widerfahren sein, was ganz offensichtlich mit der überbrachten Blütenorgie zusammenhing. Haderlein und Lagerfeld ließen es ratlos und kopfschüttelnd damit bewenden und wandten sich ernst wieder ihrem Gespräch zu, während Huppendorfer sich ein wissendes Grinsen nicht verkneifen konnte.
    »So, wo waren wir stehen geblieben, meine Herren?« Haderlein verschränkte die Arme hinter dem Kopf und schaute seine jungen Kollegen erwartungsvoll an. »Ach so, ja, bei unseren Pfeiltoten. Gibt es irgendwelche Vorschläge, Vermutungen oder gar

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