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Drei Kameraden

Drei Kameraden

Titel: Drei Kameraden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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Ich fuhr ihr nach, um sie zu fragen, ob ich sie irgendwo hinbringen könnte. Aber als ich an die Kreuzung kam, sah ich, daß sie in einen Wagen stieg, der hinter der Ecke gehalten hatte. Es war eine etwas klapprige Mercedeslimousine aus dem Jahre 23, die gleich darauf losratterte. Ein Mann mit einer Nase wie ein Entenschnabel und einem auffallend karierten Anzug saß am Steuer. Ich schaute dem Wagen ziemlich lange nach. Das kam also dabei heraus, wenn eine Frau dauernd allein zu Hause saß. Nachdenklich fuhr ich zum Stand und stellte mich in die Reihe der wartenden Taxis.
     Die Sonne brütete auf das Verdeck. Es ging nur langsam vorwärts. Ich döste vor mich hin und versuchte zu schlafen. Doch das Bild von Frau Hasse ging mir nicht aus dem Kopf. Es war etwas ganz anderes, aber schließlich war Pat auch den ganzen Tag allein.
     Ich stieg aus und ging nach vorn zu Gustavs Wagen. »Hier, trink mal«, forderte er mich auf und hielt mir eine Thermosflasche hin.
     »Wunderbar kalt! Eigene Erfindung! Kaffee mit Eis. Bleibt stundenlang so bei der Hitze. Ja, Gustav ist praktisch!«
     Ich nahm einen Becher und trank ihn aus. »Wenn du so praktisch bist«, sagte ich, »dann erzähl mir doch mal, wie man einer Frau etwas Unterhaltung verschaffen kann, wenn sie viel allein ist.«
     »So was Einfaches!« Gustav sah mich überlegen an. »Mensch, Robert! Ein Kind oder ein Hund! Frag mich mal was Schwereres!«
     »Ein Hund!« sagte ich überrascht, »verflucht ja, ein Hund! Da hast du recht! Mit einem Hund ist man nie allein.«
     Ich bot ihm eine Zigarette an. »Hör mal, hast du zufällig eine Ahnung von so was? So ein Köter muß doch jetzt billig zu kaufen sein.«
     Gustav schüttelte vorwurfsvoll den Schädel. »Aber Robert, du weißt wahrhaftig noch gar nicht, was du an mir hast! Mein künftiger Schwiegervater ist doch zweiter Schriftführer vom Dobermannpinscherverein! Natürlich kannst du einen Jungrüden haben, umsonst sogar, erstklassige Blutführung. Wir haben da einen Wurf, vierzwei, Großmutter Siegerin Hertha von der Toggenburg.«
     Gustav war ein gesegneter Mensch. Der Vater seiner Braut war nicht nur Dobermannzüchter, sondern auch Gastwirt, Besitzer der Neuen Klause – seine Braut besaß außerdem eine Plisseeplätterei. Gustav stand sich dadurch erstklassig. Beim Schwiegervater aß und trank er umsonst, und die Braut wusch und plättete seine Hemden. Er hütete sich zu heiraten. Dann war er es, der sorgen mußte.
     Ich erklärte Gustav, daß ein Dobermann nicht das richtige sei. Er wäre mir zu groß und nicht zuverlässig im Charakter. Gustav überlegte nur kurz. »Komm mal mit«, sagte er. »Wollen mal spekulieren gehen. Ich weiß da was. Darfst mir
    nur nicht dazwischenreden.«
    »Gut.«
     Er führte mich zu einem kleinen Geschäft. Im Schaufenster standen veralgte Aquarien. In einer Kiste hockten ein paar trübselige Meerschweinchen. An den Seiten hingen Käfige mit rastlos herumturnenden Zeisigen, Dompfaffen und Kanarienvögeln.
     Ein krummbeiniger kleiner Mann mit einer braunen Strickweste kam uns entgegen. Wässerige Augen, fahle Haut, ein Leuchtkolben als Nase: Bier- und Schnapstrinker.
     »Sag mal, Anton, was macht Asta?« fragte Gustav.
     »Zweiter Preis und Ehrenpreis in Köln«, erwiderte Anton.
     »Gemeinheit!« erklärte Gustav. »Warum nicht den ersten?«
     »Den ersten ha'm sie Udo vom Blankenfels gegeben«, knurrte Anton.
     »Daß ich nicht meckere! Bei der Hinterhand!«
     Im Hintergrund des Ladens kläffte und winselte es. Gustav ging hinüber. Er brachte im Genick zwei kleine Terrier heran, links einen schwarzweißen, rechts einen rotbraunen. Unmerklich zuckte die Hand mit dem rotbraunen. Ich sah ihn an: ja.
     Es war ein wunderschöner, spielerischer Hund. Die Beine gerade, der Körper quadratisch, der Kopf viereckig, klug und frech. Gustav ließ beide laufen.
     »Komischer Bastard«, sagte er und zeigte auf den Rotbraunen. »Wo hast du denn den her?«
     Anton hatte ihn angeblich von einer Dame, die nach Südamerika gereist war. Gustav brach in ein ungläubiges Gelächter aus. Anton zeigte beleidigt einen Stammbaum vor, der bis auf die Arche Noah ging. Gustav winkte ab und interessierte sich für den Schwarzweißen. Anton verlangte hundert Mark für den Rotbraunen. Gustav bot fünf. Ihm gefiel der Urgroßvater nicht. Er mäkelte auch am Schwanz herum. Die Ohren waren ebenfalls nicht richtig. Der Schwarzweiße, der war tipptopp.
     Ich stand in der Ecke und hörte zu.

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