Drei Frauen und los: Roman (German Edition)

er überhaupt jemals wieder mein Vater sein will, dann frage ich ihn. Neulich habe ich eine Halskette angelegt, und als ich in den Spiegel schaute, war ich ein anderer Mensch. Nicht mehr jemand, der gerade so über die Runden kommt, sondern eine Frau mit einem richtigen Leben. Und seitdem denke ich nach. Ich bin intelligent. Ich hatte ein Stipendium für die University of Maryland. Ich muss keinen Job machen, bei dem ich nachts beim Heimkommen noch mal duschen muss. Wie wäre es, in einem Büro zu arbeiten? Ich könnte einen Job mit Krankenversicherung und Aufstiegsmöglichkeiten haben. Bei dem ich so viel verdiene, dass ich mir selbst eine Diamanthalskette kaufen kann. Warum nicht? Warum soll ich das nicht haben können? Bevor ich alles vermasselt habe, wollte ich Jura studieren. Ich weiß, dass eine Rechtsanwältin nicht so selbstlos ist wie eine Ärztin und nicht so tapfer wie eine Löwenbändigerin, aber ich habe Talent. Ich debattiere gern. Das hat mir schon immer gefallen. Viele Präsidenten waren Rechtsanwälte. Natürlich will ich nicht Präsidentin werden. Ich würde wahrscheinlich mit jedem Land einen Krieg anfangen, so widerspenstig, wie ich bin. Aber vor Gericht wäre ich toll. Ich weiß, das ist ein Wunschtraum, aber wenn ich am Abend Aufbaukurse machen und wieder aufs College gehen würde, dann wäre das nicht nur gut für mich, sondern vielleicht würde auch mein Dad mich verstehen. Ich bin nicht mehr die, die ich war. Er hat sein Leben nicht unnütz für mich verschwendet …«
    Lana bricht zusammen.
    Sie lässt sich auf die Tischplatte fallen, vergräbt den Kopf in den Armen. Dazu hast du kein Recht, versucht sie sich noch zu bremsen, dazu hast du kein Recht. Aber es ist zu spät. Die über viele Jahre aufgehäuften Schuldgefühle, die Verzweiflung und die Reue überwältigen sie. Rita, die sich über den Lärm, über das lautstarke Geheul wundert, kommt herein und schleicht auf Zehenspitzen wieder hinaus. Sie weiß genau, dass Lana von niemandem in diesem Zustand gesehen werden möchte. So ganz und gar aufgelöst.
    Marcel lauscht, wie er das immer tut, akzeptierend, ohne ein Urteil zu fällen.
    Als der Sturm endlich nachlässt, fährt Lana tränenverschmiert und völlig leer zum Tulip Tree Motel und schläft zwölf Stunden am Stück. Traumlos verschläft sie ihre Schicht im Lion, und als sie aufwacht, fühlt sie sich gut.

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    Die riesige Metallspule lehnt sich zur Seite und rutscht in eine Furche. Mit rotem Gesicht bläst Rita ihren Pony hoch und richtet sie wieder auf, während Lana und Tracee auf der anderen Seite schieben. »Clayton hat gesagt, ich soll warten, bis er mir helfen kann, und mich nicht selbst mit dem Ding abplagen, aber ich will endlich damit anfangen.« Sie verharrt einen Moment, um die Schnürbänder ihrer neuen Stiefel zu binden und mit einem Doppelknoten zu versehen, dann richtet sie das rote Kopftuch, das ihre Haare aus dem Gesicht halten soll. Sie packt den Metallgriff mit beiden Händen und zieht daran. Die beiden Räder springen aus der Furche und drehen sich. Die Rolle hüpft über die Steine und hinterlässt eine Spur aus rotem Seil, während Rita durchs Gras stapft und die Umzäunung von Marcels Garten markiert.
    »Clayton hat gesagt, ich kann ihn so groß machen, wie ich will. Na ja, so weit sein Grundstück reicht. Ich denke an mindestens viertausend Quadratmeter.«
    »Wir fahren am Sonntag«, sagt Lana.
    Rita bleibt stehen. »Ach du meine Güte. Ich hätte nicht gedacht, dass es schon so bald ist.«
    »Nächste Woche beginnen die Kurse.«
    »Was soll denn eigentlich ich machen?«, fragt Tracee. »Was für einen Plan habe ich?«
    »Du wirst schon etwas finden, Tracee. Wir brauchen beide einen Job.«
    Am anderen Ende der Wiese fährt ein Lastwagen langsam rückwärts aufs Gras. Clayton hakt die Klappen aus, lässt sie nach unten fallen, und er und der Fahrer klettern auf die Ladefläche, um die Maschendrahtrollen für Marcels Zaun auszuladen. Er winkt Rita zu, sie winkt zurück.
    »Hast du deine Söhne angerufen?«, will Lana wissen.
    »Ich habe Lucas angerufen. Er ist der vernünftigste. Mein mittlerer Sohn. Im Oktober kommt er für ein Wochenende, zu Melanies Geburtstag. Sie wird vier. Ich habe mich entschuldigt. Nicht einmal richtig verabschiedet habe ich mich von ihnen, von keinem Einzigen. Ich konnte nicht klar denken.« Sie zieht ruckartig an der großen Spule und geht weiter. »Nächste Woche werde ich Andrew und Peter anrufen. Das hat Luke vorgeschlagen. Bis