Drei Frauen und ein Braeutigam
verschlafen«, verkündet Tanya. »Dann müssen wir nur noch die Party am Abend durchstehen und das sonntägliche Familienmahl, und dann können wir nach Hause fahren.«
»Oooh, die Party«, nuschelt Louis im Rausch. »Bin ja soooo aufgeregt.«
»O ja, ich sehe es schon vor mir«, sagt Tanya nickend. »Im Hintergrund säuselt der langweiligste Mahler aller Zeiten, dazu gibt es trockene Cocktailwürstchen und eine warme Flasche Liebfrauenmilch mit sieben Strohhalmen. Gerade kommt mir ein schrecklicher Gedanke.« Sie legt melodramatisch eine Hand auf die Stirn. »Was um Himmels willen soll ich nur anziehen!«, ruft sie sarkastisch.
»Du könntest dir meine scharfen, pink Hotpants leihen, Schätzchen«, antwortet Louis. Sie kugeln über die Bank und grunzen vor Lachen. Die Flasche Wodka, die sie inzwischen fast ausgetrunken haben, scheint ihren Tribut zu fordern.
»Nein«, schnaubt sie, »es hilft alles nichts, ich werde morgen in die Stadt fahren und mir was Neues kaufen müssen. Wie wäre es mit einem Jagdanzug? Oder einem Twinset aus Tweed und grünen Gummistiefeln?«
»Und ein Jägerhut«, grölt Louis. »Vergiss den Jägerhut nicht.«
Am nächsten Abend kommen Louis, Tanya und ich in Jeans die Treppe herunter. In Sachen Schminken haben wir es mit einem Hauch Lippenstift gut sein lassen - abgesehen von Louis natürlich, der wie üblich seine blaue Wimperntusche trägt. Es stellt sich heraus, dass im Haus mehr Designerklamotten und mehr Leute sind als auf der Pariser Modewoche.
Anstelle der kleinen Familienfeier mit warmem Wein und Salzstangen ist eine erstklassige Party in vollem Gange. Mindestens einhundert Gäste feiern bereits fröhlich, und weitere kommen in einem steten Strom durch die offenen Eingangstüren.
Das Wohnzimmer ist zur Disco umfunktioniert worden, in der ein richtiger DJ mit Lautsprechern, neben denen ein Elefantenhintern klein wirkt, und Lasern, die im Rhythmus des Beats aufblitzen, gerade den neuesten Upbeat-Funk von Limp Bizkit auflegt. In einer anderen Ecke des Raumes befindet sich die provisorische Bar, die mit zwei extra angeworbenen Barmännern besetzt ist, die lächerliche Fliegen zum Anstecken tragen. Auf der anderen Seite der weiten Eingangshalle liegt das Esszimmer, in dem das reichlich beeindruckende Büffet aufgebaut wurde. Frauen aus dem Dorf in schwarzen Röcken und ordentlichen weißen Blusen eilen zwischen den Gästen umher und verteilen Champagnerkelche. Tanya erreicht das Zwischengeschoss der Flügeltreppe, die von dem umlaufenden Treppenabsatz hinunterführt, kreischt vor Schreck, macht auf dem Absatz kehrt und hastet die Stufen hinauf, dicht gefolgt von Louis und mir.
»Wann sind bloß all die Leute gekommen?«, jammert Tanya, sprintet über den langen Korridor zu ihrem Zimmer und verschwindet prompt im Bad, um sich die Haare zu waschen. »Ich weiß, dass ich den größten Teil des Tages bewusstlos war, aber wie konnte mir das nur entgehen? Also wirklich, Grace kann sich auf etwas gefasst machen. Uns nicht zu verraten, dass sie eine richtige, echte Party organisiert hat! Wenn man sie gestern hat reden hören, musste man doch meinen, heute kommen lange verlorene Onkel und Tanten, und der Höhepunkt des Abends ist die Reise nach Jerusalem!«
Während Tanya sich unter die Dusche wirft, kehre ich in mein Zimmer zurück, um mich umzuziehen. Mein obligatorisches kleines Schwarzes wird dankend aus seiner Plastikhülle befreit und zum Lüften auf dem Bett gelassen, während ich mich sorgfältig für die Party schminke. Ich muss dieses Kleid in den drei Jahren, die ich es jetzt besitze, ungefähr einhundert Mal getragen haben. Es ist ganz im Stil einer Audrey Hepburn gehalten, der Gott sei Dank ziemlich zeitlos ist. Und ich neige dazu, die Tatsache zu ignorieren, dass meine Freunde mich so ziemlich bei jedem offiziellen Anlass darin gesehen haben, bei dem wir waren. Einmal kurz die Haare durchbürsten und ein bisschen Make-up auftragen reicht mir völlig. Doch ich weiß aus Erfahrung, dass ich eine Weile auf Tanya werde warten müssen.
Als wir so weit sind, tänzelt Louis ins Zimmer, um zu fragen, ob wir bereit sind, ihn nach unten zu begleiten. Er sieht einfach umwerfend aus in dem wie angegossen sitzenden weinroten Jackett aus zerknautschtem Samt und einer knallengen Boot-Cut-Hose in Purpurrot. Das Tüpfelchen auf dem i sind die nackte, gebräunte Brust, Tanyas pinkfarbene Schlangenlederstiefel und mehr Make-up im Gesicht als bei mir. »Wie sehe ich aus?«, fragt er und
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