Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drei Frauen und los: Roman (German Edition)

Drei Frauen und los: Roman (German Edition)

Titel: Drei Frauen und los: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delia Ephron
Vom Netzwerk:
Clarksons Möbelwelt eineinhalb Stunden, aber an diesem Tag sind es zwei, weil die Straßen wegen einer Landwirtschaftsmesse überfüllt sind. Tracee und Tim nehmen die schönere Strecke und fahren über lauter kleine Landstraßen, die an säuberlich mit Sojabohnen und Tabak bepflanzten Feldern, Sonnenblumenfarmen, langen Holzzäunen und kleinen Kiefernwäldern entlangführen. Zwischendurch halten sie an, um Sandwiches mit würzigem gegrilltem Schweinefleisch zu essen und in einem nicht ganz versteckt liegenden Unterstand, den Tim kennt, miteinander zu schlafen. Als sie um eine Kurve biegen, sind sie überrascht von dem gigantischen vierstöckigen Gebäude. Tim lacht laut, als er Tracees erschrockenes Gesicht sieht, denn vom ersten bis zum zweiten Stockwerk ist mitten in die Fassade ein raffinierter Kasten aus Holz und Glas eingelassen, so groß wie das Haus eines Riesen.
    Tracee baut sich vor dem Gebäude auf, Tim geht in die Knie und macht ein Foto, das Objektiv nach oben auf das merkwürdig große Gehäuse im Hintergrund gerichtet. »Lächeln!«, sagt er, aber das ist unnötig, weil Tracee Tim ohnehin immer anlächelt.
    *
    Lana zieht an einer zweiten Jalousie, die ebenfalls nach oben fährt. Sonnenlicht fällt herein. Marlene schlägt wild um sich und bemüht sich, in eine sitzende Position zu kommen. Solange sie nicht die richtigen Knöpfe drückt, einen, um das Fußteil abzusenken, und einen anderen, der die Rückenlehne aufrichtet, bleibt sie hilflos in der Horizontalen, und in ihrer Panik hat sie vergessen, wie man den Stuhl bedient. Lana schnappt sich die Strickmütze, zieht sie ihr einfach vom Kopf, dann greift sie nach Marlenes Handtasche, einem großen Plastikding in Kaugummirosa. Sie stößt die Tür auf, lässt sie offen stehen und schlendert hinaus auf den leeren Parkplatz, einen ebenen, weiten Raum, der jeden, der an Platzangst leidet, in überirdische Angst versetzen kann.
    Lana schwenkt die Handtasche. »Komm doch, und hol sie dir!«
    Marlene späht hinaus. Wenn sie sonst das Motel verlässt, fährt ihr Sohn mit dem Wagen vor die Tür, sodass sie nur noch hineinspringen muss. Sie war seit Jahren nicht mehr auf dem Parkplatz. Eigentlich war sie nirgendwo mehr.
    Lana wirbelt Marlenes Mütze um den Finger, hält sie hoch und sagt lockend: »Komm schon, bloß ein paar winzig kleine Schritte.« Marlene senkt den Kopf und stürmt los.
    Lana dreht sich auf dem Absatz um und rennt davon. Sie ist schneller als Marlene, die plötzlich abbiegt und die Treppe des Motels hinaufläuft, stöhnend und fluchend. Sie geht zu Lanas Zimmer, stolpert hinein und kommt mit dem Fernseher in den Armen wieder heraus. Er ist schwer, aber die dicke Marlene ist stark wie ein Ochse. »Du hasst ihn«, schreit sie, »dann war’s das!« Sie wuchtet den Fernseher über das Geländer. Ein Sekundenbruchteil verblüffter Stille, während der Fernseher durch die Luft fliegt. Dann kracht er mit einem sagenhaft lauten Knall auf den Beton und platzt auf. Metall- und Glassplitter fliegen in sämtliche Richtungen.
    Rita, die ein paar Notizen für ihren Tanz mit Marcel und Küchenpapierrollen für seinen Karatetrick vergessen hat, biegt in diesem Moment in Claytons Chevy Bel Air mit offenem Verdeck auf den Parkplatz ein. Sie ist klein für das Auto, es sieht fast aus, als säße ein Kind auf dem Fahrersitz. Das kaputte Gerät bemerkt sie nicht, weil sie sich aufs Abbiegen konzentriert – auch wenn der Wagen eine Servolenkung hat, so ist diese doch so antik wie er und benötigt viel mehr Kraft als eine moderne Lenkung. Außerdem ist es eine große Verantwortung, mit Claytons ganzem Stolz unterwegs zu sein. Und nachdem Rita ihn zurückgewiesen hat, würde sie sich noch elender fühlen, wenn sie sein Auto zu Schrott führe.
    Sie steigt aus und bemerkt nach ein paar Schritten das Knirschen von Glas unter den Schuhen. Als sie sich umschaut, sieht sie, dass der Parkplatz mit großen und kleinen Gerätetrümmern übersät ist. Was sie zunächst für einen Wäschesack auf dem Balkon gehalten hat, ist in Wirklichkeit Marlene, die dort zusammengesunken ist. Lana steht am anderen Ende des Motels und hält eine Tasche und eine Mütze in der Hand, die, wie Rita weiß, Marlene gehören. Man muss kein Genie sein, um zu kapieren, dass Lana an der Situation keinesfalls unschuldig ist.
    Halb liegend schiebt sich Marlene den Balkon entlang und rutscht die Treppe hinunter.
    Vorsichtig steigt Rita über die Scherben und holt Marlene am unteren Ende der Treppe

Weitere Kostenlose Bücher