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Drei Männer im Schnee

Drei Männer im Schnee

Titel: Drei Männer im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kästner
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Fabriken. Sie sind Reklamefachmann?«
    »Jawohl!« sagte Hagedorn. »Und keiner von den schlechtesten, wenn ich diese kühne Behauptung aufstellen darf.«
    Herr Kesselhuth nickte. »Sie dürfen!«
    »Was halten Sie von folgendem?« fragte der junge Mann eifrig. »Ich könnte meiner Mutter noch heute abend eine zweite Karte schreiben.
    Daß ich unverletzt angekommen bin, habe ich ihr nämlich schon mitgeteilt. Sie könnte meine Arbeiten in einen kleinen Karton packen; und in spätestens drei Tagen sind Hagedorns Gesammelte Werke in Bruckbeuren. Verstehen Sie etwas von Reklame, Herr Kesselhuth?«
    Johann schüttelte wahrheitsgemäß den Kopf. »Ich möchte mir die Arbeiten trotzdem ansehen, und dann gebe ich«, er verbesserte sich hastig, »dann schicke ich sie mit ein paar Zeilen an Geheimrat Tobler. Das wird das beste sein.«
    Hagedorn setzte sich kerzengerade und wurde blaß. »An wen wollen Sie den Kram schicken?« fragte er.
    »An Geheimrat Tobler«, erklärte Kesselhuth. »Ich kenne ihn seit zwanzig Jahren!«
    »Gut?«
    »Ich bin täglich mit ihm zusammen.«
    Der junge Mann vergaß vorübergehend, Atem zu holen. »Das ist ein Tag«, sagte er dann, »um den Verstand zu verlieren. Sehr geehrter Herr, machen Sie, bitte, keine Witze mit mir. Jetzt wird’s ernst.
    Geheimrat Tobler liest Ihre Briefe?«
    »Er hält große Stücke auf mich«, erklärte Herr Kesselhuth stolz.
    »Wenn er sich die Sachen ansieht, gefallen sie ihm bestimmt«, sagte der junge Mann. »In dieser Beziehung bin ich größenwahnsinnig.
    Das kostet nichts und erhält bei Laune.« Er stand auf. »Darf ich meiner Mutter rasch eine Eilkarte schicken? Sehe ich Sie dann noch?«
    »Ich würde mich sehr freuen«, entgegnete Kesselhuth. »Grüßen Sie Ihre Frau Mutter unbekannterweise von mir.«
    »Das ist eine patente Frau«, sagte Hagedorn und ging. An der Tür kehrte er noch einmal um. »Eine bescheidene Frage, Herr Kesselhuth. Haben Sie Katzen im Zimmer?«
    »Ich habe nicht darauf geachtet«, meinte der andere. »Aber ich glaube, kaum.«
    Als Hagedorn die Halle durchquerte, lief er Frau Casparius in die Arme. Sie war in Nerz gehüllt und trug hohe, pelzbesetzte Überschuhe. Neben ihr schritt, im Gehpelz, der Kunsthändler Lenz.
    »Kommen Sie mit?« fragte die Bremerin. »Wir gehen ins Esplanade.
    Zwecks Reunion. Darf ich bekannt machen? Herr Doktor Hagedorn
    – Herr Lenz.« Die Herren begrüßten sich.
    »Kommen Sie mit, Herr Doktor!« sagte der dicke Lenz. »Unsere schöne Frau tanzt leidenschaftlich gern. Übrigens auch gern leidenschaftlich. Und ich eigne mich figürlich nicht besonders zum Anschmiegen. Ich bin zu konvex.«
    »Entschuldigen Sie mich«, sagte der junge Mann. »Ich muß einen Brief schreiben.«
    »Post kann man während des ganzen Tages erledigen«, meinte Frau Casparius. »Tanzen kann man nur abends.«
    »Der Brief muß noch heute fort«, sagte Hagedorn bedauernd.
    »Leidige Geschäfte!« Dann entfernte er sich eiligst.
    Frau von Mallebré, die ihn kommen sah, gab dem Baron einen Wink.
    Keller erhob sich, vertrat dem jungen Mann lächelnd den Weg, stellte sich vor und frage: »Darf ich Sie mit einer charmanten Frau bekannt machen?«
    Hagedorn erwiderte ärgerlich: »Ich bitte darum«, und ließ die üblichen Zeremonien über sich ergehen. Keller setzte sich.
    Der junge Mann blieb ungeduldig. »Ich fürchte, wir halten Sie auf«, sagte Frau von Mallebré. Sie sprach, auf Wirkung bedacht, eine Terz tiefer als sonst. Keller lächelte. Er kannte Frau von Mallebrés akustische Taktik.
    »Es tut mir leid, Ihnen recht geben zu müssen«, meinte Hagedorn.
    »Post! Leidige Geschäfte!« Die Mallebré schüttelte mißbilligend die schwarzen Wasserwellen. »Sie sind doch hier, um sich zu erholen.«
    »Das ist ein Irrtum«, antwortete er. »Ich bin gekommen, weil ich, infolge eines gewonnenen Preisausschreibens, hergeschickt wurde.«
    »Nehmen Sie Platz!« sagte die Mallebré. Die Gäste an den Nebentischen blickten gespannt herüber.
    »Sehr freundlich«, meinte Hagedorn. »Aber ich muß auf mein Zimmer. Guten Abend.«
    Er ging. Baron Keller lachte. »Sie hätten nicht so rasch zu essen brauchen, gnä’ Frau.«
    Frau von Mallebré betrachtete ihr Gesicht im Spiegel der Puderdose, tupfte Puder auf ihre adlige Nase und sagte: »Wir wollen’s abwarten.«
    Auf der Treppe traf Hagedorn Herrn Schulze. »Ich friere wie ein Schneider«, sagte Schulze. »Ist Ihr Zimmer auch ungeheizt?«
    »Aber nein«, meinte Hagedorn. »Wollen Sie sich bei mir

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