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Drei Frauen und los: Roman (German Edition)

Drei Frauen und los: Roman (German Edition)

Titel: Drei Frauen und los: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delia Ephron
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hat: »… heiß?« Sich wiegend und mit den Fingern schnippend, improvisiert sie eine Art Salsa-Schritt.
    Der Löwe brüllt.
    Rita lacht. »Immer mit der Ruhe, Marcel.«
    Sie greift nach einem dicken Seil, legt es sich in lockeren Schlaufen um den Hals wie eine lange Perlenkette und holt dann zwei Päckchen rohe Hamburger aus ihrer Handtasche.
    Sie reißt die Umhüllung ab und schiebt die Hackfleischscheiben zwischen die Käfigstangen. Marcel verschlingt acht Stück auf einmal.
    Sie probiert verschiedene Schlüssel an Tims Schlüsselbund, ehe sie den richtigen findet. Als Marcel fertig gefressen hat und sich die Lippen leckt, wendet er den Kopf und beobachtet, wie Rita einen Schlüssel umdreht, das Schloss heraushebt und vorsichtig die Käfigtür aufschiebt.
    Sie holt tief Luft, atmet laut aus und klopft sich auf die Brust – um Herz und Verstand darauf vorzubereiten, dass sie gleich die Höhle des Löwen betreten wird. Dann steigt sie hinein.
    Die Tür schlägt hinter ihr zu. Sie zuckt zusammen, aber der Löwe bleibt ungerührt und ruhig.
    Sie wickelt sich das Seil vom Hals und nähert sich ihm. Als sie nah genug ist, um die Hand auszustrecken und ihn zu berühren, senkt sie den Kopf und lässt ihn an der Hand schnüffeln. Sie widersteht dem Wunsch, die Hände in seine Mähne zu schieben und sie durchzuwuscheln. »Marcel«, sagt sie, »du musst an die Sonne.«
    Sie schlingt ihm das Seil um den Hals. Marcel lässt es zu, er hält still, während sie es verknotet.
    Sie zieht am Seil. Marcel bleibt sitzen. Es ist nicht erkennbar, ob er den Käfig wirklich verlassen will.
    Sie zerrt. Und zerrt noch einmal.
    Marcel erhebt sich, und Rita führt ihn aus dem Käfig. Sie gehen auf die Vordertür zu, wobei sie immer wieder an Stühle stoßen. Ab und zu bewegt sich Marcels Schwanz und wischt über die Tischplatten.
    Rita späht nach draußen. Es ist niemand in der Nähe.
    »Ich habe lang darüber nachgedacht, Marcel. Wenn etwas passiert, wenn du da draußen an der frischen Luft Amok läufst, dann ist das immer noch besser, als wenn du dein ganzes Leben in einem Käfig zubringst.«
    Sie zerrt Marcel nach draußen.
    Sie geht mit ihm auf dem Parkplatz spazieren wie mit einem Hund, obwohl er ein Löwe ist. Gelegentlich bleibt er stehen, um an einem Grasbüschel zu schnuppern, aber meistens geht er weiter, bleibt an ihrer Seite. Sie wandern einmal im Kreis, noch einmal im Kreis, und dann denkt sich Rita: Warum nicht? Jetzt sind wir schon so weit gekommen. Sie überqueren die Straße und gehen hinüber auf die Wiese.
    Oben auf dem Hügel setzt sich Rita hin. Das feuchte, spitze Gras pikt an ihren Beinen. Marcel lässt sich neben ihr nieder. Er legt sich flach auf den Bauch, die langen Beine nach vorn und hinten ausgestreckt.
    Dort bleiben sie und genießen die Morgendämmerung. Der dunkle Himmel hat ein durchscheinendes Grau angenommen. Bald verblasst es und wird heller. Hügelketten, wogendes Gras und in der Ferne eine Reihe hoher Kiefern, die allmählich Farbe annehmen und zum Leben erwachen.
    Rita und der Löwe bleiben, bis die Sonne hoch genug steht, um golden die Bäume zu bescheinen und die Wiesen zu erleuchten, die mit lilafarbenen und gelben Wildblumen übersät sind.

22
    Langsam fährt Lana im Polizeiwagen die Landstraße entlang. Als sie Rita mit dem Löwen auf dem Hügel sitzen sieht, verrenkt sie sich beinahe den Hals. Sie fährt an den Straßenrand, steigt aus und blickt hinter sich.
    Zwei kleine Gestalten am Horizont, aber sie sind unverwechselbar.
    Es ist äußerst ungewöhnlich, dass man zweimal innerhalb von kurzer Zeit eine Eingebung hat. Sobald Lana Rita und Marcel erblickt, wird ihr klar, dass sie vielleicht doch nicht ihr ganzes Leben in Fairville verbringen muss. Sie hat eine Idee. Vielleicht ist es dieses »Heureka!« – die Erkenntnis, dass es doch noch einen Ausweg gibt –, was sie so wachrüttelt, dass sie sich Tuckers Wagen genauer ansieht. Der goldene Streifen auf der weißen Tür, in dem in dicken schwarzen Lettern POLIZEI steht, führt ihr vor Augen, dass sie eine echte Straftat begangen hat. Sie hat ein Polizeiauto gestohlen.
    Das Quaken aus dem Funkgerät, das sie bisher so aufregend fand, klingt auf einmal beunruhigend. Obwohl das »Hauptquartier« nicht versucht, Tucker zu erreichen, hört sie die Mitteilung an einen anderen Beamten, er solle zur Grundschule kommen, weil dort ein Fenster eingeschlagen sei. Jemand müsse das überprüfen. Das ist Wirklichkeit, wird ihr auf einmal klar. Nicht,

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