Drei Frauen und ein Braeutigam
dreht sich um die eigene Achse.
»Hinreißend«, erklärt Tanya und haucht ihm einen Kuss auf die Wange.
»Zu hinreißend«, ergänze ich, weil ich bereits an Grace‘ Reaktion denke, jetzt, da sie konservativer als Maggie Thatcher geworden ist.
»Sag mir bloß nicht, ich soll mich umziehen, Ollie«, schmollt Louis. »Ich bin, wie ich bin, und wenn es Stuffy Stuart nicht gefällt, dann soll er verschwinden und seinen Kopf in den Auspuff eines seiner Traktoren stecken.«
Sobald wir wieder unten sind, macht Tanya sich auf die Jagd nach Grace, um sie auszuzanken. Sie ist mit ihrer Mutter Tula im Wohnzimmer. Tula ist sechzig, wasserstoffblond und runzlig, aber auf eine seltsame Art immer noch attraktiv. Heute Abend trägt sie ein grelloranges Minikleid aus ausgefranstem Wildleder, dazu spitze Cowboystiefel, Ohrringe, die einen spontan an die Raumstation Mir denken lassen, und mehr Make-up als Louis. Sie sieht aus, als wäre ihr Geschmack in einer Zeitschleife aus den Sechzigern stecken geblieben.
»Ich wusste gar nicht, dass es ein Kostümfest ist«, murmelt Louis und sieht sie mit hochgezogenen Brauen an.
»Ich finde, sie sieht fabelhaft aus!«, haucht Tanya aufgeregt, weil sie die Nacht mit jemandem durchfeiern kann, der eines ihrer großen Vorbilder war, seit sie sich zum ersten Mal getroffen haben.
Auch Tula ist dabei, Grace zu schelten, weil sie eine Überraschungsparty veranstaltet. »Typisch für dich, Kindchen. Du bist der einzige Mensch, den ich kenne, der drei Wochen vor der eigentlichen Hochzeit eine Verlobungsparty macht.«
»Na ja, eigentlich wollten wir gar keine machen. Dann dachten wir uns, was solls, die Chance dazu hat man nur einmal im Leben, und wenn wir es jetzt nicht machen, ist es zu spät.«
»Ihre Verlobungsparty«, zische ich Louis überrascht zu.
»Das hättest du uns aber vorher sagen können«, jammert Tula weiter - ihr Lieblingszeitvertreib. »Dann hätten wir dir auch ein Geschenk gekauft.«
»Genau. Ein Küchengerät«, fügt Tanya grausam hinzu.
»Wo ist mein zukünftiger Schwiegersohn?«, erkundigt sich Tula nun mit lauter, gingetränkter Stimme.
»Versteckt sich wahrscheinlich vor ihr«, flüstere ich Louis zu.
»Versteckt sich wahrscheinlich vor allen«, stimmt Louis zu. »Er mag nämlich keine Partys, wie du weißt. Ich wette, er ist draußen bei seiner blöden Belle und poliert ihr Blech.«
Doch wir haben uns beide getäuscht. Wir sehen alle erstaunt auf, als Tula zwei Minuten später einen entzückten Schrei ausstößt, weil sie Stuart entdeckt hat, der sich einen Weg durch die Menschenmenge zu uns herüber bahnt. Er kommt nur langsam voran, da er ständig Neuankömmlinge begrüßt. »Ah, da ist er ja! Da ist der Bräutigam!«
Die Überraschung, die wir alle empfinden, kommt jedoch nicht daher, dass Stuart wirklich aufgetaucht ist - ich meine, das hier ist schließlich sein Haus und er kann seine Pflichten als Gastgeber schlecht vernachlässigen -, sondern daher, dass Stuart gut aussieht.
Nicht nur gut, sondern wirklich gut. Er trägt einen niegelnagelneuen Armani-Anzug und ein maßgeschneidertes Hemd ohne Krawatte; der Kragen ist einfach nur auf extrem attraktive und lässige Weise aufgeknöpft. Er war offensichtlich in der Stadt, um sich die Haare schneiden zu lassen, und der radikal kurze George-Clooney-Look ist erstaunlich schmeichelhaft.
»Ah, da kommt mein Mann«, gurrt Grace zärtlich. »Sieht er nicht toll aus?«
Ausnahmsweise gelingt es uns, mit Grace einer Meinung über Stuart zu sein, ohne das Blaue vom Himmel lügen zu müssen.
»Geiler Anzug«, haucht Louis und trabt sofort zu Stuart hinüber, um ihn zu Geschäft und Preis zu befragen.
»Wann hat er sich die Haare schneiden lassen?«, frage ich Grace.
»Während ihr alle euren Rausch ausgeschlafen habt. Ich verstehe wirklich nicht, wie ihr bei so schönem Wetter den ganzen Tag im Bett verbringen konntet.«
»Soll das heißen, es ist dir gelungen, ihn von seiner Bedford Belle wegzulocken?«, zieht Louis sie auf.
»Ich musste ihn nirgends hinlocken«, entgegnet Grace. »Er ist freiwillig gegangen. Den Anzug hat er sich sogar gekauft, ohne mir etwas zu sagen! Ich glaube fast, er will jemanden damit beeindrucken; wenn er mir nicht versprochen hätte, mich in drei Wochen zu heiraten, würde ich anfangen, mir Sorgen zu machen!«
»Wirklich?«
»Nein, war nur ein Witz.« Sie lacht fröhlich. »Ich glaube, er wollte nur vor euch Modegeiern bestehen.«
»Ach ja? Er sieht nicht wie jemand aus, der etwas
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