Drei Frauen und ein Braeutigam
kennt.
»O Mann, eine AntiquiTate‘snsammlung«, spottet Tanya und stolziert, die perfekt nachgezogenen Lippen schmollend aufeinander gepresst, ins Zimmer. Sie wirft einen verächtlichen Seitenblick auf Grace, die einmal mehr die Kleider ihrer Großmutter aufzutragen scheint, Kragen bis zu den Augäpfeln, Rock bis zu den Füßen, die wiederum - o Schreck, o Graus - in der Art trauriger Cordpantoffeln stecken, die man einer vertrottelten, altjüngferlichen Tante zu Weihnachten schenken würde.
»Und Grace ist das Prunkstück.«
Tanya schnappt meine Hand und zerrt mich zurück in den Korridor. »Gott sei Dank sind wir nach unten gekommen. Ich wusste, dass sie allmählich entgleitet, aber das hier ist lächerlich. Wir müssen hart durchgreifen«, zischt sie, und ihre Flüsterstimme hört sich gefährlich laut an in der weiten Höhlung der Diele. »Wenn nicht, kommen wir in ein paar Jahren wieder hierher, und sie sitzen immer noch da, um einige Jahre gealtert, doch an Ort und Stelle und bedeckt von Spinnweben.«
Meiner Meinung nach ist Tanya etwas melodramatisch, aber ich weiß, was sie meint. Grace ist noch nicht einmal verheiratet, doch sie führt sich bereits wie das brave kleine Hausmütterchen in einem Roman von Dickens auf. Als Nächstes tritt sie dann den Landfrauen bei, statt in der Stadt lautstark einen draufzumachen.
»Wie wäre es, wenn ich vorschlage, dass wir etwas trinken gehen? Es muss doch eine Kneipe in der Nähe geben.«
»Das meinte ich zwar nicht mit hart durchgreifen, aber es ist sicher besser, als den ganzen Abend hier rumzusitzen und Grace zuzusehen, wie sie die Dame des Hauses spielt. Wenn wir ihr ein paar Gläser Wodka einflößen, belebt das vielleicht ihre vernebelten grauen Zellen wieder.«
Also zurück ins Wohnzimmer. Louis tanzt ein ganz eigenes Bachballett. Es ist ein komischer Anblick, ein bisschen wie Julian Clary, der auf dem Set eines BBC-Kostümdramas seine Pirouetten dreht. Nach einem Plié quer durch das Zimmer lässt er sich auf einen Queen-Anne-Stuhl plumpsen und verdreht die Augen.
»Für morgen Abend haben wir eine kleine Party geplant«, eröffnet Grace, als wir uns setzen.
Ich ertappe Tanny und Louis, die sich heimlich Blicke zuwerfen und dabei erneut die Augen verdrehen. »Käsespieße und als Untermalung musikalische AntiquiTate‘sn«, höre ich Louis Tanya einen Tick zu laut zuflüstern.
»Meine Mutter kommt auch.«
Bei diesen Worten werden Tan und Louis hellhörig. Grace‘ Mutter Tula ist blond, laut, leutselig und verschlingt Männer. Ich habe eine Heidenangst vor ihr.
Das letzte Mal habe ich sie bei einer unserer Anproben von Brautjungfernkleidern getroffen; sie kam auf dem Soziussitz einer Harley Davidson angeröhrt, die von ihrem dritten Ehemann Sylvester gesteuert wurde. Ihm gehört eine Reihe von Wettbüros, und er zieht sich an wie ein Gangster aus den Siebzigern, mit knallbunt gestreiften Hemden aus der hippen Jermyn Street. Zweifelsohne werden sie und Tanya sich den ganzen Abend über schrecklich benehmen, während Sylvester nach ein paar Bierchen versuchen wird, alles anzulabern, was atmet, mich, Louis und wahrscheinlich auch den Cockerspaniel eingeschlossen, der gerade auf dem Teppich vor dem Kamin schnarcht.
Ich will nach Hause. Das Grammophon hat ausgerauscht. In einer Ecke tickt eine Standuhr schwerfällig vor sich hin. Ich weiß nicht warum, aber das Ticken einer Uhr in einem stillen Raum war mir schon immer verhasst. Es ist genauso lästig wie ein tropfender Wasserhahn, und gleichzeitig unglaublich traurig. Aus irgendeinem Grund muss ich dabei an Einsamkeit denken.
Eine erschreckende Vorstellung: Grace, die allein mit Stuart in diesem großen alten Haus festsitzt. Das Ganze hat etwas Bedrückendes. Wenn es zu fünft hier unerträglich voll ist, stellen Sie sich nur einmal vor, wie es mit den beiden allein wäre. Trotz der Tatsache, dass das Zimmer groß genug ist, um einen kleinen Nachtclub darin unterzubringen, kann ich beinahe spüren, wie sich die Wände um uns zusammenziehen. Das Ticken der Uhr wird mit jedem Schlag lauter. Wir brauchen etwas, um die Stimmung aufzulockern. Ich sehe mich auf der Suche nach einem Fernseher oder einer Stereoanlage um, doch es gibt nichts außer dem Plattenspieler, unter dem sich ein staubiger Stapel alter Schellackplatten befindet. Ich kann mir nicht vorstellen, dass The Prodigy jemals etwas gemacht haben, das man mit 45 UpM spielen kann.
Tanya und Louis sind unnatürlich ruhig. Sie sitzen still und
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