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Drei Kameraden

Drei Kameraden

Titel: Drei Kameraden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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Dreh ausgedacht. Wenn ich's nicht schaffe, kannst du ja immer noch losgehen.«
     »Schön.«
     Ich setzte Gustavs Mütze auf, und wir nahmen auch seinen Wagen, damit der Portier nicht gleich Lunte roch. Sehen konnte er ohnehin nicht viel, dazu war die Straße zu dunkel.
     Wir kamen an. Kein Mensch war auf der Straße zu sehen. Gustav sprang heraus, einen Zwanzigmarkschein in der Hand.
     »Verflucht, kein Kleingeld! Portier, können Sie wechseln? Eins siebzig macht es? Legen Sie es doch eben aus.«
     Er tat, als ginge er zur Kasse. Der Portier näherte sich mir hustend und schob mir eine Mark fünfzig hin. Ich hielt die Hand weiter hin.
     »Schieb ab...«, knurrte er.
     »Rest 'raus, dreckiger Hund!« brüllte ich.
     Er stand eine Sekunde wie versteinert. »Mensch«, sagte er dann leise und leckte sich die Lippen, »das wird dir noch monatelang leid tun!« Er holte aus. Der Schlag hätte mich bewußtlos gemacht. Aber ich war vorbereitet, drehte und duckte mich, und die Faust sauste mit voller Gewalt auf die scharfe Stahlklaue meiner Andrehkurbel, die ich in der linken Hand versteckt bereitgehalten hatte. Aufheulend sprang der Portier zurück und schüttelte die Hand. Er zischte vor Schmerz wie eine Dampfmaschine und stand ganz frei, ohne Deckung.
     Ich schoß aus dem Wagen. »Kennst du mich wieder?« fauchte ich und schlug ihm gegen den Magen.
     Er kippte um. »Eins«, begann Gustav von der Kasse her zu zählen, »zwei – drei...«
     Bei fünf kam der Portier glasig wieder hoch. Ich sah wie vorher sein Gesicht vor mir, ganz genau, dieses gesunde, breite, dumme, gemeine Gesicht, diesen ganzen gesunden, kräftigen Kerl, dieses Schwein, das nie kranke Lungen haben würde, und ich spürte plötzlich roten Qualm im Gehirn und in den Augen, ich sprang los und schlug und schlug, ich schlug alles, was sich in mir aufgespeichert hatte in diesen Tagen und Wochen hinein in dieses gesunde, breite, blökende Gesicht, bis ich zurückgerissen wurde...
     »Mensch, du schlägst ihn ja tot...«, rief Gustav.
     Ich sah mich um. Der Portier lehnte blutüberströmt an der Mauer. Jetzt knickte er zusammen, fiel um und begann langsam wie ein riesiges, glitzerndes Insekt in seiner Uniform auf allen vieren dem Eingang zuzukriechen.
     »Der schlägt so leicht nicht wieder«, sagte Gustav. »Aber los, jetzt türmen, bevor jemand kommt! Das war schon schwere Körperverletzung.«
     Wir warfen das Geld aufs Pflaster, stiegen ein und fuhren ab.
     »Blute ich eigentlich auch?« fragte ich, »oder ist das der Portier?«
     »Deine Nase wieder«, erklärte Gustav. »Er hat einen sehr schönen Linken darauf gelandet.«
     »Habe ich gar nicht gemerkt.«
     Gustav lachte.
     »Weißt du«, sagte ich, »mir ist jetzt bedeutend besser.«

    18 Unser Taxi stand vor der Bar. Ich ging hinein, um Lenz abzulösen und mir den Schlüssel und die Papiere zu holen. Gottfried kam mit heraus. »Hast du gute Kasse gehabt?« fragte ich.
     »Mäßig«, erwiderte er. »Entweder gibt es zuviel Taxis oder zuwenig Leute, die Taxi fahren. Wie war's denn bei dir?«
     »Schlecht. Habe die ganze Nacht herumgestanden und nicht mal zwanzig Mark eingenommen.«
     »Trübe Zeiten!« Gottfried zog die Brauen hoch. »Na, dann hast du's ja wohl nicht so sehr eilig heute, was?«
     »Nein, warum?«
     »Kannst mich mal ein Stück mitnehmen.«
     »Gut.« Wir stiegen ein. »Wo willst du denn hin?« fragte ich.
     »Zum Dom.«
     »Was?« fragte ich. »Glaubst du, daß ich mich verhört habe? Ich habe Dom verstanden.«
     »Nein, mein Sohn, du hast dich nicht verhört. Dom ist richtig!«
     Ich sah ihn erstaunt an. »Staune nicht, sondern fahre!« sagte Gottfried.
    »Na schön.« Wir fuhren los.
     Der Dom lag im alten Teil der Stadt, an einem freien Platz, der von den Häusern der Geistlichen umgeben war. Ich hielt vor dem Hauptportal. »Weiter«, sagte Gottfried. »Ganz herum.«
     Er ließ mich vor einem kleinen Eingang an der Rückseite halten und stieg aus. »Viel Vergnügen«, sagte ich. »Ich
    nehme an, daß du beichten willst.«
    »Komm mal mit«, erwiderte er.
     Ich lachte. »Heute nicht. Ich habe heute morgen schon gebetet. Das reicht bei mir für den ganzen Tag.«
     »Rede keinen Unsinn, Baby! Komm mit. Ich will großmütig sein und dir was zeigen.«
     Neugierig folgte ich ihm. Wir gingen durch die kleine Eingangstür und kamen von dort sofort in die Kreuzgänge. Sie bildeten ein großes Viereck und bestanden aus langen Bogenreihen, die auf der Innenseite

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