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Drei Frauen im R4

Drei Frauen im R4

Titel: Drei Frauen im R4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Weiner
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durfte, mit windschiefem Zelt und rostrotem R4, das war für mich in diesem Moment ein Segen.
    »Da kannst du dem lieben Gott mal danke sagen«, lächelte Wolfgang mir durchs Telefon zu.
    »Der lieben Göttin«, lächelte ich zurück. Wir lachten beide laut los. »Und was soll nun mit Fips geschehen? Hat dir das Sonja auch gesagt?«, griff ich den Faden wieder auf.
    »Na ja.« Ich konnte Wolfgang förmlich vor mir sehen, wie er auf dem Sofa lümmelte, das Telefon lässig am rechten Ohr. »Ich denke, du und ich, wir bekommen Familienzuwachs. Zu meinen Füßen steht bereits ein Körbchen, und das freut sich schon auf Fips.« Das war mein Wolfgang, und das war unser Leben!
    »Wenn wir ihn über all die Grenzen bringen. Ich gehe nämlich davon aus, dass Nele schon bald die Rucksäcke packen wird. Forli ist ihr nicht aus dem Kopf zu schlagen. Sie klammert sich regelrecht daran fest, und da es Gritli gar nicht gibt, wird der R4 schon bald wieder rollen.«
    »Du kennst sie doch«, machte mir Wolfgang bewusst. »Sie ist ein Dickschädel, und ihr Motto lautet: Ich führe dich sanft zu meinen Zielen!«
    »Stimmt«, lachte ich erleichtert los. »Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen. Ich danke dir«, fiel es mir dann aber doch noch ein, »dass du der bist, der du bist.«
    »Und ich danke dir«, meinte Wolfgang zärtlich, »dass du mir immer eine Neue bist!«
    Ich freute mich über alles, was geschah und was Wolfgang sagte. Seine Nähe und dass er mich hier ausfindig gemacht hatte, stimmte mich so glücklich, wie ich es in den letzten Jahren nicht mehr gewesen war.
    »Weißt du«, beichtete ich ins Telefon. »Ich habe mich so nach deiner Stimme gesehnt, und ich ging irgendwie davon aus, dass du mal Ruhe von mir wolltest. Ich bin ja manchmal ganz schön anstrengend … meine ich zu ahnen.«
    »Du bist eine wunderbare Frau, und ich habe die ganze Zeit mit dir gesprochen«, sagte er. »Hast du mich denn nicht gehört?«
    Die Erkenntnis traf mich wie ein Blitz. Nein, ich hatte ihn nicht gehört. Vor lauter inneren Monologen und Befürchtungen hatte ich Wolfgangs Morsezeichen nicht gehört. Zu sehr war ich mit meinem eigenen Geplapper beschäftigt gewesen. Ein Gezeter und Gerede, das mich nicht beruhigt, sondern durcheinandergebracht hatte und unter dem das verstummt war, nach dem ich doch so suchte.
    »Süße, ich war mit meinen Gedanken immer bei dir. Ich habe mich gefragt, wie es euch wohl geht. Und ich habe mich immer wieder aufs Neue gefreut, dass ihr diese Reise miteinander macht. Ist es denn schön, und wann wirst du zurückkommen zu mir und in dein altes Leben?«
    »Ich komme zu dir zurück, aber nicht mehr in mein altes Leben«, gestand ich Wolfgang mutig. Und in diesem Augenblick war ich Erich Kästners »Pünktchen«, mit dem ich mich so gern verglich. Sogar Urs merkte es, weil ich mit einem Mal so deutlich sprach. Seine Ohren wuchsen aus dem Kopf hinaus und stellten sich wie zwei Satellitenschüsseln in meine Richtung auf. Zu witzig, dachte ich, dass ausgerechnet der knöterige Urs aus Luzern nun als einer der Ersten mitbekommt, dass ich nach dem Urlaub in ein neues Leben starten werde.
    »Es gibt ein neues Leben. Ehrlich gesagt weiß ich noch gar nicht, wie das aussehen und wie es sich gestalten wird. Aber ich bin glücklich, ich bin überglücklich, dass ich es beginnen darf und dass du nun davon weißt.«
    »Aha, habt ihr das schon ausdiskutiert, am Ende noch bei einem Frauentee?«, wollte Wolfgang nun im Jargon der 80er wissen.
    »Nein, wir waren einfach nur zusammen. Und es ist mehr passiert, als dass wir nur über etwas gesprochen haben. Es war eine, es ist …«, berichtigte ich mich, »es ist eine wunderbare Zeit. Und ich bin gespannt, was das Leben mir noch bringt. Etwas schwingt, und ich fühle, dass ich mich verändert habe. Ein paar Tage sind wir ja noch unterwegs. Mal sehen, ob ich mich noch mehr erfahre.«
    Obwohl Wolfgang klug nachfragte, konnte ich ihm noch nicht erklären, was das Neue war, das ich zu Hause starten würde. Ich wusste es ja nicht mal selbst. Aber ich hatte auch die tiefe Gewissheit im Herzen, dass das jetzt noch gar nicht nötig war. Es würde sich vieles regeln und richten, wenn ich nur endlich dem Ruf meines Herzens folgen würde, auch wenn ich die einzelnen Silben noch nicht richtig verstand. Umbrüche brauchen Zeit. Was ich Wolfgang aber erzählen konnte, war von der Lektüre in meinem alten Tagebuch und von der alten Sehnsucht, die dadurch aufgeweckt worden war und die sich in mir

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