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Drei Männer im Schnee

Drei Männer im Schnee

Titel: Drei Männer im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kästner
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ärgerlich.
    »Er vertritt Mutterstelle an mir.«
    Sie wiegte mit dem Kopf. »Wir könnten mit dem Nachtzug fahren.
    Kommen Sie. Jede Stunde ist kostbar. An ein Fortleben nach dem Tode glaube ich nämlich nicht recht.«
    »Also deswegen haben Sie’s so eilig!« meinte er. Es klopfte. Er rief:
    »Herein!«
    Die Tür ging auf. Schulze trat ein. »Entschuldige, Fritz. Ich hatte ein paar Besorgungen zu machen. Bist du allein?«
    »Sofort!« sagte Frau Hortense Casparius, sah durch Herrn Schulze hindurch, als sei er aus Glas, und ging.

Das vierzehnte Kapitel - Die Liebe auf den ersten Blick
    Am nächsten Nachmittag geschah etwas Außergewöhnliches: Hagedorn verliebte sich! Er tat dies im Hotelautobus, der neue Gäste vom Bahnhof brachte und den er, von einem kleinen Ausflug kommend, unterwegs bestieg. Einer der Passagiere war ein junges, herzhaftes Mädchen. Sie hatte eine besonders geradlinige Art, die Menschen anzuschauen (Womit nicht nur gesagt werden soll, daß sie nicht schielte.) Neben ihr saß eine dicke, verstört gutmütige Frau, die von dem Mädchen ›Tante Julchen‹ genannt wurde.
    Hagedorn hätte Tante Julchens Nichte stundenlang anstarren können. Außerdem wurde er das Gefühl nicht los, das junge Mädchen schon einmal gesehen zu haben.
    Tante Julchen war ziemlich umständlich. Daß die Koffer auf dem Autobus verstaut worden waren, beschäftigte ihr Innenleben aufs lebhafteste. Bei jeder Kurve griff sie sich ans Herz und jammerte vor Schreck. Außerdem war ihr kein Berg zu niedrig – sie wollte seinen Vor-und Zunamen wissen. Hagedorn machte sich nützlich und log zusammen, was ihm gerade einfiel. Einige Fahrgäste, welche die Gegend von früher her zu kennen schienen, musterten ihn mißtrauisch. Sie nahmen ihm seine frei erfundene Geographie ein bißchen übel.
    Tante Julchen hingegen sagte: »Vielen Dank, mein Herr. Man kommt sich sonst vor wie in einer fremden Stadt bei Nacht. Jede Straße heißt anders, aber man kann die Schilder nicht lesen. Dabei war ich noch nie in den Alpen.«
    Das junge Mädchen sah ihn, um Nachsicht bittend, an, und dieser Blick gab ihm den Rest. Er lächelte blöde, hätte sich ohrfeigen können und erwog den Plan, aufzustehen und während der Fahrt abzuspringen. Er blieb natürlich sitzen.
    Vorm Hotel half er den beiden beim Aussteigen. Und da Tante Julchen das Abladen der Koffer aufs strengste überwachte, waren das junge Mädchen und er plötzlich allein.
    »Das ist aber ein schöner Schneemann«, rief sie.
    »Gefällt er Ihnen?« fragte er stolz. »Den haben Eduard und ich errichtet. Und ein Bekannter, der eine große Schiffahrtslinie besitzt.
    Eduard ist mein Freund.«
    »Aha!« sagte sie.
    »Er hat leider seit gestern abgenommen.«
    »Der Besitzer der Schiffahrtslinie oder Ihr Freund Eduard?«
    »Der Schneemann«, erwiderte er. »Weil die Sonne so sehr schien.«
    Sie betrachteten den Schneemann und schwiegen verlegen.
    »Wir haben ihn Kasimir getauft«, erklärte er später. »Er hat nämlich einen Eierkopf. Und in solch einem Fall ist es ein wahres Glück, Kasimir zu heißen.«
    Sie nickte verständnisvoll und zeigte auf die Teddybären, die neben Kasimir hockten. »Es sind Eisbären geworden. Ganz weiß. Wie nennt man das gleich?«
    »Mimikry«, gab er zur Antwort.
    »Ich bin so vergeßlich«, sagte sie. »Was die Bildung anbelangt.«
    »Werden Sie lange hier bleiben?« fragte er. Sie schüttelte den Kopf.
    »Ich muß bald wieder nach Berlin zurück.«
    »Ich bin auch aus Berlin«, meinte er. »Welch ein Zufall.«
    Geheimrat Tobler hielt, oben im fünften Stock, seinNachmittagsschläfchen. In Bruckbeuren hatte er sich eigentlich, aus Hochachtung vor den Schönheiten der Natur, dieses Brauches entäußern wollen. Aber man war eben doch nicht mehr der jüngste.
    Und so hatte er Johanns Heizsonne in Betrieb gesetzt, sich ins Bett gelegt und schlief.
    Dann aber wurde die Tür aufgerissen. Er erwachte und blickte mißmutig auf. Hagedorn stand vor ihm, setzte sich aufs Bett und sagte: »Wo hast du denn die Heizsonne her, Eduard?«
    »Das ist ’ne Stiftung«, bemerkte Schulze mit verschlafener Stimme.
    »Solltest du gekommen sein, um mich das zu fragen, so nennen wir uns wieder Sie!«
    »Mensch! Schulze!« stieß Hagedorn hervor. »Ich mußte es dir sofort sagen. Ich bin verloren. Ich habe mich soeben verliebt!«
    »Ach, bleib mir mit deinen albernen Weibern vom Halse«, befahl Eduard und drehte sich zur Wand. »Gute Nacht, mein Junge!«
    »Sie ist kein albernes Weib«,

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