Drei Haselnuesse für Aschenbroedel
das Mädchen, diese flinke Eidechse, blieb verschwunden.
âWo ist sie denn nun wieder?â So schnell wollte der Prinz nicht aufgeben, schlieÃlich konnte sie sich nicht in Luft aufgelöst haben.
âWer?â, fragte Kamil und sah ihn an, als hätte er vollkommen den Verstand verloren.
âDas kleine Mädchen, das uns damals ausgerissen ist.â Vielleicht hatte er ja wirklich den Verstand verloren. Trotzdem â er wollte zu gern wissen, wohin die kleine Eidechse verschwunden war. Und wie sie das angestellt hatte. Vielleicht konnte sie ja fliegen. Der Prinz schüttelte über sich selbst den Kopf, das war nun wirklich ein verrückter Gedanke.
Mais und Linsen
In der guten Stube konnte man kaum treten, so viele Menschen wuselten in ihr herum, und doch musste Aschenbrödel beständig von einer Seite des Raumes zur anderen flitzen. Sie wich den Stoffballen, den Schmuckschatullen und Kleiderständern aus. Fast hätte sie dabei Winzek umgerannt, der mit beiden Händen eine Schachtel festhielt und aussah, als wäre er tausendmal lieber drauÃen beim Holzhacken als hier in der Stube, wo sich Dora und die Stiefmutter für den königlichen Ball herausputzten.
Alle Mägde des Gutes beschäftigten sie mit ihren Ballvorbereitungen. Eine nähte die letzten Perlen auf den Kleidersaum der Stiefmutter, während eine andere ihr die Haare zurechtlegte. Die Stiefmutter betrachtete sich derweil in einem Handspiegel, drehte den Kopf von links nach rechts und hatte überhaupt nur Augen für sich selbst.
âAschenbrödel, bring mal die Knöpfe her!â, rief sie.
Wo war jetzt wieder die Schachtel mit den Knöpfen? Aschenbrödel blickte um sich und erspähte sie unter dem Tisch. Kaum hatte sie das Gewünschte zur Stiefmutter gebracht, beorderte Dora sie schon zur anderen Seite der Stube zurück.
âAschenbrödel, wo hast du die Spitze?â
Natürlich hätte Dora auch eine der drei Mägde fragen können, die damit beschäftigt waren, ihr das Kleid zurechtzuzupfen, den Spiegel zu halten und letzte Hand an ihren Schleier zu legen. Aber Aschenbrödel hielt den Mund und rannte.
âDas Halsband, Aschenbrödel!â, tönte es wieder von der gegenüberliegenden Seite. Die Stiefmutter stellte sich vor den groÃen Spiegel und strich über ihr Kleid.
Aschenbrödel fand das Schmuckstück. In ihrer Hast stieà sie beinahe den Stuhl um, auf dem die Schmuckschatulle stand. Gerade rechtzeitig bekam sie die Stuhllehne zu fassen. Vor dem Spiegel runzelte die Stiefmutter schon ungeduldig die Stirn. Aschenbrödel eilte zu ihr.
Die schwere goldene Halskette war mit groÃen roten Steinen besetzt â und die Stiefmutter riss sie ihr sogleich aus der Hand. Nicht einen Blick gönnte sie Aschenbrödel dabei. Stattdessen reichte sie die Kette einer der Mägde.
Aschenbrödel trat einen Schritt zurück und senkte den Kopf. Wenigstens schrie Dora nicht gleich wieder nach ihr. So wagte sie es, sich gegen einen der Stühle zu lehnen und die kurze Ruhe zu genieÃen. Ihre FüÃe und Knie schmerzten, die schwüle Luft im Raum drückte ihr gegen die Schläfen und sie hätte alles darum gegeben, jetzt mit Nikolaus durch den Wald zu galoppieren, die neue Armbrust über der Schulter â und vielleicht, vielleicht mit dem Glück, dem Prinzen noch einmal zu begegnen.
âWinzek!â, rief die Stiefmutter.
âJa?â Der Knecht stellte die Schachtel ab und eilte herbei.
âLeg Teppiche von der Tür bis zur Kutsche.â
âSehr wohl.â Winzek verneigte sich und sah erleichtert aus, dass er dem Gewusel in der Stube entfliehen durfte. Am liebsten wäre Aschenbrödel ihm gefolgt. Auch wenn der Prinz sich heute sicherlich nicht im Wald herumtrieb â schlieÃlich würde auch er sich auf den Ball vorbereiten müssen â, so wäre sie immer noch lieber dort als hier.
âNa, wie gefalle ich dir?â, fragte Dora. Sie wiegte sich in ihrem neuen Kleid hin und her, dass die Schleppe flatterte und tanzte.
Zögerlich fuhr Aschenbrödel mit den Fingerspitzen über die weiten Ãrmel der weiÃen Bluse des reich bestickten Kleides. âSehr schönâ, sagte sie leise.
Die Stiefmutter hatte sie gehört. âSehr schön?â Wie eine aufgescheuchte Henne kam sie herbei und zupfte an Doras Kleid herum. âWunderschön, Dorchen.â
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