Drei Frauen und los: Roman (German Edition)
lediglich.
»Haha, ich bin drin, und du bist draußen«, sagt Lana. Dann, als ihr klar wird, dass sie es falsch gesagt hat: »Ich meine, ich bin draußen, du bist drin.«
Ruhe tritt ein. Lana ist jetzt genauso still wie der Löwe.
Eine fette Fliege, die sich in das Lokal verirrt hat, summt um Marcel herum. Er nimmt gar keine Notiz von ihr.
»Ich bin vom College geflogen«, sagt Lana.
Marcel hustet nur. Es hört sich an wie bei einer Katze, die versucht, einen Haarball loszuwerden. Lana nimmt das als Zeichen, dass sie noch mehr sagen soll.
»Ich werde zu oft wütend. Ich glaube, ich mag das. Mir gefällt das Gefühl.«
»Ich hatte ein Stipendium und habe mich jeden Abend volllaufen lassen und habe tagsüber in den Kursen geschlafen. Meinen Vater habe ich deswegen angelogen. Und dann habe ich etwas Oberpeinliches getan. Ich weiß nicht, was es ist. Ich werde es nie wissen. Ich werde es nie, nie herausfinden, und jeden Tag stelle ich mir etwas anderes vor, etwas anderes Schreckliches, das es gewesen sein könnte. Ich muss damit aufhören. Hilf mir, das loszuwerden. Hilf mir, es endgültig hinter mir zu lassen.«
»Ich habe meinen Vater bestohlen.«
Sie sagt es lauter: »Ich habe meinen Vater bestohlen.«
Marcel streckt sich auf dem Bauch aus, sieht sie an und legt den Kopf auf die Pfoten. Seine Augen sind freundlich, denkt sie, und verständnisvoll.
37
Es ist üblich, Polizisten an andere Städte auszuleihen, wenn es dort dringenden Bedarf gibt. Tucker wurde an seinem ersten Nachmittag zurück im Dienst für mehrere Tage nach Johnston geschickt und dann nach Rutherford, an die westliche Staatsgrenze, um während der Landwirtschaftsausstellung den Verkehr zu regeln. Dort teilt er sich ein Zimmer mit einem Polizisten, der in Rutherford zu Hause ist. Die Arbeit ist langweilig, aber er kann eine Menge Überstunden aufschreiben. Mehr als eineinhalb Wochen vergehen, bis er wieder an seinem Schreibtisch in Fairville sitzt und nach Lana Byrne suchen kann. Eines Nachts, als er der einzige Diensthabende in Fairville ist, tippt er ihren Namen in den Computer, zusammen mit der Anweisung: »Offene Haftbefehle, Maryland.«
Kein Treffer.
In der Annahme, dass die Leute, die die Namen der Gesuchten eingeben, oft Tippfehler machen, jagt er ihren Namen kreuz und quer durch die Datei. Nachdem er ihn richtig geschrieben hat, macht er bewusste Fehler – Lynn Burn, Lana Burn und so weiter. Es gibt zwei Linda Burns, eine davon wird wegen eines Banküberfalls gesucht, aber er sieht schon aus der Beschreibung und den Fotos, dass sie keine davon sein kann.
Er lässt ihr Autokennzeichen über das System laufen. Ebenfalls kein Treffer.
Allmählich wird er müde. Was würde ihn jetzt wach machen? Ein Bier, denkt er. Es müsste noch eines in seiner untersten Schreibtischschublade versteckt sein, wenn nicht jemand während seiner Suspendierung den Tisch ausgeräumt oder durchsucht hat. Ja, hinter einem Block mit Strafzetteln findet sich noch eine Flasche Budweiser. Warm wie Pisse, aber das ist ihm egal. Er schlägt den Hals an den Rand der Schreibtischplatte – eine Kunstform, die er perfektioniert hat. Der Kronkorken springt ab. Er setzt die Bierflasche an, trinkt die Hälfte aus, und ein vertrautes Gefühl von Ruhe und Zuversicht überspült ihn. Er fängt an zu googeln.
Eine Stunde später kommt der Chef herein. Er hat seine Brille im Büro vergessen, die mit den Gleitsichtgläsern. Ohne sie ist er hilflos. Vor ihm sitzt Tucker und grinst so breit wie ein Halloween-Kürbis. Der Computerbildschirm beleuchtet sein Gesicht, und auf dem Schreibtisch steht eine leere Bierflasche.
»Ich habe etwas gefunden«, sagt Tucker.
Der Chef überlegt, was er zuerst ansprechen soll: das Verbot von Alkohol am Arbeitsplatz oder die Polizeiarbeit. »Was gefunden?«, fragt er.
38
Am Samstag darauf zeigt Rita zum ersten Mal ihren Tanz mit Marcel. Sie umkreist den Löwen mit Salsa-Schritten. Er trägt einen Blumenkranz, und auch Rita hat Blumen im Haar.
Der Tanz ist Marcels und Ritas bislang beste Nummer. Rita verbeugt sich im Käfig, und nachdem sie ihn verlassen hat, dreht sie sich um und verbeugt sich vor Marcel. Er senkt den Kopf und erweist ihr ebenfalls die Reverenz.
Lana fährt nun jeden Morgen mit Rita ins Lokal und wartet in der sicheren Küche bei geschlossener Tür, solange Rita mit Marcel den täglichen Spaziergang absolviert. Wenn er dann wieder im Käfig ist, setzt sich Lana an den Tisch davor, und sie verbringen eine Stunde allein
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