Drei Eichen (German Edition)
hinterlassen. Sei froh, dass du keinem weiblichen Giftanschlag zum Opfer gefallen bist. So kann doch niemand auf Dauer leben. Irgendwann will man doch ein emotionales Zuhause und keinen Beziehungsfriedhof, der ständig Gräberreihen anbauen muss.«
Der Angesprochene war zusammengezuckt und schaute Haderlein entsetzt an. »So siehst du das also, Franz? Ich gebe zu, es waren wilde Zeiten und ich hatte manchmal Verbrennungen zweiten Grades an meinem besten Teil, aber die Verwendung von Beziehungsfriedhof finde ich jetzt doch stark übertrieben. Ich würde das Ganze eher philosophisch betrachten. Schon Nietzsche hat schließlich gesagt …« Lagerfeld versuchte einen Ausweg aus der unerquicklichen Diskussion zu finden, doch Haderlein machte da nicht mit.
»Mein Gott, Bernd. Fränkisches Bier macht jeden irgendwann zu einem Philosophen, vor allem nach der Menge, die du getrunken hast. Lass gut sein, auch Nietzsche ändert nichts an der Sachlage. Ich an deiner Stelle würde mal eine Pause einlegen und richtig ausschlafen. Zu unserem Fall kannst du heute ja eh keinen geraden Gedanken mehr fassen. Ich fahr dich jetzt heim, und morgen früh sieht die Welt schon wieder anders aus, mein Lieber. Mach dir mit Ute einen schönen Abend und haltet euch ein bisschen aneinander fest. Alles klar?« Zum Abschluss der Ansprache gab Haderlein Lagerfeld noch einen kleinen Schlag auf die Schulter, dann packte er ihn unter dem Arm, um ihm in den aufrechten Stand zu verhelfen. Das klappte überraschenderweise so gut, dass er Hoffnung hatte, Lagerfeld würde seinen Landrover ohne größere Verletzungen erreichen.
»Auf geht’s, du Philosophenpapa«, sagte Haderlein energisch und torkelte mit Lagerfeld zum Auto zurück. Ein kleines Ferkel trottete mit müdem, aber sehr zufriedenem Gesichtsausdruck nebenher. Aus Riemenschneiders Sicht hatte der Tag sehr unbefriedigend begonnen, aber absolut zufriedenstellend geendet. Sie konnte ihren Frieden mit ihm machen. Und das, was sie da von Herrchens jungem Kollegen vernommen hatte, entschuldigte doch vieles – also so aus weiblicher Schweineperspektive gesehen. Wenn dieser Jammerlappen nur wüsste, wie gut er es eigentlich hatte. Würde sie jemals trächtig werden, dann hätten sie und ihr Lebensabschnittsgefährte es mit bis zu zehn Jungferkeln zu tun. Lagerfeld bekam nur eins, was regte er sich also so auf?
Claudia Büchler kam mit ihrem Wagen am Eingang des Steinbruchs zum Stehen. Sofort trat ein dunkelhaariger Mann im nachlassenden Regen auf sie zu, um sie in Empfang zu nehmen. Noch bevor er den Renault erreichte, war sie schon ausgestiegen und hatte ihren gelben Friesennerz übergezogen. Sie wollte gerade ihre Pläne vom Rücksitz nehmen, als sie frustriert feststellen musste, dass dort gähnende Leere herrschte. Sie musste die Rollen im Büro vergessen haben, als sie die Regenjacke geholt hatte. Das durfte einfach nicht wahr sein, so ein verdammter Dreck!
»Sind Sie Frau Büchler?«, hörte sie hinter sich die Stimme des Mannes. Sie drehte sich um und versuchte entspannt und freundlich zu wirken, obwohl sie sich am liebsten rechts und links geohrfeigt hätte. Eine ganze Nacht und ein ganzer Tag Fleißarbeit waren erst einmal für die Katz. Na gut, dann musste sie eben das Beste daraus machen. Immerhin schien sich der Regenschauer langsam zu verziehen. Die ersten Sonnenstrahlen drangen schon wieder durch die Wolken.
»Die bin ich. Und Sie müssen Herr Groh vom Landratsamt sein?« Sie ergriff die Hand des Mannes und schüttelte sie. Herr Felix Groh war nicht besonders groß, eigentlich sogar etwas kleiner als sie, und hatte einen warmen, freundlichen Blick. Sein trainierter Körper steckte in einer schwarzen Jeans, gegen das Sauwetter trug er eine Lederjacke.
»Da liegen Sie richtig. Felix Groh. Zuerst einmal herzlich willkommen. Es tut mir leid, Sie bei dem Wetter so eigenmächtig herbestellt zu haben, aber mit dem Regen konnten wir nun wirklich nicht rechnen.« Er lachte entschuldigend, während er seinen Regenschirm zusammenfaltete. »Eigentlich sollte ich die Begehung ja allein machen, aber dann dachte ich mir, dass ein bisschen Sachverstand nicht schaden könnte, und habe Sie und noch ein paar weitere Gäste angerufen. Die anderen sind allerdings nur ahnungslose Politiker. Schön, dass es bei Ihnen so spontan geklappt hat.«
»Aber was ist mit den anderen Beteiligten?«, fragte Claudia Büchler und sah sich verdutzt um.
Groh hob entschuldigend die Schultern. »Keine Ahnung. Sie
Weitere Kostenlose Bücher