Drei Frauen und ein Braeutigam
latschen, der zu den Schlafzimmern führt. »Stell dir vor, du müsstest das alles selber sauber halten.«
»Ich hoffe, er hat einen Butler«, entfährt es Tanya. »Bis zur Küche sind es mehrere Kilometer! Wer bringt mir denn da meinen Morgentee?«
»Falls er einen Butler hätte«, knurrt Grace gutmütig, »würden wir dann dein Gepäck nach oben schleppen?«
»Die Antwort lautet nein«, füge ich hinzu, als mich Tanya hoffnungsvoll ansieht. »Ich werde dich morgen früh nicht mit einem strahlenden Lächeln wecken und dir eine Tasse Earl Grey vorsetzen.«
Mein Zimmer scheint der Zeitschrift Country Living entsprungen zu sein. Ich glaube, ich bin im georgianischen Teil des Hauses untergebracht. Vor den zwei Sprossenfenstern erstrecken sich die formalen Gartenanlagen, und dahinter reichen Stuarts Ländereien bis zum Horizont.
Ein wunderschönes Anwesen. Hinter der Gartenanlage liegt ein großer See, auf dem ich einen einsamen Schwan langsam zwischen Seerosenblättern und Schilf hin und her schwimmen sehen kann, als wäre das Ganze glücklich zu einem Monet-Gemälde komponiert worden. Hinter dem See erstrecken sich Felder und sanft gewellte Hügel bis zum Horizont, wo noch mehr Pferde galoppieren und schwarzweißes Fleckvieh grast.
Innen sind die Wände holzvertäfelt, die Möbel aus alter Eiche, und die Bettwäsche kitschig, aber hübsch. Alles, was mir jetzt noch zu meinem Glück fehlt, ist der Efeu vor meinem Fenster, damit ein angemessen gut aussehender Held heraufklettern kann.
Ich brauche genau vier Minuten zum Auspacken. Aus der Anzahl Gepäckstücke, die Tanya mitgenommen hat, schließe ich, dass sie ein kleines bisschen länger brauchen wird als ich. Also begebe ich mich mit einer Zeitschrift, die ich im Zimmer gefunden habe, in das gemeinsame Bad, das zwischen unseren Zimmern liegt. Tanya platzt, den Arm voller Toilettenartikel, von ihrer Seite herein, als ich mich gerade auf der Toilette niedergelassen habe, um anschließend in der Badewanne zu lesen.
»Raus!«, brülle ich und versuche, die Tür mit den Zehenspitzen zuzustoßen.
»Ich habe dich auf einem italienischen Klo spucken sehen, ein Teil davon hing sogar in deinen Haaren. Ich glaube kaum, dass es noch peinlicher für dich sein kann, wenn ich dich jetzt hier auf dem Pott ertappe«, erklärt Tanya sachlich, zieht sich aber dennoch zurück.
Zwanzig Minuten später hieve ich mich aus der Wanne, wickle ein Handtuch um mich und betrete Tanyas Zimmer. Sie ist immer noch beim Auspacken.
Ich habe zwei Paar Jeans, drei T-Shirts, einen Pulli sowie das obligatorische kleine Schwarze und die Lederriemen mitgebracht, die vorgeben, elegante Schuhe zu sein, nur für den Fall. Für welchen Fall weiß ich auch nicht genau. Ich habe so ein Gefühl, dass der Höhepunkt dieses Wochenendes die Heimreise wird. Tanyas einziges Zugeständnis in Sachen Freizeitkleidung besteht in einer Earl-Jeans, die ich längst stibitzt hätte, wenn ich bloß mein Vierziger-Hinterteil in ihre Sechsunddreißiger-Grenzen quetschen könnte, und in einem rückenfreien Top, auf dem man bei näherem Hinsehen einen Fleck Ketschup entdeckt. Der stammt von einem nächtlichen Apres-Club-Burgerfressen, fällt aber in der Mondrian-mäßigen Farborgie kaum auf.
Als sie schließlich fertig ausgepackt hat, muss ich noch einmal zehn Minuten warten, während sie duscht, und weitere zwanzig, während sie sorgfältig ihr schulterlanges Haar zu einem Jennifer-Aniston-Bob föhnt, das zur Zeit in einem aparten Setterrot gefärbt ist. Dann braucht Tanya eine halbe Stunde, um sich zwischen einem Kricket-Pullover und einem entzückenden Blazer aus pinkfarbenem Samt zu entscheiden, der zwar ganz Stephen Fry ist, sich aber leider schrecklich mit ihrer Haarfarbe beißt. Schließlich wählt sie doch den Blazer und eine schwarze Hose, während ich mir nur einen sauberen Pulli überziehe. Dann gehen wir nach unten zu unseren Gastgebern.
Grace und Stuart sind im Wohnzimmer. Sie sitzen zu beiden Seiten eines knisternden offenen Feuers. Beethovens »Für Elise« erklingt aus einem alten Grammophon, das im Hintergrund steht. Stuart liest die Zeitschrift Country Life . Ich rechne beinahe damit, dass Grace häkelt, stickt oder etwas Ähnliches macht, aber zu meiner Erleichterung blättert sie in der Vogue von letztem Monat. Beethoven verhallt rauschend und Bachs drittes Brandenburgisches Konzert plärrt aus einem riesigen Trichter, den man normalerweise nur mit davor sitzendem Terrier von alten Schellackplatten
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