Drei Frauen und los: Roman (German Edition)
nach einem Lichtschalter. Tracee fährt in die Höhe. Rita fragt sich einen Moment lang, ob sie wach ist oder von Marcel träumt.
Noch ein Brüllen und noch eines.
Die Frauen stolpern ans Fenster. Lana reißt an der Schnur, sodass die Jalousien alle auf einmal nach oben fahren, und die drei drängen sich nebeneinander, um zu sehen, was los ist.
Wie große Felsen stehen ein paar Autos hier und da in einer ansonsten ausgestorbenen Landschaft, und nicht weit entfernt sieht man in einem Strahl hellen Mondlichts die schwarze Silhouette eines großen, schlaksigen jungen Mannes. Mit weit ausgebreiteten Armen, die Tracee zu ihm locken sollen, stößt er sein Paarungsgebrüll aus, schauerliche Schreie der Liebessehnsucht.
Tracee wird schwach.
»Das ist eine Löwenserenade«, sagt Rita.
Lana zieht Tracee vom Fenster weg. »Schau nicht hin. Stachle ihn nicht noch an. Das ist nicht fair.«
Tim sieht, wie das Licht im Zimmer wieder ausgeht, und seine Hoffnung verpufft. Seine Arme fallen seitlich nach unten, seine Brust tut weh, ob von der Strapaze oder vom Herzschmerz, wer weiß das schon. Er schlurft die Stufen hinauf, sperrt seine Zimmertür auf und schließt sie mit dem Fuß hinter sich. Der Teddybär erwartet ihn, seine weißen Knopfaugen leuchten im Dunkeln. Tim hat ganz vergessen, dass er diesen Stoffbären für Tracee gewonnen hat. An ihre Brust gedrückt hat sie ihn getragen und ihre Wange am Pelz gerieben, während sie zu Tim sagte, wie toll er sei und dass sie nie gedacht hätte, dass er einen Baseball so gut werfen könnte. Er schubst den Bären aus dem Sessel, sinkt aufs Bett, lässt sich flach nach hinten fallen und starrt vor sich hin. Er hat keine Ahnung, wie lange er so liegt. Sein Hirn ist leer.
Er hört ein leises Klopfen.
Es klopft noch einmal.
Tim nimmt seine Greifstange und dreht damit den Türknauf, um die Tür zu öffnen.
Da steht Tracee in ihrem Hochzeitskleid.
Einen Augenblick lang glaubt er an eine Halluzination.
»Ziehst du mir das Kleid aus?«, fragt Tracee.
Tim packt den Rock mit dem Greifer und zieht sie zu sich heran.
Als Tracee neben ihm steht, stellt er die Stange auf und bleibt einfach liegen, sieht sie nur an. »Zieh mich aus!«, bettelt sie und streckt eine Hand aus, um ihm aufzuhelfen.
Tim streicht über den Satinstoff, die Perlen, die Spitze und über ihren Körper. Er küsst ihren Nacken und fährt mit den Lippen saugend über ihr Schlüsselbein. Er nimmt ihr Gesicht in beide Hände und küsst ihre Augen. Er dreht sie herum. Es dauert eine Weile, bis er den Reißverschluss gefunden hat, der kunstvoll unter einer Spitzenfalte verborgen ist, aber dann öffnet er ihn, und bauschig fällt das Kleid auf den Boden. Darunter ist sie nackt.
Tim legt das Kleid sorgfältig auf den Stuhl, dann hebt er Tracee hoch und legt sie sorgfältig aufs Bett. Sie nimmt seine Hand, küsst die Fingerspitzen und schiebt sie sich zwischen die Beine. Sofort überläuft sie ein Schauder.
Tim legt sich neben sie aufs Bett, und sie fangen wieder an.
50
Am nächsten Morgen wacht Tim allein auf und fährt erschrocken hoch.
Tracee sitzt, in ein Laken gewickelt, auf dem Sessel. »Der Grund, dass ich nicht mit dir zusammen sein kann, ist, dass ich eine Diamanthalskette gestohlen habe und sie mich vielleicht verhaften, und sie wurde aus Versehen ins Klo hin untergespült, und darum kann ich sie nicht einmal zurückgeben.«
»Ach du Scheiße«, sagt Tim.
»Ich muss mich stellen.«
51
Durch die Bürotür dringt keine Antwort. Lana klopft noch einmal. »Marlene?«, ruft sie und dreht den rostigen Türknauf. Sie steckt den Kopf hinein. Der laufende Fernseher, stumm gestellt, zieht sie sofort in seinen Bann. Ein Mann demonstriert die zahlreichen Vorteile einer Salatschleuder, während unten im Bild eine Nummer mit einer 800er-Vorwahl blinkt.
Marlene ist nicht im Liegesessel und auch sonst nirgendwo.
Lana schaut sich um.
Auf der Theke steht eine Kaffeetasse mit milchigen Resten. Die sind nicht alt, stellt Lana fest. Sie spielt mit dem Kugelschreiber an einer Schnur, die auf der Theke festgenagelt ist, drückt die Spitze rein und raus. Schreibt er? Sie kritzelt auf den Rand der Fairville Times . Er funktioniert.
Sie braucht ein leeres Stück Papier, um eine Nachricht zu hinterlassen. Die Handflächen auf die Theke gedrückt, stemmt sie sich hoch und beugt sich vor, um zu sehen, ob es auf der anderen Seite vielleicht eine Schublade oder Regale gibt. Dahinter kauert Marlene.
»Oh, hallo!«, sagt
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