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Drei Eichen (German Edition)

Drei Eichen (German Edition)

Titel: Drei Eichen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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die im Wind schwankten. Allerdings bemerkte er auch nicht, dass jemand hinter ihn getreten war und etwas Längliches, Schweres hoch über seinen Kopf erhoben hatte. So versank Elmar Ränkenschuh an diesem Pfingstsonntagnachmittag in eine plötzliche fremdverschuldete Ohnmacht und wusste nicht einmal, warum.
    Die Sache mit der Bad Rodacher Salzdillgurke hatte sich nach kurzer Diskussion von selbst erledigt. Der protestierende Redner war schlichtweg vom Saalmikrofon weggezerrt worden. Salzdillgurken, egal welcher Herkunft, waren als Wappenzubehör in Franken nicht mehrheitsfähig. Anschließend hatte es noch diverse Vorstöße für ein Substitut aus der Fauna gegeben, unter anderem waren der Flussregenpfeiffer, der Eichenprozessionsspinner sowie die fränkische Rostbratwurst ins Gespräch gebracht worden. Schlussendlich würgte Manfred Zöder die Diskussion unter Aufbietung seines geballten rednerischen Geschicks ab und lenkte das Augenmerk der Teilnehmer auf ein weiteres wichtiges Thema in der Hoffnung, dieses schnell und ohne Komplikationen abarbeiten zu können.
    »Ich habe hier einen Antrag unserer mainfränkischen Fraktion aus Würzburg vorliegen. Er lautet auf Änderung unseres Parteinamens, ich zitiere: Die heutige Versammlung möge beschließen, den bisherigen Parteinamen ›Frankenpartei‹ umzubenennen in einen neuen, kämpferischen, optimistischeren – nämlich: ›Partei Unabhängiges Freies Franken‹.«
    Aus der hinteren Saalecke halblinks brandete spontaner Beifall und Jubel auf. Offensichtlich saßen dort die Würzburger, die durch öffentliche Zustimmungsbekundungen den Erfolg ihres Vorschlages befördern wollten. Doch Zöder hatte ein verbal scharfes Messer zur Verfügung, mit dem er diesem fatalen Vorschlag den Lebensfaden durchschneiden würde.
    »Ein sehr guter Vorschlag, liebe Freunde aus Unterfranken«, lobte er erst einmal die Antragsteller, was in der dementsprechenden Saalecke zufriedene Gesichter hervorrief. Dann aber machte er ernst. »Allerdings möchte ich darauf aufmerksam machen, dass in der Politik Parteinamen in der Regel nur in ihrer abgekürzten Form gehandhabt werden. Somit würde der Vorschlag unserer Freunde aus Würzburg ›Partei Unabhängiges Freies Franken‹ abgekürzt PUFF , also Puff ausgesprochen werden. Ich denke, jeder hier im Saal wird mir zustimmen, dass das eine sehr unglückliche Formulierung ist.«
    Es gab gedämpftes Gelächter und in der mainfränkischen Saalecke betretene Gesichter. Als Manfred Zöder per Akklamation abstimmen ließ, wurde der Vorschlag mit siebenhundertvierundneunzig zu fünf abgeschmettert. Und dabei waren sogar noch dreizehn Abgeordnete bei der Abstimmung auf der Toilette gewesen. Manfred Zöder nutzte die gewonnene Zeit, um das heikelste Thema des Tages nahtlos an die so flüssig verlaufene Debatte über den Parteinamen anzufügen.
    »Liebe Freunde, wir kommen nun zu einem Thema, das in unserer Partei bisher schon mit großer Leidenschaft behandelt wurde: die zukünftige fränkische Landeshauptstadt.«
    Sofort gab es heftige Reaktionen, wild gestikulierende Teilnehmer warfen spontan und lauthals ihre Favoriten in den Ring. Die Vorschläge reichten von Bad Neustadt/Saale bis Weißenburg, von Bayreuth bis Coburg, aber auch Würzburg, Bamberg und Hof wurden da quer durch den Saal gebrüllt. Zöder hörte und schaute sich das eine Weile an, damit die Versammelten ein wenig Dampf ablassen konnten, dann läutete er demonstrativ energisch mit seiner großen Glocke. Es war ihm und hoffentlich jedem anderen vernünftig Denkenden hier im Saal sowieso klar, dass als Landeshauptstadt nur Nürnberg mit seiner beeindruckenden Größe und Geschichte in Frage kam. Das war so offensichtlich wie nur was. Außerdem war Nürnberg seine, Manfred Zöders, Geburtsstadt, wenn nötig würde er da in der Meinungsbildung etwas nachhelfen. Doch als gelernter Herrscher und Lenker des gemeinen Parteivolkes wusste er natürlich, dass er nicht so plump daherkommen und mit der Tür ins Haus fallen durfte. Mit so einem Verhalten würde er die restlichen fränkischen Landesteile nur gegen die Nürnberger aufbringen. Und dann hätte man mit Nürnberg ruck, zuck das gleiche Imageproblem in Franken wie die Bayern mit München.
    Also hatte Zöder ein Feigenblatt geboren, um mit dem größten Punkt aufzutrumpfen, den man als Politiker aufbieten konnte, mit Kompetenz. Da aber ein Politiker diese nur selten vorweisen konnte, wurde in solchen Fällen gern auf allseits anerkannte

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