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Drei Irre Unterm Flachdach

Drei Irre Unterm Flachdach

Titel: Drei Irre Unterm Flachdach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastienne Voss
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umgerissen und dann vor sich hergerollt. Ei n mal quer durch den Garten. Daher die Spur im Schnee. Ein Meter fünfzig breit, so breit wie Frau Schrader hoch. »Ick hatte Tode s angst, Herr Voss.« Mehr sagte die Ärmste nicht, als sie Großvater den Schlüssel in die Hand drückte. Der war sichtlich erleichtert, daß uns kein Schwein hatte plattwalzen wollen, und drückte Frau Schrader unser Mi t bringsel in die Hand, einen kleinen schwarzen Stoffhund.

 
    Geiz
     
    Großvater hortete Waren des täglichen Bedarfs. Er stapelte seine Schätze in allen möglichen Schrä n ken, Schubfächern, Ecken und Durchgängen. Ständig rannte man gegen Kisten, in denen Streichhölzer, Taschentücher, Hau s haltskerzen und Konserven für die nächsten fünfzig Jahre gebunkert waren. Mit dem ganzen Kram im Keller kon n ten wir mühelos die nächsten Katastrophen überstehen, vor Weltkri e gen und Atomschlägen brauchten wir uns dank Gustavs Raffgier nicht zu fürchten. Hinter einem Regal mit Vorhang, das bis unter die Decke reichte, b e fanden sich an die hundert Rollen Toilettenpapier, pyramidenförmig übereina n dergestellt, wie Blechbüchsen in der Schießbude. Aus Angst, wir könnten i r gendwann darin ersticken, ve r brauchte ich bei jedem Klogang Unmengen. Die Rollen hinter dem Vorhang schienen sich hei m lich zu vermehren.
    Großvater stellte mich zur Rede: »Jenni, du verschwendest Klosettpapier! Mit Klosettpapier muß man sparsam umgehen! Außerdem verstopfst du das Abflu ß rohr.«
    Ich überlegte, wie er darauf kam. Beobachtet haben konnte er mich nicht, denn in unserer Klotür war kein Schlüsse l loch. In dem Moment sah ich es. Es steckte noch in seiner Brusttasche. Er hatte morgens und abends die Stärke der Papierrolle mit einem Lineal nachgemessen und hielt mir nun einen Vortrag über die fachgerechte Verwendung von Toilettenpapier. »Dieses Blatt kannst du vie r mal falten. Das reicht!« Mir reichte es auch.
    Ich konnte Klopapier nehmen, soviel ich wollte. Außerdem gab es genügend andere Gründe für unser ewig verstopftes A b flußrohr. Großmutter zum Beispiel warf ständig Dinge ins Klo, die dort nicht hineingehörten. Aber das sagte ich nicht. Der Abend wäre versaut g e wesen, hätte Großvater davon erfahren. Also hielt ich die Klappe und hörte mir an, was er sonst noch zu sagen hatte: »Es kann ausgehen, verstehst du? Plötzlich wird es nicht mehr hergestellt. Und das Wic h tigste, was der Mensch braucht, ist Kl o settpapier!« Eben. Genau deshalb konnte der Spinner nicht von mir verlangen, daß ich nur ein ei n ziges Blatt verwenden sollte! Aber es hatte keinen Sinn zu diskutieren. I r gendwann gab ich auf und beschloß, nicht mehr zu Hause aufs Klo zu gehen. In der Schule oder bei Freu n den fragte keiner, wieviel Papier ich ve r brauchte.
    Hinter dem Haus, verdeckt von Rosenkohl und Rhabarbe r stauden, war unsre Jauchegrube. Sie mußte regelmäßig geleert werden. Der dafür zuständige städt i sche Dienst war Großvater zu teuer, de s halb hatte er unter der Erde ein Rohr verlegt, das bis zu einem Flüßchen, dem Rübeländer Graben, führte. Bald gab es in dem Graben keine Entengrütze mehr und auch keine Schnecken und Frösche.
    Eines Tages stand ein Mann vom Umweltamt am Gartentor. Er trug einen schicken Anzug und Gummistiefel. Nachbarn hatten Großvater verraten. Der Mann inspizierte die Jauchegrube und entdeckte das geheime Rohr. »Ja und?« Großvater pu s tete sich die Haare aus der Stirn. »Ich bezahle doch kein Geld für den Abtran s port von Scheiße!« Damit kam er natürlich nicht durch. Er mußte Strafe zahlen und künftig auch den städtischen Dienst. Der Rüb e länder Graben erholte sich, und ich ließ meine Papierschiffchen wieder zu Wa s ser.
    Großvater hatte sich über den Mann vom Umweltamt so sehr geärgert, daß er zum Ausgleich eine neue Sparmaßnahme erfand. Wir tappten im Dunkeln. Nur wenn man sich längere Zeit in einem Raum aufhielt, durfte eine Lampe brennen. Alle Türen hatten g e schlossen zu sein, die Fenster durften nicht geöffnet werden. Großvater huschte durchs Haus wie ein Geist. »Licht aus, Tür zu! Ich heize nicht für den Garten!« zischte er und drückte hinter meinem Rücken auf den Lichtschalter. Es war u n heimlich im Haus, Gustav verfolgte jeden unserer Schritte. Plötzlich hörte ich Wilma irgendwo kreischen, sie hatte sich vor ihrem Mann zu Tode e r schrocken.
    Aber wir wehrten uns. Sobald wir allein waren, rissen wir Fenster und Türen sperrangelweit

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