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Drei Männer im Schnee

Drei Männer im Schnee

Titel: Drei Männer im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kästner
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denn so?«
    »O nein«, sagte er. »Aber Sie haben so etwas erschreckend Plötzliches an sich.«
    Sie rückte ein wenig von ihm ab und rümpfte die Lippen. »So sind die Männer. Wenn man redet, wie einem zumute ist, werdet ihr fein wie ein Schock Stiftsdamen.« Sie sah ihm kerzengerade in die Augen. »Seien Sie doch nicht so zimperlich, zum Donnerwetter!
    Sind wir jung? Gefallen wir einander? Wie? Wozu das Theater! Hab ich recht oder stimmt’s?«
    Die Kapelle hörte zu spielen auf.
    »Sie haben recht«, sagte er. »Aber wo sind meine Bekannten?«
    Er begleitete sie an ihren Tisch, verbeugte sich vor ihr und dem dicken Herrn Lenz und entfernte sich eilends, um die Herren Schulze und Kesselhuth zu suchen.
    »Stecken Sie die Notizen weg!« sagte Geheimrat Tobler zu seinem Diener. »Dort kommt unser kleiner Millionär.«
    Hagedorn strahlte. Er setzte sich und ächzte. »Das ist eine Frau!« meinte er benommen. »Die hätte Kavalleriegeneral werden müssen!«
    »Dafür ist sie entschieden zu hübsch«, behauptete Schulze.
    Hagedorn dachte nach. »Na ja«, sagte er. »Aber man kann doch nicht mit jeder hübschen Frau etwas anfangen! Dafür gibt es schließlich viel zu viele hübsche Frauen!«
    »Ich kann dem Doktor nur beipflichten«, meinte Herr Kesselhuth.
    »Ober! Drei Korn!« Und als der Kellner wieder da war – und der Korn auch –, rief er: »Allerseits frohe Pfingsten!«
    Sie kippten den farblosen Inhalt der drei Gläser. Dann fragte Hagedorn neugierig: »Was tun wir jetzt? Es ist noch nicht, einmal Mitternacht.«
    Schulze drückte die Zigarre aus und sagte: »Meine Herren, Silentium! Ich erlaube mir, eine Frage an Sie zu richten, die Sie verblüffen wird. Und die Frage lautet: Wozu sind wir nach Bruckbeuren gekommen? Etwa in der Absicht, uns zu betrinken?«
    »Es scheint so«, bemerkte Kesselhuth und kicherte.
    »Wer dagegen ist, bleibt sitzen!« sagte Schulze. »Zum ersten! Zum zweiten! Zum – dritten!«
    »Einstimmig angenommen«, meinte Hagedorn. Schulze fuhr fort:
    »Wir sind also nicht hierhergekommen, um zu trinken.«
    Kesselhuth hob die Hand und fragte: »Nicht nur, Herr Lehrer!«
    »Und so fordere ich die Anwesenden auf«, erklärte Schulze, »sich von den Plätzen zu erheben und mir in die Natur zu folgen.«
    Sie erhoben sich mühsam und gingen, leise schwankend, aus dem Hotel hinaus. Die klare, kalte Gebirgsluft verschlug ihnen den Atem.
    Sie standen verwundert im tiefen Schnee. Über ihnen wölbte sich die dunkelblaue, mit goldnen und grünen, silbernen und rötlichen Brillantsplittern übersäte Riesenkuppel des Sternhimmels. Am Mond zog ein verlassenes weißes Wölkchen vorüber. Sie schwiegen minutenlang. Aus dem Hotel klang ferne Tanzmusik.
    Herr Kesselhuth räusperte sich und sagte: »Morgen wird’s schön.«
    Männer neigen, ergreifenden Eindrücken gegenüber, zur Verlegenheit. So kam es, daß Hagedorn erklärte: »So, meine Herrschaften! Jetzt machen wir einen großen Schneemann!«
    Und Schulze rief: »Ein Hundsfott, wer sich weigert! Marsch, marsch!«
    Anschließend setzte eine rege Tätigkeit ein. Baumaterial war ja genügend vorhanden. Sie buken und kneteten eine Kugel, rollten sie kreuz und quer durch den Schnee, klatschten fanatisch auf ihr herum, deformierten sie ins Zylindrische, rollten den unaufhörlich wachsenden Block noch einige Male hin und her und stellten ihn schließlich, als er ausreichend imposant erschien, vor die kleinen Silbertannen, die gegenüber vom Hoteleingang, jenseits des Fahrweges, den Park flankierten.
    Die drei Männer schwitzten. Aber sie waren unerbittlich und begannen nun den zweiten Teil des Schneemannes, seinen Rumpf, zu bilden. Der Schnee wurde knapp. Sie drangen in den Park vor.
    Die Tannenbäume stachen mit Nadeln nach den erhitzten Gesichtern. Schließlich war auch der Rumpf fertig, und schwer atmend hoben sie ihn auf den Schneesockel hinauf. Es gelang ohne größere Zwischenfälle.
    Herr Kesselhuth fiel allerdings hin und sagte: »Der teure Smoking!«
    Aber es focht ihn nicht weiter an. Wenn erwachsene Männer etwas vorhaben, dann setzen sie es durch. Sogar im Smoking. Schließlich kam auch ein Kopf zustande. Er wurde auf den Rumpf gepflanzt.
    Dann traten sie ehrfurchtsvoll einige Schritte zurück und bewunderten ihr Werk.
    »Der Gute hat leider einen Eierkopf«, stellte Schulze fest.
    »Das macht nichts«, sagte Hagedorn. »Wir nennen ihn ganz einfach Kasimir. Wer Kasimir heißt, kann sich das leisten.«
    Es erhob sich kein Widerspruch. Dann zückte

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