Drei Haselnuesse für Aschenbroedel
Sie tätschelte ihrer Tochter die Wange. âMeinen ⦠meinen Hut!â, rief sie dann den Mägden zu und eilte schon wieder fort, zurück zum groÃen Spiegel.
Dora lächelte zufrieden und rückte ihren Kopfschmuck zurecht. âVielleicht möchtest du ja mit uns mitkommen auf den Ballâ, sagte sie. âHast du nicht Lust?â
Aschenbrödel schluckte. âIch weià ja, dass ich nicht mitdarf zum Schloss.â Sie strich über ihr eigenes schmutziges Kleid. âAber vielleicht darf ich ja wenigstens zum Fenster hereinschauen?â
Dora prustete los, lachte laut und schallend. Aschenbrödel hätte sich am liebsten die Zunge abgebissen. Was für eine dumme Frage!
âUnd wer wird dann hier aufräumen, hm?â Natürlich lieà sich die Stiefmutter diese neue Gelegenheit, sie zu rügen, nicht entgehen. âUnd die Wäsche zum Bügeln anfeuchten, was?â
âBis zum Morgen wird alles fertig sein. Bestimmt.â Sie wusste, dass alles Bitten keinen Sinn hatte, aber Aschenbrödel konnte sich nicht zurückhalten. Wenn sie wenigstens noch einen Blick auf den Prinzen werfen dürfte â¦
âNa, wenn du nicht genug Arbeit hast, bekommst du halt noch welche obendrauf.â Die Stiefmutter schritt zum Kachelofen hinüber und griff nach den zwei Schüsseln, die auf dem breiten Ofensims standen. âSo.â Sie kippte die erste Schüssel aus. Hunderte trockener Linsen ergossen sich auf den FuÃboden. âSo.â Auch der Inhalt der zweiten Schüssel landete auf dem Boden. Die getrockneten Maiskörner prasselten laut klackernd unter die Linsen.
âAber ich â¦â
Der Blick der Stiefmutter lieà Aschenbrödel verstummen. Sie ballte die Hände zu Fäusten und schwieg.
âBis wir zurückkommen, will ich hier kein einziges Körnchen mehr sehen.â Die Stiefmutter zeigte auf den Boden. âDen Mais hierhin, die Linsen dahin.â Mit einem Ruck wandte sie den Kopf ab und stolzierte zur Tür. Der weiÃe Schleier an ihrem weit ausladenden Hut wehte hinter ihr her.
Aschenbrödel kniff sich durch den Stoff ihres Kleides fest in den Oberschenkel. So fest, dass sie beinahe aufgeschrien hätte. Das hatte sie aber auch verdient â wie konnte sie die Stiefmutter so reizen? Sie musste aufhören, ständig an den Prinzen zu denken, das setzte ihr nur Flausen in den Kopf und lieà sie unvorsichtig werden. Sie kniete sich auf den Boden.
Schritte klapperten über die Dielen, doch Aschenbrödel blickte nicht auf. Auch nicht, als Dora mitten in die Linsen und Maiskörner trat.
âUnd ich werde dir morgen erzählen, wie oft ich mit dem Prinzen getanzt habe.â Dora fuhr mit einem Fuà durch die Körner und lachte. Dann drehte sie Aschenbrödel den Rücken zu und ihre lange Schleppe wirbelte um sie herum. âHalt mir die Schleppe!â
Aschenbrödel fing eine Ecke des leichten Stoffes, blieb aber auf den Knien. Dora stürmte los, ohne sich umzublicken, und schrie erschreckt auf, als es einen heftigen Ruck gab.
âIch würde sie dir nur beschmutzen.â Aschenbrödel lieà die Schleppe los. âHalt sie dir selber.â
Es blieb ein kurzer Triumph, Dora hinterherzusehen, wie sie unbeholfen die Stube verlieÃ.
Zusammen mit allem Gesinde des Gutes musste Aschenbrödel antreten, um die Herrin und ihre Tochter auf dem Weg zum Ball zu verabschieden. Sie presste sich an das Geländer der Treppe. Sie fror in ihrem dünnen Kleid, während Dora und die Stiefmutter in warme Pelze gehüllt an den Schlitten herantraten. Er war mit warmen Fellen gepolstert, sodass es die Herrschaften auf ihrer Fahrt nicht kalt haben würden. Auf ihrer Fahrt zum Schloss. Zum Ball. Zum Tanz mit dem Prinzen.
âSei nicht traurigâ, sagte Pavel neben ihr. âWir können ja zusammen auf dem Hof tanzen, heute Abend.â
Statt einer Antwort zog ihm Aschenbrödel die groÃe weiÃe Kochmütze vom Kopf vors Gesicht.
âVerschwindeâ, sagte Winzek, âund mach uns lieber was zu essen!â
Pavel verneigte sich tief. âGanz wie belieben, Hoheit.â Und schon rannte er davon.
Sehnsuchtsvoll sah Aschenbrödel zum Tor hinüber, das von zwei Knechten weit aufgezogen wurde. Fackeln warfen rote und gelbe Lichter auf den Schnee und Schatten tanzten unruhig auf der hohen Mauer. Der Schlitten glitt durch das Tor. Knarrend fiel
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