Drei Eichen (German Edition)
dafür brauchen?«
Huppendorfer hatte schon die Daten in die Suchmaske des Bundeskriminalamtes eingegeben. »Eigentlich sollte ich das gleich haben …«
Lagerfeld und Haderlein stellten sich hinter Huppendorfer und starrten gebannt auf dessen Computerbildschirm, während er den Suchvorgang startete.
In diesem Moment betrat von ihnen unbemerkt Honeypenny das Büro. Sie wusste, dass sie eigentlich nicht so lange hätte wegbleiben dürfen, aber sie war mit ihrem Hubert noch etwas unterwegs gewesen und hatte eine wunderschöne Zeit verbracht. Minute um Minute war verflossen, als sie plötzlich bei einem beiläufigen Blick auf ihre Armbanduhr bemerkt hatte, dass seit ihrem Wählen schon zwei Stunden vergangen waren. Eilig hatte sie sich von ihrer neuen Liebe Fiederling verabschiedet und ihn herzlich an sich gedrückt.
»Was gibt’s denn hier Spannendes zu sehen?«, fragte sie neugierig, als sie Haderlein, Huppendorfer und Lagerfeld so auffallend konzentriert erblickte. Als Antwort erntete sie nur ein kollektives »Pscht!«, sodass sie erst einmal zu ihrem Schreibtisch zurückging, um aufzuarbeiten, was in den letzten Stunden liegen geblieben war.
Die Tage der Prüfungen nahten, es war eine anstrengende Zeit. Das College war ausgesprochen gut, was im Umkehrschluss bedeutete, dass von den Studenten sehr viel verlangt wurde. Zwischen Lernen und Freizeit bestand kein Unterschied mehr, irgendwie verschmolz gerade alles in ihrem Leben. Aber sie war gut, in einem halben Jahr würde sie an der Universität sein.
Im Prinzip gefiel ihr das neue Leben, das ihr durch ihr Stipendium ermöglicht worden war. Sie war nicht nur klug, sondern auch sehr ehrgeizig, und wenn sie etwas unbedingt wollte, tat sie alles, um ihr Ziel auch zu erreichen.
Nicht zuletzt war sie es auch Claudia schuldig, etwas aus ihrem Leben zu machen. Sie würde die Frau, die ihre Mutter war und alles für sie gegeben hatte, auf keinen Fall enttäuschen. Im Gegenteil, sie würde ihr beweisen, was aus der kleinen Pippi alles werden konnte.
Doch jetzt würde sie sich einige Minuten Pause gönnen. Sie war gerade vom Training gekommen, hatte geduscht und sich mit einem Frozen Yoghurt in der Hand rücklings auf das Bett in ihrem Studentenzimmer geworfen. Mit der Fernbedienung schaltete sie ihren Fernseher ein. Fox News. Der Sender stand zwar den Republikanern nahe, aber na gut. Sie legte die Fernbedienung auf die Seite und machte sich über den Joghurt her. Zuerst lief irgendein Quatsch über die sich nähernde Blizzardfront, dann die Börsennachrichten. Auch die interessierten sie eher wenig, sie hörte erst aufmerksam hin, als erwähnt wurde, dass auf einem Forum der Wall Street gerade der erfolgreichste Manager der USA gekürt worden war, der zur Überraschung aller nicht aus den Staaten stammte. Der Supermanager wurde in Großaufnahme gezeigt, dann begann ein längeres Interview, und anschließend würde noch eine kurze Dokumentation über ihn gesendet werden. Der dunkelhaarige Mann, der an den Schläfen schon etwas grau wurde, lächelte in die Kameras und gab bereitwillig, wenn auch fast ein wenig schüchtern Auskunft. Die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit schien ihm nicht zu behagen.
Als Franziska Büchler ihn genauer musterte, schien es ihr, als würde alles in ihrem Körper zu Eis erstarren. Die Finger ihrer linken Hand krampften sich um den Pappbecher, der Rest des Joghurts tropfte auf ihre Bluse, ohne dass sie es bemerkte. Sie hatte nur noch Augen für dieses Gesicht, das sich vor langer Zeit in ihr Gedächtnis gebrannt hatte. Für die Stimme, die sie nie vergessen hatte. Als sie wieder Herr ihrer Sinne war, sprang sie auf, krallte sich eine Videokassette, die eigentlich für Trainingsaufzeichnungen gedacht war, und schob sie in den Videorekorder. Als sie die Aufnahmetaste drückte, begann gerade die angekündigte Dokumentation über den Deutschen, der in hiesigen Finanzkreisen so weit gekommen war, dass er nun von den Besten der Besten geadelt wurde.
Bleich und zitternd setzte sich Franziska Büchler wieder auf ihr Bett, unfähig, sich auf den Beinen zu halten, geschweige denn auch nur einen einzigen logischen Gedanken zu fassen. Wie erstarrt ließ sie den Bericht über sich ergehen. Sie saß noch immer dort, als der Bericht schon längst vorbei und die Nachrichten beendet waren. Sie wusste, dass ihr Leben von nun an nicht mehr dasselbe sein würde. Das, was sie hatte vergessen wollen, hatte sie eingeholt. Wieder und wieder lief ein Film vor ihrem
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