Drei Frauen und ein Braeutigam
nichts passiert.«
»Das kann ich nicht!«, jammere ich.
»Dann erzähl mir, was zum Teufel los ist.«
»Das kann ich auch nicht.« Ich lasse mich auf die unterste Stufe der breiten Treppe sinken und vergrabe meinen hochroten Kopf in den Händen.
»Hier kannst du nicht bleiben, Ollie«, sagt Dan Minuten später, als ich mich immer noch nicht bewege oder etwas sage. Die Leute, die vom Wohnzimmer hinüber zum Büffet gehen, werfen mir neugierige Blicke zu. Wahrscheinlich denken sie, ich sei betrunken. Schön wär s!
»Ich brauche was zu trinken«, verkünde ich, stehe plötzlich auf und dränge mich an ihm vorbei. Als ich auf die provisorische Bar im Wohnzimmer zusteuere, spüre ich, wie Dan mich unterhakt und mich mit eisernem Griff zu der dunklen Ecke führt, in der ich vor einer halben Stunde auf dem Sofa gehockt habe. Könnte ich doch nur die Zeit zurückdrehen. Dann wäre ich einfach hier geblieben und hätte mir eine Menge Ärger erspart. Er drückt mich auf eines der Sofas, ruft eine der umhergehenden Bedienungen und lässt sich zwei Gläser Champagner geben, die er mir beide in die Hand drückt. »Du bleibst hier«, befiehlt er.
Ich würde ihm gerne sagen, dass er sich seine Befehle sonst wohin stecken soll, doch ich habe weder die Energie noch den Mut. Deshalb tue ich wie mir befohlen und bleibe an Ort und Stelle, wobei ich abwechselnd an beiden Gläsern nippe.
Zwanzig Minuten später taucht er in Begleitung eines bleichen Stuart wieder auf. Er übersieht mich völlig und gesellt sich zu Grace und ihrer Mutter, die am anderen Ende des Raums auf der improvisierten Tanzfläche zu »Come on Eileen« tanzen.
Dan kommt zurück in meine Ecke und setzt sich neben mich. Er nimmt mir eines der halb vollen Gläser aus der Hand und leert es in einem Zug. »Du hast Glück«, sagt er und stellt das leere Glas neben seinen Füßen ab. »Es ist mir gelungen, Stuart davon zu überzeugen, dass du betrunken, deprimiert und verzweifelt bist und dass es für ihn das Gescheiteste ist, alles, was draußen in der Scheune vorgefallen ist, deiner Verrücktheit zuzuschreiben und zu vergessen.«
»Was für ein grooooßes Glück. Betrunken, deprimiert und verzweifelt, herzlichen Dank!«, entgegne ich mürrisch. »Da hätte ich ihm wohl besser die Wahrheit gesagt!«
»Und die wäre?«
»Die geht dich überhaupt nichts an«, antworte ich und sehe mich hoffnungsvoll nach weiteren dieser netten Damen um, die Alkohol austeilen. In gewisser Weise hat Dan Recht: Ich bin deprimiert, und jetzt sehne ich mich verzweifelt danach, betrunken zu sein.
»Fahren wir immer noch dieselbe Schiene, hm?«, spottet er. »Ich habe das Recht, den Mund zu halten, weil ich mich sonst selber belasten könnte...« Er streckt eine Hand nach mir aus, und ich zucke instinktiv zurück, weil ich vermute, dass er entweder die Wahrheit aus mir rausprügeln oder mir etwas Vernunft eintrichtern will, oder auch beides. Er macht keines von beidem, sondern streicht mir nur überraschend sanft mit der Hand über den Kopf, bis seine Fingerspitzen auf meiner Schläfe ruhen. Kopfschüttelnd sagt er mehr zu sich als zu mir: »Was geht da drin vor, Ollie? Ich wünschte wirklich, ich wüsste es...«
Plötzlich überkommt mich der unerklärliche Drang, alles zu gestehen. Doch glücklicherweise wird er von dem Auftauchen Tulas unterbrochen. Es ist das erste Mal in meinem Leben, dass ich mich freue, sie zu sehen, und das trotz der Tatsache, dass ich in ihren Augen gefrevelt habe, weil es so aussieht, als würde ich Dan lüstern mit Beschlag belegen. »Komm schon, Olivia«, gurrt sie und schwankt auf ihren turmhohen Absätzen vor dem Sofa. »Du kannst doch den bestaussehenden Mann im Zimmer nicht den ganzen Abend mit Beschlag belegen.«
»Ich fürchte, dass ich derjenige bin, der Ollie mit Beschlag belegt und nicht umgekehrt«, fällt Dan ihr ins Wort. Er lächelt Tula charmant, aber doch leicht unterkühlt zu, die entweder ein Problem mit ihren falschen Wimpern hat oder ihm auffällig zuzwinkert- »Wir müssen über ein paar.., äh, geschäftliche Dinge reden...«
»Also in diesem Fall muss ich Sie ganz entschieden auf die Tanzfläche holen, das hier ist schließlich eine Party- Geschäftliches sollte wirklich für irgendwelche Sitzungszimmer reserviert sein.«
»Es sei denn, es geht um ein intimes Geschäft, und dann ist man weit besser im Schlafzimmer aufgehoben, was, Tula?«, werfe ich säuerlich ein und kippe noch mehr Champagner.
Tula hört auf, Dan zuzuzwinkern-
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