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Drei Männer im Schnee

Drei Männer im Schnee

Titel: Drei Männer im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kästner
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Karl der Kühne.
    »Im Gegenteil«, meinte der Portier. »Es macht ihm Spaß!«
    Der Direktor öffnete wortlos den Mund.
    »Morgen möchte er Schornstein fegen!« berichtete Polter. »Es sei ein alter Traum von ihm.«
    Karl der Kühne sagte: »Einfach tierisch!« und ließ Herrn Polter in trübe Gedanken versunken zurück.
    Geheimrat Tobler alias Herr Schulze brauchte zwei Stunden, bis er, von der Last des Rucksacks gebeugt, ins Hotel zurückkehrte. Er hatte sich übrigens nie so gut unterhalten wie während dieser von seltsamen Einkäufen ausgefüllten Zeit. Der Uhrmacher hatte ihn beispielsweise über die politische Lage in Ostasien weitestgehend aufgeklärt und über die wachsende wirtschaftliche Einflußnahme Japans auf dem Weltmarkt. Der Provisor in der Apotheke hatte die Homöopathie verteidigt und ihn für einen der nächsten Abende zu einem Viertel Roten in die Dorfschenke eingeladen. Das blonde Ladenfräulein beim Friseur hatte ihn für den Ehemann der Botenfrau gehalten. Und der Drogist hatte ihm, im Flüsterton, bei künftigen größeren Einkäufen Prozente in Aussicht gestellt.
    Er lud den Rucksack in der Hotelküche ab und begab sich in den fünften Stock, um die Abrechnung für den Portier fertigzumachen.
    Er öffnete die Tür zu seinem Zimmer und mußte feststellen, daß er Besuch hatte! Ein fremder, gutgekleideter Herr lag, mit dem Kopf vorneweg, unter dem Waschtisch, hämmerte emsig und hatte anscheinend keine Ahnung, daß er nicht mehr allein war. Jetzt begann er sogar zu pfeifen.
    »Sie wünschen?« fragte Schulze laut und streng.
    Der Eindringling fuhr hoch, stieß mit dem Hinterkopf gegen die Tischkante und kam, rückwärts kriechend, ans Tageslicht. Es war Herr Kesselhuth! Er hockte auf dem Fußboden und machte ein schuldbewußtes Gesicht.
    »Sie sind wohl nicht bei Troste!« sagte Schulze. »Stehen Sie gefälligst auf!«
    Kesselhuth erhob sich und klopfte seine Beinkleider sauber. Mit der Hand, die übrigblieb, massierte er den Hinterkopf.
    »Was haben Sie unter meinem Waschtisch zu suchen?« fragte Schulze energisch.
    Der andere wies auf einen großen Karton, der auf dem Stuhl lag. »Es ist wegen der Steckdose, Herr Geheimrat«, sagte er verlegen. »Die war nicht ganz in Ordnung.«
    »Ich brauche keine Steckdose!«
    »Doch, Herr Geheimrat«, antwortete Johann und öffnete den Karton.
    Es kam eine nickelglänzende elektrische Heizsonne zum Vorschein.
    »Sie erkälten sich sonst zu Tode.« Er stellte das Gerät auf den Tisch, kroch erneut unter den Waschtisch, fügte den Stecker in den Kontakt, kam wieder hervor und wartete gespannt.
    Allmählich begann das Drahtgitter zu erglühen, erst rosa, dann rot; und schon spürten sie, wie sich die eisige Dachkammer mit sanfter Wärme füllte.
    »Das Wasser in der Waschschüssel taut auf«, sagte Johann und schaute selig zu seinem Gebieter hinüber. Tobler empfand diesen Blick, aber er erwiderte ihn nicht.
    »Und hier ist ein Kistchen Zigarren«, erklärte Kesselhuth schüchtern. »Ein paar Blumen habe ich auch besorgt.«
    »Nun aber nichts wie raus!« meinte der Geheimrat. »Sie hätten Weihnachtsmann werden sollen!«
    Inzwischen hatte auch Doktor Hagedorn Besuch erhalten. Es hatte geklopft. Er hatte, müde auf dem Sofa liegend, »Herein!« gerufen und gefragt: »Warum kommst du so spät, Eduard?«
    Aber der Besucher hatte geantwortet: »Ich heiße nicht Eduard, sondern Hortense.« Kurz und gut, es war Frau Casparius! Sie war erschienen, um mit den drei siamesischen Katzen zu spielen. Und das tat sie denn auch. Sie saß auf dem Teppich und stellte Gruppen.
    Schließlich fand sie, daß sie sich lang genug als Tierfreundin betätigt hatte, und wandte sich dem eigentlichen Zweck ihrer Anwesenheit zu. »Sie sind nun schon drei Tage hier«, sagte sie vorwurfsvoll.
    »Wollen wir morgen einen Ausflug machen? Wir nehmen den Lunch mit und gehen bis zur Lamberger Au. Dort legen wir uns in die Sonne. Und wer zuerst den Sonnenstich hat, darf sich was wünschen.«
    »Ich wünsche mir gar nichts«, erklärte der junge Mann. »Nicht einmal den Sonnenstich.«
    Sie hatte sich in einen geräumigen Lehnstuhl gesetzt, zog die Beine hoch und legte die Arme um die Knie. »Wir könnten auch folgendes unternehmen«, meinte sie leise. »Wir könnten die Koffer packen und ausreißen. Was halten Sie von Garmisch?«
    »Garmisch ist meines Wissens ein reizender Ort«, sagte er. »Aber Eduard wird es wahrscheinlich nicht erlauben.«
    »Was geht uns denn Eduard an?« fragte sie

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