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Drei Frauen und ein Braeutigam

Drei Frauen und ein Braeutigam

Titel: Drei Frauen und ein Braeutigam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
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aufrecht da, die Hände im Schoß wie Kinder in einem strengen Klassenzimmer. Beide sehen entschieden unglücklich aus. Sie werden erst wieder hellhörig, als Stuart nach einem Wink mit dem Zaunpfahl meinerseits vorschlägt, etwas trinken zu gehen, und verschwinden nach oben, um sich umzuziehen. Nach einer Dreiviertelstunde sind sie immer noch nicht fertig. Also beschließen wir, schon mal vorzugehen, und rufen ihnen über die hallende Treppe zu, dass sie in die Dorfkneipe nachkommen sollen, sobald sie endlich bereit sind.
    Eine halbe Stunde später trippelt Louis in einer glitzernden, blau-silbernen Boot-Cut-Hose durch die Tür des örtlichen Pubs. Ich bin mir sicher, dass ich die vor einigen Wochen im Schaufenster von Kookai gesehen habe. Außerdem trägt er eines meiner superknappen T-Shirts mit einer großen blauen Blume auf der Brust. Hier ist allerdings niemandem bewusst, dass es sich dabei um eines seiner gemäßigteren Outfits handelt. Stuart sieht auf und verschluckt sich fast an seinem Bier.
    Tanya trägt ein heißes Kleidchen in Pink von Moschino, das im West End großartig aussehen würde, hier drin aber den Eindruck erweckt, sie wäre direkt aus dem zweifelhafteren Teil von Soho zu uns gestoßen. Sie betrachtet die niedrige Balkendecke, von der Leder- und Messingteile so manchen Zugpferdes baumeln, die ältlichen Dorfbewohner, die über ihr Pint gebeugt dahocken, und die alte Standuhr, die still in einer Ecke vor sich hin tickt. In stummer Verzweiflung sieht sie mich an und verdreht die Augen. Tanya stellt sich unter einem richtigen Nachtlokal etwas vor, das von Männern überquillt. Vorzugsweise von solchen zwischen Zwanzig und Fünfzig mit Goldcard von Am-Ex, goldenen Uhren, sich ausbeulenden Brieftaschen oder sich ausheulenden Hosenställen. Sie stakst auf Zehn-Zentimeter-Absätzen über den Flickenteppich. Ihr Mund bleibt sperrangelweit offen stehen, als sie Grace mit einem Bierglas sieht.
    »Mädchen mit Biergläsern werden von Männern nicht angemacht«, posaunt Tanya und sieht Grace so abgrundtief entsetzt an, dass ich fast damit rechne, sie gibt ihr einen Klaps auf die Hand, als wolle sie ein unartiges Kind tadeln. Ich muss gestehen, dass auch ich leicht schockiert war, meine vornehme Miss Perfect bei dem Versuch zu erleben, ein Pint vom besten Bitter wegzupumpen. Ich bin erleichtert, als sie nach einer halben Stunde mit angewidert verzogenem Mund vom Bier ablässt und sich einem großen Gin Tonic zuwendet.
    Tanya und Louis sehen sich entsetzt an, murmeln etwas von Zeitschleifen, bestellen eine Flasche Wodka und ziehen sich in eine Ecke zurück - nicht, um zu trinken, bis sie jenseits von Gut und Böse sind, denn da sind sie ihrer Meinung nach gerade, sondern um sich von dort zu befreien.
    Ich versuche, mich mit Stuart zu unterhalten, da ich ganz vergessen hatte, welch harte Arbeit das ist. Zu meiner Überraschung ist er jedoch richtig geschwätzig: Zugegeben, er redet von Traktoren, Pferden, Fruchtwechsel und Textilerzeugung, doch wenigstens bemüht er sich. Auf heimischem Terrain fühlt er sich anscheinend sicherer. Entspannter und bereit dazu, sich uns zu öffnen. Kurze Zeit später entschuldige ich mich sogar für die Vorkommnisse in Rom. Ich erinnere mich nur zu gut an seinen besorgten und vorwurfsvollen Blick bei der Landung.
    Überrascht stelle ich fest, dass ich plötzlich ein schlechtes Gewissen habe.
    »Na, es ist uns ja gelungen, euch zu retten, also ist noch mal alles gut gegangen«, lautet seine großmütige Antwort, die er prompt ruiniert, indem er hinzufügt: »Dan sei Dank.«
    Dan sei Dank. Das musste er ja betonen, nicht wahr?
    Als er sich dann des Langen und Breiten darüber auszulassen beginnt, was für ein guter Kerl Dan doch ist, beschließe ich, dass es an der Zeit ist, mich zu Tanya und Louis und ihrer kleinen Wodka-Idylle zu gesellen. Ich habe Glück, ein Dorfbewohner in Barbour-Jacke verwickelt Stuart in ein Gespräch über Grenzstreitigkeiten. Ich schaffe es, in die glückliche Ecke zu entwischen, wo Tanya und Louis sich wie verdurstende Dingos in der Wüste voll laufen lassen. Sie lachen teuflisch, was ihnen missbilligende Blicke der biedereren Pub-Besucher einbringt. Der Grund für den Stimmungsaufschwung ist der, dass sie sich bereits halb durch die Flasche gearbeitet haben. Sie kippen Glas um Glas von Russlands Bestem - und Stärkstem als sei es Mineralwasser.
    »Wir haben uns vorgenommen, uns so hemmungslos voll laufen zu lassen, dass wir morgen den ganzen Tag

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