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Drei Männer im Schnee

Drei Männer im Schnee

Titel: Drei Männer im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kästner
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übertriebenen Knicks und sagte: »Sie sehen, Herr Doktor, mir entgeht man nicht.«
    »Da werden Weiber zu Hyänen!« deklamierte Schulze, der sich auskannte. Doch die Bremerin und Hagedorn waren schon außer Hörweite. Der Tanz begann.
    Schulze beugte sich vor. »Ich gehe in die Halle«, flüsterte er.
    »Folgen Sie mir unauffällig! Bringen Sie aber ’ne anständige Zigarre mit!« Dann verließ er die Bar.
    Geheimrat Tobler saß nun also mit seinem Diener Johann in der Halle. Die meisten Tische waren leer.
    Kesselhuth klappte sein Zigarrenetui auf und fragte: »Darf ich Sie zu einem Kognak einladen?«
    »Fragen Sie nicht so blöd!« meinte Tobler. Der andere bestellte. Die Herren rauchten und blickten einander belustigt an. Der Kellner brachte die Kognaks.
    »Nun haben wir uns also doch kennengelernt«, sagte Johann befriedigt. »Noch dazu am ersten Abend! Wie habe ich das gemacht?«
    Tobler runzelte die Stirn. »Sie sind ein Intrigant, mein Lieber.
    Eigentlich sollte ich Sie entlassen.«
    Johann lächelte geschmeichelt. Dann sagte er: »Ich kriegte ja, als ich ankam, einen solchen Schreck! Der Hoteldirektor und der Portier krochen doch dem Doktor Hagedorn in sämtliche Poren! Am liebsten wäre ich Ihnen entgegengelaufen, um Sie zu warnen.«
    »Ich werde meiner Tochter die Ohren abschneiden«, erklärte Tobler.
    »Sie hat natürlich angerufen.«
    »Fräulein Hildegards Ohren sind so niedlich«, meinte Johann. »Ich wette, die Kunkel hat telefoniert.«
    »Wenn ich nicht so guter Laune wäre, würde ich mich ärgern«, gestand Tobler. »So eine Frechheit! Ein wahres Glück, daß dieses verrückte Mißverständnis dazwischenkam!«
    »Hat man Ihnen ein nettes Zimmer gegeben?« fragte der Diener.
    »Ein entzückendes Zimmer«, behauptete Tobler. »Sonnig, luftig.
    Sehr luftig sogar.«
    Johann nahm dem Geheimrat ein paar Fusseln vom Anzug und bürstete mit der flachen Hand besorgt auf den violetten Jackettschultern herum.
    »Lassen Sie das!« knurrte Tobler. »Sind Sie verrückt?«
    »Nein«, meinte Johann. »Aber froh, daß ich neben Ihnen sitze. Na ja, und ein klein bißchen besoffen bin ich natürlich auch. Ihr Anzug sieht zum Fürchten aus. Ich werde morgen auf Ihr Zimmer kommen und Ordnung machen. Welche Zimmernummer haben Sie, Herr Geheimrat?«
    »Unterstehen Sie sich!« sagte Tobler streng. »Das fehlte gerade noch, daß man den Besitzer einer gut gehenden Schiffahrtslinie dabei erwischt, wie er bei mir Staub wischt. Haben Sie Bleistift und Papier bei sich? Sie müssen einen geschäftlichen Brief erledigen.
    Beeilen Sie sich! Ehe unser kleiner Millionär eintrifft. Wie gefällt er Ihnen?«
    »Ein reizender Mensch«, sagte Johann. »Wir werden zu dritt noch sehr viel Spaß haben.«
    »Lassen Sie uns arme Leute ungeschoren!« meinte der Geheimrat.
    »Widmen Sie sich gefälligst dem Wintersport und der vornehmen Gesellschaft!«
    »Die Hoteldirektion glaubt, daß ich Doktor Hagedorn von Berlin aus kenne und es nur nicht zugeben will«, erzählte Johann. »Man wird also nichts dabei finden, wenn ich oft mit ihm zusammen bin. Im Gegenteil, ohne mich wäre er nie so schnell Millionär geworden!«
    Er blickte an Tobler herunter. »Ihre Schuhe sind auch nicht geputzt!« sagte er. Man sah es ihm an, wie er darunter litt. »Es ist zum Verzweifeln!«
    Der Geheimrat, dem die Zigarre außerordentlich schmeckte, meinte:
    »Kümmern Sie sich lieber um Ihre Schiffahrtslinie!«
    So oft die Kapelle eine Atempause machen wollte, klatschten die Tanzpaare wie besessen. Frau Casparius sagte leise: »Sie tanzen wirklich gut.« Ihre Hand lag auf Hagedorns Schulter und übte einen zärtlichen Druck aus. »Was tun Sie morgen? Fahren Sie Ski?«
    Er verneinte. »Als kleiner Junge hatte ich Schneeschuhe. Jetzt ist mir die Sache zu teuer.«
    »Wollen Sie eine Schlittenpartie machen? Nach Sankt Veit? Den Lunch nehmen wir mit.«
    »Ich bin mit meinen beiden Bekannten verabredet.«
    »Sagen Sie ab!« bat sie. »Wie können Sie überhaupt diesen Mann, der wie eine Vogelscheuche aussieht, meiner bezaubernden Gesellschaft vorziehen?«
    »Ich bin auch so eine Vogelscheuche«, sagte er zornig. »Schulze und ich gehören zusammen!«
    Sie lachte und zwinkerte eingeweiht. »Freilich, Doktor. Ich vergesse das immer wieder. Aber Sie sollten trotzdem mit mir nach Sankt Veit fahren. Im Pferdeschlitten. Mit klingenden Glöckchen. Und mit warmen Decken. So etwas kann sehr schön sein.« Sie schmiegte sich noch enger an ihn und fragte: »Mißfalle ich Ihnen

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