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Drei Männer im Schnee

Drei Männer im Schnee

Titel: Drei Männer im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kästner
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einmal umschauen? Ich muß eine Karte nach Hause schreiben. Ich habe eben ein unglaubliches Erlebnis gehabt. Raten Sie! Nein, darauf kommt keiner. Also denken Sie an: ich habe eben mit einem Herrn gesprochen, der den ollen Tobler persönlich kennt! Der jeden Tag mit ihm zusammen ist! Was sagen Sie dazu?«
    »Man sollte es nicht für möglich halten«, behauptete Schulze und folgte dem jungen Mann ins erste Stockwerk. Hagedorn schaltete das elektrische Licht ein. Schulze glaubte zu träumen. Er erblickte einen Salon, ein Schlafzimmer und ein gekacheltes Bad. ›Was soll denn das heißen‹, dachte er. ›So viel besser ist ja nun seine Lösung des Preisausschreibens nicht, daß man mir die Bruchbude unterm Dach angedreht hat und ihm so ’ne Zimmerflucht.‹
    »Trinken Sie einen Schnaps?« fragte der junge Mann. Er schenkte französischen Kognak ein. Sie stießen an und sagten »Prost!« Da klopfte es. Hagedorn rief: »Herein!«
    Es erschien das Zimmermädchen. »Ich wollte nur fragen, ob der Herr Doktor schon schlafen gehen. Es ist wegen des Ziegelsteins.«
    Hagedorn runzelte die Stirn. »Weswegen?«
    »Wegen des Ziegelsteins«, wiederholte das Mädchen. »Ich möchte ihn nicht zu früh ins Bett tun, damit er nicht auskühlt.«
    »Verstehen Sie das?« fragte Hagedorn. »Noch nicht ganz«, erwiderte Schulze. Und zu dem Mädchen sagte er: »Der Herr Doktor geht noch nicht schlafen. Bringen Sie Ihren Ziegelstein später!« Das Mädchen ging.
    Hagedorn sank verstört in einen Klubsessel. »Haben Sie auch ein Zimmermädchen mit geheizten Ziegelsteinen?«
    »Keineswegs«, meinte Schulze. »Französischen Kognak übrigens auch nicht.« Er grübelte.
    »Auch keine siamesischen Katzen?« fragte der andere und zeigte auf ein Körbchen.
    Schulze griff sich an die Stirn. Dann ging er in Kniebeuge und betrachtete die drei kleinen schlafenden Tiere. Dabei kippte er um und setzte sich auf den Perserteppich. Ein Kätzchen erwachte, reckte sich, stieg aus dem Korb und nahm auf Schulzes violetter Hose Platz.
    Hagedorn schrieb die Karte an seine Mutter. Schulze legte sich auf den Bauch und spielte mit der kleinen Katze. Dann wurde die zweite wach, schaute anfangs faul über den Rand des Korbes, kam dann aber nach längerer Überlegung ebenfalls auf den Teppich spaziert.
    Schulze hatte alle Hände voll zu tun. Hagedorn sah flüchtig von seiner Karte hoch, lächelte und sagte: »Vorsicht! Lassen Sie sich nicht kratzen!«
    »Keine Sorge«, erklärte der Mann auf dem Teppich. »Ich verstehe, mit so etwas umzugehen.«
    Die zwei Katzen spielten auf dem älteren Herrn Haschen. Wenn er sie festhielt, schnurrten sie vor Wonne.
    ›Ich fühle mich wie zu Hause‹, dachte er. Und nachdem er das gedacht hatte, ging ihm ein großes Licht auf. Als Hagedorn mit der Eilkarte zu Rande war, legte Schulze die zwei Katzen zu der dritten in den Korb zurück. Sie sahen ihn aus ihren schwarzmaskierten Augen fragend an und bewegten die Schwänze vergnügt hin und her.
    »Ich besuche euch bald wieder«, sagte er. »Nun schlaft aber, wie sich das für so kleine artige Katzen gehört!«
    Dann überredete er den jungen Mann, die Karte demStubenmädchen zur Besorgung anzuvertrauen.
    »Ich bin Ihnen Revanche schuldig. Sie müssen sich mein Zimmer ansehen. Kommen Sie!«
    Sie gaben dem Mädchen die Karte und stiegen in den Fahrstuhl.
    »Der nette Herr, der den alten Tobler so gut kennt, heißt Kesselhuth«, erzählte Hagedorn. »Er kam gleichzeitig mit mir im Hotel an. Und vor einer Viertelstunde hat er mich gefragt, ob er mir beim Toblerkonzern behilflich sein soll. Halten Sie es für möglich, daß er das überhaupt kann?«
    »Warum schließlich nicht?« meinte Schulze. »Wenn er den ollen Tobler gut kennt, wird er’s schon zuwege bringen.«
    »Aber wie kommt ein fremder Mensch eigentlich dazu, mir helfen zu wollen?«
    »Sie werden ihm sympathisch sein«, sagte Schulze. Dem anderen schien diese Erklärung nicht zu genügen.
    »Wirke ich denn sympathisch?« fragte er erstaunt.
    Schulze lächelte. »Außerordentlich sympathisch sogar!«
    »Entschuldigen Sie«, meinte der junge Mann. »Ist das Ihre persönliche Ansicht?« Er war richtig rot geworden.
    Schulze erwiderte: »Es ist meine feste Überzeugung.« Nun war auch er verlegen.
    »Fein«, sagte Hagedorn. »Mir geht’s mit Ihnen ganz genauso.« Sie schwiegen, bis sie im vierten Stock ausstiegen.
    »Sie wohnen wohl auf dem Blitzableiter?« fragte der junge Mann, als der andere die Stufen betrat, die zur fünften

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