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Drei Frauen und los: Roman (German Edition)

Drei Frauen und los: Roman (German Edition)

Titel: Drei Frauen und los: Roman (German Edition)
Autoren: Delia Ephron
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die Treppe hinaufsteigen. Sie hören das Balkongeländer rattern, wie es das immer tut, wenn jemand näher kommt. Sie warten auf das Klopfen. Sie wissen, dass es nur noch eine Sekunde dauern kann. Sie rechnen damit. Und trotzdem bleibt ihnen, als es dann klopft, beinahe das Herz stehen.
    Lana zählt bis drei, dann geht sie zur Tür und macht auf. Obwohl Tucker direkt vor ihr steht und Rita, schlaff wie eine Stoffpuppe, neben ihm, ist sie doch abgelenkt. Ein düster dreinblickender älterer Mann mit dünnem schwarzem Haar und dem Kragen eines Geistlichen nimmt ihre Aufmerksamkeit gefangen.
    »Das ist Harry«, sagt Rita.
    Er streckt die Hand aus.
    Lana, völlig aus dem Konzept gebracht, braucht einen Moment, um die Geste zu erwidern. Seine Handfläche ist feucht. Er schwitzt. »Ich bin Lana. Und das ist Tracee«, fügt sie hinzu, weil sie Tracee, die näher gekommen ist, um besser sehen zu können, hinter sich spürt.
    »Wenn dann alles geklärt ist, mache ich mich wieder auf die Socken«, sagt Tucker.
    Auf die Socken? Lana und Tracee wechseln einen kurzen Blick.
    »Danke für Ihre Hilfe«, sagt Harry. »Gott sei mit Ihnen.«
    Verblüfft sehen Lana und Tracee, wie Tucker die Treppe hinuntereilt. Kann das sein? Sollen sie nachfragen? Was in aller Welt wollte er eigentlich vorhin von ihnen? Warum hat Clayton sie zu sich gerufen? Aber die Antwort steht vor ihnen. Tucker wollte sie fragen, wo Rita war.
    Etwas, das nun nicht mehr nötig ist.
    »Ich gehe zurück«, sagt Rita. »Ich muss packen.«
    Ihre Stimme ist eintönig und stumpf. Auf dem Weg durchs Zimmer zum Schrank, wo ihre wenigen Billigkleider hängen, schafft sie es fast nicht mehr, die Füße zu heben. Als die Schiebetür aufgleitet und dabei in ihrer Laufschiene quietscht, läuft allen ein Schauer den Rücken hinab. Beim Anblick des weißen Wunders, Tracees gestohlenem Hochzeitskleid, hält Rita kurz inne. Ihre eigenen Sachen nehmen doch viel mehr Platz ein als nötig. Rita betastet das mintgrüne Kleid, das sie immer bei ihrem Auftritt trägt.
    Harry zieht eine Nachttischschublade heraus. »Keine Bibel«, sagt er.
    »Das ist kein Motel mehr«, erklärt Lana. »Die Zimmer werden monatsweise vermietet.«
    Rita hebt den Kleiderbügel heraus. Schon jetzt kommt es ihr so vor, als würde das fröhliche, bunte Kleid jemand anders gehören. »Wofür brauche ich das noch?«, sagt sie leise.
    »Du brauchst es nicht«, sagt Harry.
    Lana blickt von Rita zu Harry und wieder zurück. Rita scheint um mehrere Zentimeter geschrumpft zu sein, und sie ist ohnehin nicht groß. Als hätte Harry sie wie einen Nagel in den Boden gehämmert.
    »Willst du das Zimmer wirklich so hinterlassen?«, fragt Lana.
    »Wie bitte?«, sagt Rita.
    Lana nimmt ihr das Kleid ab und hängt es zurück in den Schrank. »Dieses Zimmer sieht aus wie ein Schweinestall. Dein Schweinestall. Tracee und ich sind heute Morgen zurückgekommen, nachdem wir über Nacht in …«
    Rita sieht sie neugierig an, während Lana überlegt, wo sie und Tracee gewesen sein könnten. »Einem religiösen Exerzitienhaus in der Nähe von …«
    »Eg-ger-sten-ton«, sagt Tracee.
    Lana wendet sich an Harry. »Wir haben Ihre Frau hier ganz allein gelassen, während wir meditieren und beten waren, und heute Morgen kommen wir zurück, und was finden wir? Ihren Stringtanga.« Sie hebt ihn mit spitzen Fingern vom Boden auf und wirft ihn aufs Bett.
    »Meinen Stringtanga?«, sagt Rita.
    »Ihren Stringtanga?«, sagt Harry.
    »Einer von meinen ist es nicht. Meine haben keine Schleifchen. Deine auch nicht, Tracee?«
    »Nein.«
    »Aber …«, sagt Rita.
    Lana unterbricht sie rüde. »Vor Ihnen ist ihr das peinlich«, erklärt sie Harry.
    »Macht doch nichts, wenn du einen Stringtanga und keinen BH trägst«, bemerkt Tracee.
    Harry schaut sich vor der Tür vorsichtig um. Kann irgendjemand sie hören? Der Balkon ist leer. Um sicherzugehen, zockelt er ein kurzes Stück in jede Richtung und hält Ausschau nach seiner Familie. Die Enkel sind unten und spielen auf dem Parkplatz Fangen.
    Unterdessen flüstert Rita Lana zu: »Was soll das?«
    »Du gehst nicht fort«, sagt Lana.
    »Ich habe Pflichten.«
    »Was ist mit Marcel?« Lana packt sie an den Schultern und schüttelt sie. »Du darfst nicht wieder dieses teigartige Halbwesen werden, das wir von der Straße aufgesammelt haben. Nur über meine Leiche.« Sie lässt sie ganz plötzlich los, weil Harry hereinkommt und die Tür hinter sich schließt.
    »Schau dir nur das Bett an«, sagt Lana.
    »Das
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